Leitsatz
In einer einem Ehegattentestament nachträglich hinzugefügten Pflichtteilsstrafklausel kann grundsätzlich auch eine Schlusserbeneinsetzung liegen. Ein derartiger Wille der Erblasser muss dann allerdings im Testament wenigstens andeutungsweise Ausdruck gefunden haben. Haben sich die Ehegatten gegenseitig zu Alleinerben und ihre Kinder nur für den Fall ihres gleichzeitigen Versterbens zu Erben eingesetzt, so kann bei Fehlen sonstiger Anhaltspunkte nicht angenommen werden, die Pflichtteilsstrafklausel habe auch die Wirkung einer Schlusserbeneinsetzung.
Sachverhalt
Der Erblasser 2002 verstorbene Erblasser war seit 1991 in zweiter Ehe verheiratet.
Mit seiner ersten Ehefrau errichtete er ein gemeinschaftliches Testament, in dem sich die Eheleute unter Ziff. 1 gegenseitig zu Alleinerben einsetzten und unter Ziff. 2 für den Fall des gleichzeitigen Versterbens den Nachlass zu gleichen Teilen auf ihre vier Kinder aufteilten. Zwei Tage nach Testamentserrichtung haben sie das Testament um eine Pflichtteilsstrafklausel ergänzt, die beinhaltet, dass ein Kind, welches sein Erbteil geltend macht, auf den Pflichtteil gesetzt werden soll.
Nach dem Tod der ersten Ehefrau hat der Erblasser mit dessen zweiter Ehefrau erneut testiert, wobei sich wiederum beide als Alleinerben einsetzten und die vier Kinder des Erblassers zu Schlusserben des überlebenden Ehegatten bestimmten. Ansonsten hat der Erblasser Barvermächtnisse zu ihren Gunsten ausgesetzt.
Die überlebende Ehefrau beantragte die Erteilung eines Erbscheins, der sie als Alleinerbin ausweist. Durch das Testament aus dem Jahre 1985 sei der Erblasser nicht gebunden gewesen, da er Erbe seiner ersten Ehefrau geworden sei.
Die Kinder des Erblassers streiten nunmehr mit der zweiten Ehefrau um die vermeintliche Schlusserbfolge nach dem ersten gemeinschaftlichen Testament. Sie sind der Ansicht, die Regelung im ersten Testament sollte nicht nur für den Fall des gleichzeitigen Versterbens, sondern ebenfalls nach dem Tod des Längstlebenden eingreifen.
Das NachlG hat den Antrag der Ehefrau zurückgewiesen. Die Testamentsergänzung ergebe, dass die Eheleute auch die Schlusserbfolge nach dem Überlebenden hätten regeln wollen. Dies sei der Kombination beider Anordnungen - gleichzeitiger Tod der Eltern und Pflichtteilsstrafklausel - und der Ermittlung des mutmaßlichen Willens der Erblasser zu entnehmen.
Das LG hat die Beschwerde der Ehefrau zurückgewiesen. Die weitere Beschwerde führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache.
Entscheidung
Das LG hat dem Testament aus dem Jahre 1985 einen Inhalt gegeben, der sich weder dem Wortlaut entnehmen noch auf andere Anhaltspunkte für den dahinter stehenden Erblasserwillen stützen lässt. Zwar wäre eine Schlusserbeneinsetzung der Kinder im Zweifel wechselbezüglich und es kann zudem eine Einsetzung als Schlusserben bei einer sog. Pflichtteilsstrafklausel in Betracht kommen, da dem Erblasser gerade das Bedeutsamste an seiner Regelung als so selbstverständlich erscheinen kann, dass er es nicht mehr gesondert anordnet. Ob eine Erbeinsetzung der Kinder beabsichtigt war, ist daher eingehend und unter Erforschung des wahren Willens des Erblassers zu prüfen, wobei der Wille im Testament aber einen, wenn auch nur andeutungsweisen, Ausdruck gefunden haben muss.
Hier können die Eheleute jedoch mit der Pflichtteilsstrafklausel allein die Absicht verfolgt haben, den Überlebenden vor dem Pflichtteilsverlangen eines Kindes zu schützen. Dafür, dass die Eheleute die Kinder, die den Pflichtteil nicht geltend machen, als Schlusserben einsetzen wollten, liefert das Testament indes keinen Anhaltspunkt. Die Kinder werden nicht als Erben bezeichnet. Auch außerhalb des Testaments liegen keine Umstände vor bzw. sind nicht von den Beteiligten geltend gemacht worden, die für eine Schlusserbeneinsetzung sprechen würden.
Auch der zeitliche Abstand zwischen der Errichtung des Testaments und seiner Ergänzung spricht nach Ansicht des Senats nicht für eine Einsetzung der Kinder als Schlusserben: Unter Ziff.1 des Testaments haben sich die Eheleute lediglich als Alleinerben eingesetzt und die Kinder damit von ihrem Erbrecht ausgeschlossen. Eine Schlusserbenanordnung ist an dieser Stelle nicht erfolgt.
Unter Ziff. 2 haben die Eheleute für den Fall des gleichzeitigen Versterbens ihre Kinder zu gleichen Teilen als Erben - und nicht als Schlusserben - eingesetzt.
Zwei Tage später ergänzten sie das Testament um die Pflichtteilsstrafklausel. Hätten sie geglaubt, dass die bisher niedergelegte Regelung nicht klar und eindeutig sei, so hätten sie sich bemüht, ihren tatsächlichen Willen an dieser Stelle nunmehr klar und deutlich zum Ausdruck zu bringen und die Anordnung der Schlusserbschaft an dieser Stelle ergänzt.
Die vorhandene Pflichtteilsstrafklausel macht die Anordnung der Schlusserbschaft eben nicht entbehrlich, wenn nicht aus dem Gesamtzusammenhang des Testaments oder auf Grund außertestamentarischer Umstände ein entsprechender Wille festgestellt werden kann...