Entscheidungsstichwort (Thema)

Vermögensveränderung gem. § 20 b ParteienG-DDR

 

Leitsatz (amtlich)

– Es sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, aus welchen Gründen der Sozialplan vom 11.07.1990 unwirksam sein sollte.

– Im Gegensatz zur Entscheidung des BAG vom 10.12.1992 (8 AZR 20/92) bedarf es keiner Zustimmung gem. § 20 b Abs. 1 ParteienG-DDR nunmehr keiner Verurteilung zur zukünftigen Leistung, da die BVS und die PDS einen Vergleich geschlossen haben, in dem sie sich über die Entflechtung des Alt- sowie des Neuvermögens geeinigt haben.

 

Normenkette

EV Anlagen II Kap. II Sachgeb. A Abschn. III

 

Verfahrensgang

ArbG Jena (Urteil vom 29.06.1993; Aktenzeichen 2 Ca 713/91)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 12.03.1997; Aktenzeichen 10 AZR 582/96)

 

Tenor

1) Die Berufung der Beklagten und der Nebenintervenientin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Jena vom 29.06.1993 – 2 Ca 713/91 – wird zurückgewiesen.

2) Die Kosten des Rechtsstreits der 1. Instanz sowie die Gerichtskosten des Berufungsverfahrens hat der Beklagte zu tragen. Die Kosten der Nebenintervenientin hat die Nebenintervenientin zu tragen.

3) Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Zahlung eines Sozialplananspruchs in Höhe von 17.760,00 DM.

Der 54jährige Kläger war in der Zeit vom 01.10.1989 bis 30.04.1991 beim PDS-Kreisverband J. zuletzt als politischer Mitarbeiter mit einem monatlichen Gehalt von 2.220,00 DM beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis wurde am 28.02.1991 aus betriebsbedingten Gründen zum 30.04.1991 gekündigt.

Am 11.07.1990 schlossen der Partei vorstand der PDS, der Hauptvorstand der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen/DDR und die Betriebsgewerkschaftsleitung des Parteivorstandes der PDS einen Sozialplan (Sozialplan I), der auszugsweise wie folgt lautet:

1.2. Der Sozialplan gilt für alle Mitarbeiter, deren Arbeitsverhältnis mit der PDS in Folge grundlegender Änderung der Betriebsorganisation gemäß § 111 Ziff. 4 BetrVG fristgemäß gekündigt wird.

2.3. Mitarbeiter, denen fristgemäß gekündigt wird und die nicht in den Vorruhestand treten, erhalten von der PDS eine einmalige Abfindung. Mit dieser sind alle Nachteile des Mitarbeiters aus seinem Arbeitsverhältnis und dessen Beendigung gegenüber der PDS abgegolten.

4.1. Die Abfindung beträgt mindestens 8 Monatsgehälter.

Am 29.11.1991 wurde eine „Vereinbarung zum Sozialplan der PDS” (Sozialplan II) geschlossen, die von dem Präsidium des Parteivorstandes der Beklagten und dem dort bestehenden Betriebsrat unterzeichnet worden ist. Darin ist u. a. bestimmt, daß die Vereinbarungen vom 11.07.1990 und 27.11.1990 aufgehoben werden und nachfolgend ein im Volumen auf 12 Millionen DM begrenzter Sozialplan vereinbart werde, der sich auf ca. 1.400 Kündigungen bzw. Aufhebungsverträge beziehe, die bis zum 30. Juni 1991 aus betriebsbedingten Gründen ausgesprochen worden bzw. zustande gekommen seien. Unter Tz. 3.3 dieser Vereinbarung heißt es, daß Arbeitnehmer, die weitergehende Abfindungsansprüche aufrechterhielten, die in diesem Sozialplan festgelegten Leistungen nicht erhielten, was auch für eingeleitete Verfahren zur Durchsetzung von Ansprüchen aus den Vereinbarungen vom 11. Juni und 27. November 1990 gelte.

Der Kläger hat vorgetragen, sein Abfindungsanspruch aus dem Sozialplan I betrage 17.760 DM.

Er hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an ihn 17.760,00 DM netto nebst 4 % Zinsen seit Klagezustellung zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat geltend gemacht, sie sei nicht passiv legitimiert, da die Treuhandanstalt durch die treuhänderische Verwaltung des PDS-Vermögens als Partei kraft Amtes anzusehen sei. Dementsprechend sei die Treuhandanstalt selbst Partei des Verfahrens. Erst wenn die Zustimmung der Treuhandanstalt zur Auszahlung von Geldern an den Kläger vorliege, könne das Geld nach Erhalt durch die Treuhandanstalt an den Kläger weitergeleitet werden. Die Beklagte hat desweiteren die Auffassung vertreten, bei der Berechnung der Abfindung müsse das Nettogehalt des Klägers zugrundegelegt werden.

Das Arbeitsgericht Jena hat der Klage stattgegeben und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt:

Der unbestrittene Sozialplananspruch stehe dem Kläger unabhängig davon zu, daß das Vermögen der PDS gemäß Anlage 2 Kapitel 2 Abschnitt 3 Ziffer 1 d des Einigungsvertrages unter treuhänderische Verwaltung gestellt wurde. Die grundsätzliche Zielsetzung, das unrechtmäßig erworbene Altvermögen nicht der PDS zu belassen, sondern an die ursprünglich Berechtigten zurückzugeben, rechtfertige lediglich, Vermögensverfügungen der Beklagten einer Genehmigungspflicht gemäß § 20 b Abs. 1 Parteiengesetz – DDR zu unterwerfen. Demgegenüber stehe die Eingehung von Verbindlichkeiten nicht im Widerspruch zu den Zielsetzungen des Einigungsvertrages. Die Treuhandanstalt sei auch nicht als Partei kraft Amtes anzusehen. Die Beklagte sei rechts- und geschäftsfähig und könne im Hinblick auf die von ihr eingegangenen Verbindlichkeiten ohne weiteres verklagt werden. Bei der Berechnung der Abfindungss...

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