Entscheidungsstichwort (Thema)

Beschäftigungszeit. besondere persönliche Systemnähe

 

Leitsatz (amtlich)

Wurde ein im Schuldienst der DDR tätiger Lehrer aufgrund besonderer persönlicher Systemnahme zum Direktor einer polytechnischen Oberschule berufen, sind die Zeiten der Direktorentätigkeit und die davor zurückgelegten Zeiten der Lehrertätigkeit nach Nr. 4 Buchst. c der Übergangsvorschriften zu § 19 BAT-O auch dann nicht als Beschäftigungszeit zu berücksichtigen, wenn er weiterhin Unterricht erteilte (gegen Thür. LAG v. 24.02.1997, 8 Sa 198/96).

 

Leitsatz (redaktionell)

Hinweis der Geschäftsstelle

Das Bundesarbeitsgericht bittet sämtliche Schriftsätze in siebenfacher Ausfertigung bei ihm einzureichen.

 

Normenkette

BAT-O § 19; Übergangsvorschriften Nr. 4 Buchst. c

 

Verfahrensgang

ArbG Erfurt (Urteil vom 26.11.1996; Aktenzeichen 8 Ca 802/93)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Erfurt vom 26.11.1996, 8 Ca 802/93, wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über anrechnungsfähige Beschäftigungszeiten der Klägerin nach § 19 BAT-O.

Die am 16.3.1959 geborene Klägerin wurde nach Abschluß ihrer Ausbildung zur Lehrerin für untere Klassen ab 1.8.1979 beim Rat der Stadt W./Abteilung Volksbildung aufgrund Arbeitsvertrages vom 14.12.1978 (Bl. 3a d. A.) als Unterstufenlehrerin beschäftigt. Sie war bis 31.08.1982 an der POS T. in W. tätig. Wegen Ausscheidens des stellvertretenden Direktors war sie, ohne der SED anzugehören, im Januar 82 zur amtierenden stellvertretenden Schulleiterin bestellt worden.

Vom 01.09.1982 bis 31.07.1983 besuchte die Klägerin im Direktstudium die Bezirksparteischule der SED in E.. Danach wurde sie stellvertretende Direktorin der POS K. in W.. Sie unterrichtete weiterhin in der Unterstufe und daneben im Fach Staatsbürgerkunde.

1984 wurde die Klägerin ehrenamtliches Mitglied der SED-Kreisleitung. Sie arbeitete in der Kommission für Jugend und Sport mit. Diese Funktionärstätigkeit endete mit der Wende 1989.

Am 01.09.1984 nahm die Klägerin an der Pädagogischen Hochschule in L. ein Direktstudium zum Diplomlehrer für Staatsbürgerkunde auf, das sie am 31.07.1985 erfolgreich beendete. Ab 01.08.1985 war sie Staatsbürgerkundelehrerin an der POS E. in W. und zunächst stellvertretende Direktorin, ab August 1989 bis Juli 1990 Direktorin dieser Schule. Von September 1985 bis Januar 1985 hatte sie die Funktion des ehrenamtlichen SED-Schulparteisekretärs ausgeübt.

Vom 01.08.1990 bis Ende Februar 1992 wurde die Klägerin als Lehrer für untere Klassen an der POS J. in W., danach an der Grundschule in Weimar S. beschäftigt.

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet aufgrund beiderseitiger Tarifgebundenheit der Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechtes – manteltarifrechtliche Vorschriften – (BAT-O) vom 10.12.1990 Anwendung. Dort heißt es, soweit hier von Interesse:

„§ 19 Beschäftigungszeit

(1) Beschäftigungszeit ist die bei demselben Arbeitgeber nach Vollendung des 18. Lebensjahres in einem Arbeitsverhältnis zurückgelegte Zeit, auch wenn sie unterbrochen ist.

Übergangsvorschriften für Zeiten vor dem 1. Januar 1991:

2. Ist infolge des Beitritts der DDR der frühere Arbeitgeber weggefallen, ohne daß eine Überführung nach Artikel 13 des Einigungsvertrages erfolgt ist, gelten als Beschäftigungszeit nach Maßgabe des Absatzes 1

b) für Angestellte der Länder

Zeiten der Tätigkeit bei zentralen oder örtlichen Staatsorganen und ihren nachgeordneten Einrichtungen oder sonstigen Einrichtungen oder Betrieben, soweit das Land deren Aufgaben bzw. Aufgabenbereiche derselben ganz oder überwiegend übernommen hat,

4. Von der Berücksichtigung als Beschäftigungszeit sind ausgeschlossen

c) Zeiten einer Tätigkeit, die aufgrund einer besonderen persönlichen Systemnähe übertragen worden war.

Die Übertragung der Tätigkeit aufgrund einer besonderen persönlichen Systemnähe wird insbesondere vermutet, wenn der Angestellte

aa) vor oder bei Übertragung der Tätigkeit eine hauptamtliche oder hervorgehobene ehrenamtliche Funktion in der SED, dem FDGB, der FDJ oder einer vergleichbar systemunterstützenden Partei oder Organisation innehatte,

bb) als mittlere oder obere Führungskraft in zentralen Staatsorganen, als obere Führungskraft beim Rat eines Bezirkes, als Vorsitzender des Rates eines Kreises oder einer kreisfreien Stadt (Oberbürgermeister) oder in einer vergleichbaren Funktion tätig war,

cc) hauptamtlich Lehrender an den Bildungseinrichtungen der staatstragenden Parteien oder einer Massen- oder gesellschaftlichen Organisation war oder

dd) Absolvent der Akademie für Staat und Recht oder einer vergleichbaren Bildungseinrichtung war.

Der Angestellte kann die Vermutung widerlegen.

Von einer Berücksichtigung als Beschäftigungszeit ausgeschlossen sind auch die Zeiten, die vor einer Tätigkeit im Sinne der Buchstaben a bis c zurückgelegt worden sind.”

Der beklagte Freistaat setzte den Beginn der Beschäftigungszeit nach § 19 BAT-O am 22.07.1994 auf den 01.08.1990 fest. Die Klägerin widerspr...

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