Für die Folgebewertung sind Geldforderungen grundsätzlich weiterhin mit den Anschaffungskosten zu bewerten, weil die Vermutung gilt, dass der Teilwert den Anschaffungskosten (Nennwert) entspricht. Allerdings ist bei einer Geldforderung des Anlagevermögens, z. B. einem Fremddarlehen, nach § 253 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. Abs. 3 Satz 5 HGB handelsrechtlich eine Teilwertabschreibung auf den niedrigeren Wert vorzunehmen, wenn eine voraussichtlich dauernde Wertminderung vorliegt. Steuerrechtlich besteht in diesem Fall ein Wahlrecht.
Bei einer Geldforderung des Umlaufvermögens, z. B. Forderungen aus Lieferungen und Leistungen, ist handelsrechtlich nach § 253 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. Abs. 4 HGB auf den niedrigeren Wert abzuschreiben, ohne dass es auf die Dauerhaftigkeit der Wertminderung ankommt (strenges Niederstwertprinzip)
Ist z. B. der Teilwert einer durch Vertrag für Lieferungen und Leistungen begründeten Forderung niedriger als ihr Nennwert, weil zweifelhaft ist, ob die Forderung in Höhe des Nennwerts erfüllt werden wird (Ausfallrisiko), so "kann" steuerrechtlich statt des Nennwerts der niedrigere Teilwert angesetzt werden, wenn es sich um eine voraussichtlich dauernde Wertminderung handelt. Ist eine Forderung voraussichtlich auf Dauer mit einem über das allgemeine Kreditrisiko hinausgehenden Ausfallrisiko behaftet, ist dem bei Ansatz des niedrigeren Teilwerts im Wege der Einzelwertberichtigung Rechnung zu trage. Der bloße Einbezug in eine Pauschalwertberichtigung eines Gesamtbestands von Forderungen ist nicht ausreichend. Zweifelhafte Forderungen können in der Steuerbilanz mit ihrem wahrscheinlichen Wert angesetzt werden, uneinbringliche Forderungen können komplett abgeschrieben werden. Bei Geldforderungen kann ein unter dem Nennbetrag liegender Teilwert im Allgemeinen nur im Wege der Schätzung ermittelt werden. Zur Absicherung der steuerlichen Anerkennung von Einzelwertberichtigungen auf Kundenforderungen ist wichtig, Fakten zur Forderungsbewertung zusammenzutragen, z. B. Daten über die Solvenz des Schuldners. Hält die Wertminderung bis zum Zeitpunkt der Bilanzaufstellung an, ist nach Auffassung der Finanzverwaltung von einer dauernden Wertminderung auszugehen
Bonität bessert sich nach dem Bilanzstichtag
Einzelgewerbetreibender A hat eine Forderung von 100.000 EUR aus einem Kredit an die Y-KG. Wegen unerwarteter Zahlungausfälle als Folge der Corona-Kris ist die Y-KG im Laufe des Wirtschaftsjahrs 2022 notleidend geworden. Am Bilanzstichtag 31.1.2.2022 kann die Forderung des A daher nur in Höhe von 20 % als werthaltig angesehen werden. Bis zum Zeitpunkt der Bilanzaufstellung des A im Juni 2023 stellt die Y-KG eine Sicherheit von 30 % der Forderung.
Hier stellt sich die Frage, ob die Sicherheitsbestellung nach dem Bilanzstichtag als wertbeeinflussende, also nicht auf das abgeschlossene Wirtschaftsjahr zurückwirkendes Ereignis, oder wertaufhellendes, mithin rückwirkend zu berücksichtigendes Ereignis zu werden ist. Verwaltungsseitig wird die zutreffende Ansicht vertreten, dass eine nach dem Bilanzstichtag bis zur Erstellung der Bilanz erfolgte Sicherheitsbestellung als – nach dem Bilanzstichtag eingetretenes – wertbegründendes Ereignis zu werten ist und daher bei der Bewertung zum 31.12.2022 nicht berücksichtigt werden kann. Es handelt sich nicht um eine wertaufhellende Tatsache, da wertaufhellende Tatsachen nur solche sind, die am Bilanzstichtag vorgelegen haben und spätestens bis zum Tag der Erstellung der Bilanz erkennbar geworden sind. Daraus folgt, dass zum Bilanzstichtag 31.12.2022 eine Tewiwertabschreibung von 80 % zulässig ist.
Anders wäre es, wenn die Sicherheit bereits vor dem Bilanzstichtag bestellt worden wäre und der Steuerpflichtige als Gläubiger erst nach dem Bilanzstichtag hiervon erfahren hätte. Dies wäre eine werterhellende Tatsache und würde die Teilwertabschreibung auf 70 % mindern.
Wertaufhellungszeitraum
Der Wertaufhellungszeitraum wird durch die gesetzliche Frist für die Aufstellung des Jahresabschlusses begrenzt. Der Rechtsprechung des BFH ist zu entnehmen, dass der Wertaufhellungszeitraum an dem Tag endet, an dem der Bilanzierende spätestens eine Bilanz hätte erstellen müssen.