Alexander C. Blankenstein
Leitsatz
Gehört eine Eigentumswohnung zu dem Nachlass, weil sie der Testamentsvollstrecker für den Erben mit Nachlassmitteln erworben hat, sind die Hausgeldschulden, die während der Dauer der Testamentsvollstreckung fällig werden, Nachlassverbindlichkeiten.
Fakten:
Die Großmutter hatte ihren Enkel als Erben eingesetzt und Testamentsvollstreckung bis 2020 angeordnet. Sie verfügte, dass der Testamentsvollstrecker auf Wunsch des Enkels für diesen eine Eigentumswohnung aus ihrem Vermögen erwerben solle, sollte der Enkel zu ihrem Todestag noch keine Eigentumswohnung besitzen. Der Testamentsvollstrecker erwarb nach dem Tod der Großmutter eine Eigentumswohnung für den Enkel. Hausgelder wurden nicht gezahlt. Die Eigentümergemeinschaf nahm daher den Enkel wegen der aufgelaufenen Hausgeldrückstände in Anspruch. Mehrere Vollstreckungsversuche in dessen Vermögen scheiterten, weshalb die Gemeinschaf nunmehr den Testamentsvollstrecker in Anspruch nimmt. Zu Recht, wie der BGH entschieden hat.
Bei den Hausgeldforderungen handelt es sich um sogenannte Nachlassschulden, die gemäß § 2213 Abs. 1 Satz 1 BGB sowohl gegen den Erben als auch gegen den Testamentsvollstrecker geltend gemacht werden können. Voraussetzung ist, dass die Wohnung zum Nachlass gehört und der Verwaltung durch den Testamentsvollstrecker unterliegt. Ferner müssen die Hausgeldschulden wiederum sogenannter Nachlassverbindlichkeiten im Sinne von § 1967 Abs. 2 BGB sein. Diese Voraussetzungen waren vorliegend gegeben. Insbesondere gehört die Wohnung zum Nachlass. Insoweit kommt es nicht darauf an, dass der Testamentsvollstrecker den Kauf der Wohnung nur mit Einverständnis des Enkels ausführen sollte. Das Testament der Großmutter enthält auch keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Wohnung nach dem Erwerb nicht mehr der Testamentsvollstreckung unterliegen sollte. Deshalb erstreckt sich die Verwaltungsbefugnis des Testamentsvollstreckers auf sie.
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil vom 04.11.2011, V ZR 82/11BGH, Urteil vom 4.11.2011 – V ZR 82/11
Fazit:
Geht der Testamentsvollstrecker im Rahmen der Verwaltung des Nachlasses Verbindlichkeiten ein, entstehen notwendig Nachlassverbindlichkeiten. Weil der Testamentsvollstrecker verwaltungsbefugt ist, hat er und nicht der Erbe das Stimmrecht auszuüben. Unabhängig davon, ob er von seinem Stimmrecht Gebrauch macht, sind die beschlossenen Hausgeldforderungen insgesamt Folge seiner Verwaltung und können somit auch gegen ihn geltend gemacht werden.