Entscheidungsstichwort (Thema)
Unanfechtbarkeit der Entscheidung über die Einstellung der Zwangsvollstreckung
Leitsatz (amtlich)
1) Aus verfassungsrechtlichen Gründen ist es geboten, den gesetzlichen Ausschluss der Beschwerde in § 707 Abs. 2 ZPO zu respektieren; die Statthaftigkeit einer entsprechenden Beschwerde ist nur in extremen Ausnahmefällen zu bejahen.
2) Die fehlende Darlegung und Glaubhaftmachung eines nicht zu ersehenden Nachteils im Sinne von § 62 Abs. 1 ArbGG ist kein Grund, contra legem von der Zulässigkeit einer solchen Beschwerde auszugehen.
Normenkette
ZPO §§ 707, 719; ArbGG § 62
Verfahrensgang
ArbG Gera (Beschluss vom 23.06.1997; Aktenzeichen 6 Ca 1682/96) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Gera vom 23.06.1997 (6 Ca 1682/95) wird verworfen.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Tatbestand
I
Im Ausgangsverfahren streiten die Parteien über einen Gehaltsanspruch der Klägerin; im vorliegenden Beschwerdeverfahren geht es um die vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus einem von der Klägerin erwirkten Vollstreckungsbescheid.
Die Klägerin beantragte am 15.05.1997 den Erlass eines Mahnbescheids gegen die Beklagte auf Grund einer Gehaltsforderung in Höhe von 65.279,49 DM. Dieser Mahnbescheid wurde der Beklagten am 17.05.1997 zugestellt. Gegen den Mahnbescheid legte der Ehemann der Beklagten unter Verwendung eines Firmenstempels mit Datum vom 23.05.1997 Widerspruch ein. Am 27.05.1997 um 13.15 Uhr erließ der Rechtspfleger des Arbeitsgerichts G., der erst um 15.55 Uhr desselben Tags von der Einlegung des Widerspruchs Kenntnis erlangte, einen Vollstreckungsbescheid, der der Beklagten am 28.05.1997 zugestellt wurde. Gegen den Vollstreckungsbescheid legte der Ehemann der Beklagten am 02.06.1997 und der Prozessbevollmächtigte der Beklagten am 04.06.1997 Einspruch ein.
Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, der Vollstreckungsbescheid sei in gesetzwidriger Weise ergangen, denn der Widerspruch gegen den Mahnbescheid sei form- und fristgerecht eingelegt worden. Gemäß § 703 ZPO habe es keines besonderen Nachweises der Bevollmächtigung ihres Ehemanns zur Widerspruchseinlegung bedurft.
Die Beklagte hat beantragt,
die Zwangsvollstreckung aus dem Vollstreckungsbescheid ohne Sicherheitsleistung einzustellen.
Die Klägerin hat beantragt,
den Antrag auf Einstellung der Zwangsvollstreckung zurückzuweisen und den Vollstreckungsbescheid zu übersenden.
Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, der Widerspruch gegen den Mahnbescheid sei unwirksam. Der Ehemann der Beklagten habe keine Vollmachtsurkunde vorgelegt und stehe auch nicht in einem Dienstverhältnis zu der Beklagten. Darüber hinaus sei auch keine Versicherung der Bevollmächtigung i. S. d. § 703 ZPO erfolgt. Ein nicht zu ersetzender Nachteil durch eine Vollstreckung sei seitens der Beklagten nicht glaubhaft gemacht worden.
Das Arbeitsgericht Gera hat mit Beschluss vom 23.06.1997 die vorläufige Einstellung der Vollstreckung aus dem Vollstreckungsbescheid ohne Sicherheitsleistung angeordnet, weil der Vollstreckungsbescheid nicht in gesetzmäßiger Weise ergangen sei und der Beklagten aus der Vollstreckung ein nicht zu ersetzender Nachteil drohe. Die Gesetzwidrigkeit des Vollstreckungsbescheids folge daraus, dass bereits vor dessen Erlass form- und fristgerecht Widerspruch gegen den Mahnbescheid eingelegt worden sei. Gemäß § 703 S. 1 ZPO habe es im Mahnverfahren eines schriftlichen Vollmachtsnachweises nicht bedurft. Darüber hinaus habe der Ehemann der Beklagten das Erfordernis der Versicherung der Bevollmächtigung gern. § 703 S. 2 ZPO dadurch erfüllt, dass er den Firmenstempel der Beklagten verwendete. Eine weitergehende Erklärung sei zur Erfüllung der Voraussetzung des § 703 S. 2 ZPO nicht erforderlich. Durch eine Vollstreckung aus dem Vollstreckungsbescheid drohe der Beklagten auch ein nicht zu ersetzender Nachteil i. S. d. § 62 Abs. 1 S. 3 und 2 ArbGG. Dieses folge daraus, dass der Vollstreckungsbescheid in gesetzwidriger Weise zustande gekommen sei und dies auf einem Fehler beruhe, der aus der Sphäre des Gerichts stamme. Ein Fehler im Organisationsablauf des Gerichts könne nicht zu Lasten des Schuldners gehen und dürfe durch eine Fortsetzung der Zwangsvollstreckung nicht perpetuiert werden. Zwar sei insoweit eine Glaubhaftmachung durch die Beklagte nicht erfolgt, einer solchen bedürfe es hingegen auch nicht, da sich die Voraussetzungen für die Annahme eines nicht zu ersetzenden Nachteils bereits aus dem Akteninhalt ergäben.
Gegen diesen Beschluss, der der Klägerin am 30.06.1997 zugestellt worden ist, hat sie am 02.07.1997 sofortige Beschwerde eingelegt.
Zur Begründung beruft sich die Klägerin darauf, dass das Arbeitsgericht zu Unrecht von einer Gesetzwidrigkeit des Vollstreckungsbescheids ausgehe. Der Ehemann der Beklagten habe seine Bevollmächtigung zur Widerspruchseinlegung nicht ordnungsgemäß, d. h. entsprechend den Anforderungen des § 703 S. 2 ZPO versichert. Die Benutzung eines Firmenstempels sei zur Versicherung der Bevollmächtigun...