1 Leitsatz
Der Bauträger ist berechtigt, aufgrund ihm im Bauträgervertrag erteilter Vollmachten die Teilungserklärung und die Gemeinschaftsordnung zu ändern.
2 Normenkette
WEG § 8; BGB § 164, § 307, § 308 Nr. 4
3 Entscheidung
BGH, Beschluss v. 19.9.2019, V ZB 119/18
4 Sachverhalt
Bauträger T gibt eine Teilungserklärung ab. In den Bauträgerverträgen mit X und Y lässt er sich Vollmachten zur Änderung der Teilungserklärung und zur Änderung der Gemeinschaftsordnung einräumen. Die Vollmacht von X für T lautet u. a. wie folgt: "die Teilungserklärung mit Gemeinschaftsordnung samt etwaigen Nachträgen hierzu beliebig abzuändern und eine etwa erforderliche Auflassung zu erklären, entgegenzunehmen und/oder die Zustimmung als Vormerkungsberechtigter zu solchen Verfügungen zu erteilen". Im Innenverhältnis ist geregelt, dass "der Kostenverteilungsschlüssel nicht zum Nachteil des Käufers verändert werden darf sowie die Miteigentumsanteile und das Sondereigentum samt Sondernutzungsrechten des Käufers unberührt bleiben müssen und das zu dessen Gebrauch dienende Gemeinschaftseigentum nicht wesentlich beeinträchtigt werden darf; zulässig sind insbesondere bauliche Änderungen an anderen Einheiten oder der Außengestaltung des Gebäudes einschließlich des Bauausmaßes, und des Grundstücks". Die Vollmacht von Y ist – was das Außenverhältnis anbelangt – gleichlautend. Für das Innenverhältnis ist bestimmt, dass von der Vollmacht nur aus "triftigen Gründen" Gebrauch gemacht werden darf und die dadurch eintretenden Änderungen Y "zumutbar" sein müssen. Was insoweit gilt, wird dann teilweise beschrieben. Im Jahr 2017 macht T von diesen Vollmachten bei einer Beurkundung von 2 Nachträgen Gebrauch. Anstelle eines "Heizungsraums" bestimmt T einen "Technikraum". Ferner legt T 6 Stellplätze fest und begründet daran Sondernutzungsrechte zugunsten eines Teileigentums, das ihm selbst gehört. Im Jahr 2018 widerrufen X und Y ihre Vollmachten. Der Notar erlässt daraufhin einen "Vorbescheid". Nach diesem wird er die Nachträge dem Grundbuchamt zum Vollzug einreichen, sobald die Abgeschlossenheitsbescheinigung vorliegt. Gegen diesen Bescheid gehen X und Y vor.
5 Die Entscheidung
Ohne Erfolg! Denn T habe im Zeitpunkt des Widerrufs bereits von den Vollmachten Gebrauch gemacht und die gemäß den §§ 876 und 877 BGB erforderliche Zustimmung zu den Änderungserklärungen schon erteilt. Die Vollmachten würden auch nicht offensichtlich gegen § 308 Nr. 4 BGB verstoßen und es liege auch kein evidenter Missbrauch der Vollmachten vor.
Hinweis
Im Fall geht es um Änderungen der Teilungserklärung, aber auch Änderungen der Gemeinschaftsordnung ("Nachträge"). Zu solchen ist der teilende Grundstückseigentümer berechtigt, solange für keinen werdenden Wohnungseigentümer Auflassungsvormerkungen eingetragen sind. Ist hingegen eine Vormerkung eingetragen, ist für die Änderung die Zustimmung des Vormerkungsberechtigten erforderlich, wobei insoweit die §§ 876 und 877 BGB entsprechend anzuwenden sind. Im Fall ist sich der Notar unsicher, ob die Zustimmung, die der Bauträger als Vertreter abgegeben hat, wirksam ist. In dieser Situation entscheidet er sich für einen Vorbescheid und gibt den Erwerbern so die Möglichkeit, sich gegen einen Vollzug der Nachträge zu wenden. Von dieser Möglichkeit machen diese auch Gebrauch. Ihre Beschwerde hat Erfolg, wenn für den Notar ohne jeden vernünftigen Zweifel erkennbar und damit offensichtlich ist, dass eine wirksame Vollmacht nicht (mehr) vorliegt. Ebenso liegt es, wenn ein eindeutiger Missbrauch einer im Außenverhältnis unbeschränkten Vollmacht aufgrund von Verstößen gegen im Innenverhältnis bestehende Beschränkungen gegeben ist. Diese Eindeutigkeit liegt nach Ansicht des BGH aber nicht vor.
Was ist für den Verwalter wichtig? Vollmachten
Vor dem Hintergrund, dass es bei Bauvorhaben häufig notwendig oder zweckmäßig ist, die ursprüngliche Planung zu modifizieren, beanstandet es die h. M. nicht, wenn die Erwerber dem teilenden Eigentümer in den Erwerbsverträgen eine Vollmacht erteilen, die ihm Änderungen der Teilungserklärung und/oder der Gemeinschaftsordnung ermöglichen. Die Vollmacht unterliegt allerdings einer Klauselkontrolle nach § 308 Nr. 4 BGB, wenn es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt. Danach ist die Vereinbarung eines Rechts des Verwenders, die versprochene Leistung zu ändern oder von ihr abzuweichen, unwirksam, wenn nicht die Vereinbarung der Änderung oder Abweichung unter Berücksichtigung der Interessen des Verwenders für den anderen Vertragsteil zumutbar ist. Diskutiert wird in Rechtsprechung und Literatur insoweit, ob die Vollmacht im Außenverhältnis wegen des grundbuchrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatzes unbeschränkt sein muss und ob die Zumutbarkeit i. S. v. § 308 Nr. 4 BGB allein durch Beschränkungen im Innenverhältnis herbeigeführt werden kann. Überwiegend wird beides bejaht.
Die in einem Kaufvertrag erteilte Vollmacht muss grundbuchrechtlich hinreichend bestimmt sein. Diesem Grundsatz ist jedenfalls dann Genüge getan, wenn die Vollmacht im Außenverhältnis unbeschränkt erteilt wird, was dementsp...