Entscheidungsstichwort (Thema)
Eingruppierung eines Sonderschullehrers
Leitsatz (amtlich)
1. Ein Sonderschullehrer, der nach einem Studium an einem Institut für Lehrerbildung ein vierjähriges Fernstudium an der Humboldt-Universität Berlin in der Fachrichtung „Pädagogik der schulbildungsfähigen Schwachsinnigen” mit dem Diplom als Diplomlehrer für Hilfsschulen abgeschlossen hat, hat keinen Anspruch auf Vergütung nach Vgt-Gr. III BAT-O (= A 12 2. BesÜVO).
2. Dies folgt aus der Systematik der Ausbildung von Sonderschullehrern in der früheren DDR und aus dem Aufbau der Besoldungsgruppen A 10 – A 12 der 2. BesÜVO.
3. Auf die Beantwortung der Rechtsfrage, ob ein vierjähriges Fernstudium einem vierjährigen Direktstudium gleichzusetzen ist, kommt es dabei nicht an (a. A. Thüringer LAG Urteile vom 20.12.1995 – 2 Sa 1196/94 und vom 31.01.1996 – 2 Sa 334/95).
Normenkette
ÄTV BAT-O § 2 Nr. 3a; 2. BesÜVO § 7 I; 2. BesÜVO Anlage 1
Verfahrensgang
ArbG Suhl (Urteil vom 02.08.1995; Aktenzeichen 1 Ca 3297/94) |
Tenor
Es ergeht folgendes
Urteil:
1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Suhl vom 02.08.1995 – 1 Ca 3297/94 – abgeändert.
2. Die Klage wird abgewiesen.
3. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
4. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Mit der Klage begehrt der Kläger, der als Sonderschullehrer an der Förderschule in H. in den Klassen 7 bis 9 unterrichtet und der nach seinem Studium am Institut für Lehrerbildung in W. ein vierjähriges Fernstudium an der Humboldt-Universität Berlin in der Fachrichtung „Pädagogik der schulbildungsfähigen Schwachsinnigen” mit dem Diplom als Diplomlehrer für Hilfsschulen abgeschlossen hat, Vergütung nach Vergütungsgruppe III (= A 122, BesÜVO) BAT-O, und zwar für die Zeit vom 01.01.1992 bis 30.06.1995.
Wegen des erstinstanzlichen Parteivortragen, wegen der gestellten Anträge und wegen der gerichtlichen Feststellungen wird auf den Tatbestand des angegriffenen Urteils gem. § 543 Abs. 1 ZPO Bezug genommen.
Das Arbeitsgericht Suhl hat der Klage mit Urteil vom 02.08.1995 stattgegeben und die Entscheidung im wesentlichen auf folgende Gründe gestützt:
Die Besoldung des Klägers richte sich gem. § 2 Nr. 3 a des ÄTV Nr. 1 zum BAT-O vom 08.05.1991 nach der Anlage I zu § 7 S. 1 der zweiten BesÜVO. Der Kläger erfülle die dort niedergelegten Voraussetzungen für eine Besoldung nach BesGr A 12, die gem. § 11 S. 2 BAT-O der Vgt-Gr III entspräche. Er sei nämlich als Sonderschullehrer tätig und habe auch ein für das Lehramt geeignetes wissenschaftliches Hochschulstudium von mindestens vier Studienjahren absolviert. Denn die BesÜVO unterscheide nicht zwischen einem vierjährigen Direktstudium und einem vierjährigen Fernstudium bzw. zwischen den Zugangsvoraussetzungen für das Hochschulstudium, sondern stelle allein darauf ab, ob es sich um ein geeignetes wissenschaftliches Hochschulstudium von mindestens zwei bzw. vier Studienjahren handele. Die Vergütungsansprüche des Klägers seien auch nicht verfallen, da gem. Abs. 2 der Übergangsvorschrift des § 22 BAT-O die Ausschlußfrist des § 70 für Ansprüche, die sich aus einer Eingruppierung nach dem 01.07.1991 ergeben, erst am 01.01.1993 beginne und da der Kläger mit der Geltendmachung seiner Ansprüche mit Schreiben vom 15.11.1992 diese Frist gewahrt habe.
Gegen dieses dem Beklagten am 28.08.1995 zugestellte Urteil hat dieser durch Schriftsatz seines Prozeßbevollmächtigten vom 22.09.1995, beim Berufungsgericht eingegangen am 26.09.1995, Berufung eingelegt und die Berufung mit dem am gleichen Tag beim Berufungsgericht eingegangenen Schriftsatz seines Prozeßbevollmächtigten vom 27.11.1995 begründet, nachdem die Berufungsbegründungsfrist mit Verfügung des Vorsitzenden vom 25.10.1995 bis zum 27.11.1995 verlängert worden war.
Der Beklagte wendet sich unter weitestgehender Wiederholung seines erstinstanzlichen Vortrags gegen die rechtlichen Wertungen des angegriffenen Urteils insoweit, als er nach wie vor die Meinung vertritt, daß ein vierjähriges Fernstudium nicht mit einem wissenschaftlichen Hochschulstudium von vier Jahren gleichzusetzen sei.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Suhl vom 02.08.1995 – 1 Ca 3297/94 – wird abgeändert und die Klage abgewiesen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Er verteidigt unter Wiederholung seiner erstinstanzlichen Argumentation und in Auseinandersetzung mit dem Berufungsvortrag die tragenden Gründe des angefochtenen Urteils und vertritt nach wie vor die Auffassung, daß zwischen Direktstudium und Fernstudium in der früheren DDR keine qualitativen Unterschiede bestanden hätten und daß die damals vorgesehenen Ausbildungsgänge auf unterschiedlichen Wegen zu einem gleichwertigen Abschluß geführt hätten.
Wegen des Sach- und Streitstandes im übrigen wird auf den vorgetragenen Inhalt der beiderseitigen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I
Die gem. §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1 ArbGG statthafte und nach dem Beschwerdewert gem. § 64 Abs. 2 ArbGG zulässige Berufu...