Entscheidungsstichwort (Thema)
Rückstellungsbildung wegen der Verpflichtung eines Recyclingunternehmens zur Aufbereitung von Abfällen. Hinreichende Konkretisierung der Verpflichtung. Gesonderte Feststellung des Gewinns 1995. Gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31. Dezember 1995
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Verpflichtung eines Recyclingunternehmens, angelieferte Abfälle (hier Bauschutt, Rohschlacke, Abbruchholz und Baustellenmischabfälle) zeitnah zur Anlieferung aufzuarbeiten, ist auf Grund der gesetzlichen Vorgaben des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes (KrW-AbfG) in Verbindung mit dem vom Unternehmer zu erstellenden Abfallwirtschaftskonzept und den behördlichen Kontrollen hinreichend konkretisiert, so dass eine Rückstellung hierfür einzustellen ist.
2. Da ein Gesetz naturgemäß Sachverhalte stets nur generell und nicht für Einzelfälle bis ins Detail regeln kann, kommt es nicht darauf an, dass das Gesetz kein inhaltlich genau bestimmtes Handeln festlegt, und nicht vorgibt, innerhalb welcher zeitlichen Frist welcher Müll zu entsorgen ist.
3. Ein konkreter Leistungsbefehl aus einem Verwaltungsakt ist nicht erforderlich, denn ein Steuerpflichtiger, der bereits von sich aus im Vorgriff auf die jederzeit mögliche behördliche Verfügung entsprechend des bloßen Gesetzesbefehls Recyclingmaßnahmen durchführt, kann deswegen nicht schlechter gestellt werden als ein Anlagenbetreiber, der sich seinen Pflichten vorläufig entzieht und den früher oder später zu erlassenden Verwaltungsakt, in dem ihm ein konkretes Handeln abverlangt wird, abwartet.
Normenkette
EStG 1990 § 5 Abs. 1 S. 1; HGB § 249 Abs. 1; KrW-AbfG §§ 5, 16 Abs. 3
Nachgehend
Tenor
1. Der Feststellungsbescheid 1995 vom 13. Januar 1998, geändert durch Bescheid vom 1. Februar 1999 sowie der Bescheid über die ges. Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31. Dezember 1995 vom 16. Februar 1999 werden unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 5. Juli 2000 dahingehend abgeändert, dass eine Rückstellung in Höhe von 379.900 DM berücksichtigt wird. Die Berechnung wird dem Beklagten übertragen.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
3. Das Urteil ist wegen der vom Beklagten zu tragenden Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Hinterlegung oder Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruches des Klägers abwenden, wenn nicht der Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
4. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob der Kläger Rückstellungen für die Aufbereitung von Bauschutt, Rohschlacke etc. bilden konnte, insbesondere, ob eine hinreichend konkrete Verpflichtung zur Aufbereitung oder Beseitigung dieser Abfälle bestand.
Der Kläger betreibt im Rahmen einer Unternehmensgruppe ein Recycling-Unternehmen mit ca. 20 Mitarbeitern als Einzelunternehmen, aus dem er gesondert festzustellende gewerbliche Einkünfte erzielt. Unternehmensgegenstand ist die Annahme angelieferten Bauschutts, Müllverbrennungsschlacke und sonstiger Abfälle gegen Entgelt und die anschließende Aufbereitung und der Verkauf der aufbereiteten Abfälle. Der Kläger führt ein Betriebstagebuch, in dem sämtliche angenommenen Abfälle edvgestützt erfasst werden und aus dem sich auch die Auslieferungen lückenlos erkennen lassen. Das Unternehmen wird regelmäßig durch Vertreter der Abfall-, Emissionsschutz- und Wasser behörden kontrolliert.
Im Jahresabschluss für das Jahr 1995, aus dem sich insgesamt ein Verlust ergab, setzte er Rückstellungen in Höhe von insgesamt 379.900 DM für noch nicht aufbereiteten Bauschutt (314.600 DM), für Rohschlacke (22.500 DM), für Abbruchholz (30.200 DM) und Baustellenmischabfälle (12.600 DM) an. Die Abfälle wurden vor dem 31. Dezember 1995 angekauft und waren am Jahresende noch vorhanden. Die Rückstellungen hierfür wurden in Höhe der voraussichtlich in 1996 anfallenden Recycling-Kosten (Aufwand pro Tonne je nach Material) gebildet. Die Berechnung der Höhe ist nicht umstritten. Diese Rückstellung löste er in 1996 gewinnerhöhend auf. Verträge über den späteren Verkauf des zu recycelnden Materials existierten im Streitjahr noch nicht. Nach einer Betriebsprüfung versagte der Beklagte die Bildung der Rückstellung, da es sich um sog. „Aufwandsrückstellungen” mit steuerlichem Passivierungsverbot handele. Mit Änderungsbescheid über die gesonderte Feststellung des Gewinns 1995 vom 13. Januar 1998 (Bl. 30 Feststellungsakte), geändert durch Bescheid vom 1. Febr. 1999 (Bl. 34 Festst.Akte) änderte er den vorherigen Gewinnfeststellungsbescheid und setzte einen Gewinn in Höhe von 49.759 DM fest. Mit Bescheid vom 16. Februar 1999 (Bl. 11 Gewerbesteuerakte) änderte er auch die früheren Bescheide über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31. Dezember 1995. Der Einspruch blieb erfolglos.
Der Kläger trägt vor, für die Aufbereitungskosten sei zwin...