Leitsatz
Ein Unternehmen, das ohne Einwilligung einen späteren Anruf zur Zufriedenheitsbefragung bei seinem Kunden durchführen lässt, handelt wettbewerbswidrig. Derartige Anrufe haben werbenden Charakter und sind als unzumutbare Belästigung zu unterlassen.
Sachverhalt
Wegen eines Steinschlagschadens an der Frontscheibe seines Firmenwagens vereinbarte ein Rechtsanwalt im Jahre 2009 mit seiner Werkstatt einen Reparaturtermin. "Für den Fall der Fälle" hinterließ er seine Handynummer. Die Werkstatt ließ wenige Tage nach der Reparatur den Anwalt durch eine beauftragte Marktforschungsgesellschaft anrufen und zur Zufriedenheit über die Abwicklung des Reparaturauftrags befragen. Verärgert wandte sich der Anwalt daraufhin an die Wettbewerbszentrale, die das Unternehmen abmahnte und auf Unterlassen verklagte: Da eine Einwilligung des Kunden nicht vorgelegen habe, handele die Werkstatt mit diesem Anruf wettbewerbswidrig.
Die beklagte Werkstatt verlor den Rechtsstreit in erster Instanz und legte daraufhin beim OLG Köln Berufung ein. Zur Begründung führte sie aus, bei dem Anruf handele es sich weder um eine geschäftliche Handlung noch um einen Werbeanruf. Das UWG komme daher gar nicht zur Anwendung. Der Anruf diene nicht der Absatzförderung, sondern lediglich der Marktforschung.
Das OLG Köln ließ diese Argumente nicht gelten und bestätigte das erstinstanzliche Urteil. Der Unterlassungsanspruch aus §§ 7 Abs. 2 Nr. 2, 8 Abs. 1 und 3 Nr. 2 UWG ist begründet. Bei dem Anruf durch das beauftragte Marktforschungsinstitut handelte es sich um Werbung mit einem Telefonanruf, ohne dass hierfür eine ausdrückliche oder mutmaßliche Einwilligung vorlag. Dies erfülle den Tatbestand einer unzumutbaren Belästigung und ist unzulässig.
Der Anruf sei nach Auffassung der Richter sehr wohl eine geschäftliche Handlung i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG. Eine geschäftliche Handlung ist jedes Verhalten einer Person zu Gunsten des eigenen Unternehmens bei oder nach einem Geschäftsabschluss, das mit der Förderung des Absatzes von Waren oder Dienstleistungen objektiv zusammenhängt. Bei den vorliegenden Anrufen liege der Zweck der Absatzförderung darin, durch die erlangten Informationen Schwächen in der bisherigen Vertragsabwicklung zu erkennen und abzustellen. Die Serviceleistungen gegenüber den Kunden kann dadurch verbessert werden, was wiederum die Absatzchancen erhöht.
Auch den werbenden Charakter des Anrufs bejahten die Richter. Der notwendige objektive Zusammenhang zwischen dem fragwürdigen Anruf und der Förderung des Absatzes ist gegeben. Trotz der anonymen Befragung könne der Kunde erkennen, dass es um ihn und seine Zufriedenheit geht. Die Tatsache, dass der Anruf durch ein beauftragtes Meinungsforschungsinstitut durchgeführt wurde, ändert im konkreten Einzelfall nichts an dem werbenden Charakter.
Link zur Entscheidung
OLG Köln, Urteil v. 30.3.2012, 6 U 191/11.