Leitsatz
Die Parteien hatten im Jahre 1984 geheiratet. Aus ihrer Ehe war eine im Jahre 1983 geborene Tochter hervorgegangen. Die Ehefrau war im April 1946, der Ehemann im August 1951 geboren. Der Ehescheidungsantrag der Ehefrau wurde dem Ehemann am 13.2.2002 zugestellt. Während der Ehezeit vom 1.2.1984 bis zum 31.1.2007 hatten beide Parteien Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung erworben. Die Ehefrau hatte darüber hinaus Anwartschaften auf Leistungen aus der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes erworben. Sie wäre insgesamt ausgleichspflichtig gewesen und begehrte, die Durchführung des Versorgungsausgleichs nach § 1587c BGB auf die Zeit bis zum 31.12.1996 zu begrenzen, da die Parteien bereits seit 1996 getrennt gelebt hatten.
Das erstinstanzliche Gericht hat die Ehe der Parteien geschieden und den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich durchgeführt, ohne dem Antrag auf dessen zeitliche Begrenzung stattzugeben. Die Antragstellerin beabsichtigte, gegen die Entscheidung zum Versorgungsausgleich Beschwerde einzulegen und beantragte insoweit Prozesskostenhilfe, die ihr vom OLG gewährt wurde.
Daraufhin beantragte sie Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist. Auch diesem Antrag wurde stattgegeben.
Sachverhalt
Siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das OLG hielt die nach Wiedereinsetzung zulässige Beschwerde der Antragstellerin für begründet.
Die Antragstellerin wende sich mit Erfolg dagegen, dass das FamG den Versorgungsausgleich zugunsten des Antragsgegners ungekürzt durchgeführt habe. Entgegen der von dort vertretenen Auffassung seien die von den Parteien in dem Zeitraum ab 1.1.1997 bis zum Ehezeitende erworbenen Anwartschaften nicht in den Versorgungsausgleich einzubeziehen. Eine rein schematische Durchführung des Versorgungsausgleichs und damit eine Inanspruchnahme der Antragstellerin hielt das OLG unter den besonderen Gegebenheiten des konkreten Falles bei einer Gesamtabwägung der wirtschaftlichen, sozialen und persönlichen Verhältnisse der Parteien als grob unbillig i.S.v. § 1587c Nr. 1 BGB.
Für den Versorgungsausgleich fehle die eigentlich rechtfertigende Grundlage, solange die eheliche Lebensgemeinschaft durch die Trennung der Eheleute aufgehoben sei. Zwar sei der Versorgungsausgleich nach der gesetzlichen Regelung nicht auf die Zeit der ehelichen Lebensgemeinschaft beschränkt, sondern grundsätzlich für die gesamte Ehezeit vorgeschrieben. Dies beruhe jedoch in erster Linie auf Zweckmäßigkeitserwägungen, insbesondere solle dem Ausgleichspflichtigen die Möglichkeit genommen werden, den Ausgleichsanspruch durch Trennung vom Ehegatten zu manipulieren. Nach dem Grundgedanken des Versorgungsausgleichs als beiderseitige Alterssicherung könne daher eine lange Trennungszeit schon für sich genommen einen zumindest teilweisen Ausschluss des Versorgungsausgleichs nach § 1587c Nr. 1 BGB rechtfertigen (BGH, FamRZ 2007, a.a.O.; FamRZ 2004, a.a.O.; vgl. auch BGH FamRZ 1993, 302).
Dem OLG schien es bei der hier gegebenen Ehezeit von nicht ganz 23 Jahren und einer zum Ehezeitende bereits unstreitig knapp über 11 Jahre andauernden Trennung der Parteien angezeigt, die Voraussetzungen für die Anwendung der Härteklausel nach § 1587c Nr. 1 BGB allein schon im Hinblick auf die Länge der Trennungszeit zu bejahen. Dies gelte jedenfalls, nachdem bei der gegebenen Sachlage davon auszugehen sei, dass eine Versorgungsgemeinschaft seither nicht mehr bestanden habe und eine wirtschaftliche Verselbständigung der Parteien eingetreten sei.
Link zur Entscheidung
Saarländisches OLG, Beschluss vom 19.03.2008, 9 UF 123/07