Entscheidungsstichwort (Thema)

Befristung eines Arbeitsverhältnisses

 

Leitsatz (amtlich)

Zulässigkeit der Befristung des Arbeitsverhältnisses einer Horterzieherin wegen haushaltsrechtlicher Vorgaben

 

Normenkette

BGB § 620

 

Verfahrensgang

ArbG Jena (Urteil vom 21.02.1997; Aktenzeichen 3 Ca 438/96)

 

Tenor

Es ergeht folgendes

Urteil:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Jena vom 21.02.1997, 3 Ca 438/96, wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der Befristung ihres Arbeitsverhältnisses und die Pflicht zur tatsächlichen Beschäftigung.

Die am 02.02.1965 geborene Klägerin ist Erzieherin. Sie trat am 01.12.1993 in den Dienst des beklagten Freistaates und war befristet zum 24.08.1994 als Erziehungsurlaubsvertretung einer Horterzieherin am Kinderhort der im Schulamtsbezirk S. gelegenen Grundschule S. zunächst gegen eine Vergütung nach VergGr. VI b BAT-O tätig. Auf ihren Widerspruch vom 29.04.1994 erhielt sie ab 01.04.1994 aufgrund ihrer bisherigen Erzieherinnentätigkeit im Wege des Bewährungsaufstieges Vergütung entsprechend VergGr. V c Fallgruppe 7.

Nach einer im Juni 1993 vom Kultusministerium erstellten Prognose über die Schülerzahlen an den Grundschulen in Thüringen war im Zeitraum 01.10.1992 bis zum Ende des Schuljahres 1995/96 mit einem Rückgang um 6.626, davon im Schulamtsbezirk S. – in dem zum 01.01.1994 die bisherigen Schulamtsbezirke E., J. und S. aufgingen – um 539 zu rechnen.

Der Haushaltsplan des beklagten Freistaates für 1993 weist im Einzelplan 04 für das Kultusministerium, dort Kapitel 05 für die allgemeinbildenden Schulen unter dem Titel 425 01 (Bl. 128, 129 d.A.) insgesamt 30.008 Angestelltenstellen aus, davon 2.149 V c-Stellen und 1906 VI b-Stellen. Ohne Aufteilung auf Schularten und Vergütungsgruppen sind 2.550 Stellen mit einem undatierten kw-Vermerk versehen. Diese kw-Stellen werden wie folgt erläutert:

*) wobei jede 4. freiwerdende Stelle im Lehrerbereich neu besetzt werden darf, sowie zusätzlich jede freiwerdende Stelle im Hortbereich bis zur Höchstzahl von 250 Vollzeitstellen mit Teilzeit- bzw. Honorarkräften befristet für max. 3 Jahre zur Abdeckung des Spitzenbedarfs in Horten und Einrichtungen zur Hortbetreuung neu besetzt werden darf.

Wegen der z. Z. nicht genügend vorhersehbaren Übergangsquoten ist keine sinnvolle Aufteilung nach Schularten und damit nach Vergütungsgruppen möglich.

Die Haushaltspläne für die Jahre 1994 bis 1996 weisen im Einzelplan für das Kultusministerium unter dem entsprechenden Titel 425 01 (Bl. 130 bis 132 d. A.) 250 VI b-Stellen als 1996 wegfallend aus. Für 1994 sind 1.074, für 1995 1.034 und für 1996 982 VI b-Stellen ausgewiesen.

Gem. schriftlichem Arbeitsvertrag vom 27.09.1994 (Bl. 4 d. A.) wurde die Klägerin ab 07.09.1994 vom Freistaat als Halbtagskraft gegen eine Vergütung nach VergGr. V c BAT-O wiederum befristet zum 31.07.1996 eingestellt. Sie war weiterhin als Erzieherin am Hort der Grundschule S. tätig. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien fanden die Tarifverträge für den öffentlichen Dienst vereinbarungsgemäß Anwendung. Im Arbeitsvertrag ist der Befristungsgrund nicht angegeben.

Der Freistaat weigerte sich, die Klägerin über den 31.07.1996 hinaus weiterzubeschäftigen, da die Befristung aufgrund des prognostisch zu erwartenden Rückganges der Schülerzahl an den Grundschulen in Thüringen gerechtfertigt gewesen sei. Zum 01.08.1996 wurden die Erzieherinnen Fischer und Planer mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 80 % an den Hort der Grundschule in S. abgeordnet. Daraufhin hat die Klägerin am 21.08.1996 Entfristungsklage erhoben.

Sie hat behauptet, 1993/94 seien 250 Erzieherinnen – darunter sie selbst – befristet eingestellt worden, da mit der Reduzierung der regelmäßigen Arbeitszeit auf 80 % ausreichende Betreuungskapazitäten an den Schulhorten nicht mehr sichergestellt gewesen seien. Nach Auslaufen der Befristungen zum 31.07.1996 vollführten die Schulämter Handstände, um den angemeldeten Bedarf befriedigen zu können. Die Befristung ihres Arbeitsverhältnisses sei nicht gerechtfertigt, da am Hort der Grundschule S. weiterhin Bedarf für ihre Beschäftigung bestehe. Die Prognose über die Entwicklung der Schülerzahlen enthalte keine konkreten Aussagen zum maßgeblichen Schulamtsbezirk S. bzw. zum Hort der Grundschule S..

Die Klägerin hat beantragt,

  1. festzustellen, daß ihr Arbeitsverhältnis über den 31.07.1996 fortbesteht;
  2. den Beklagten zu verurteilen, sie über den 31.07.1996 zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Horterzieherin weiterzubeschäftigen.

Der beklagte Freistaat hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat die Auffassung vertreten, die ab Sommer 1993 erfolgten Einstellungen von Horterziehern an Grundschulen, darunter die der Klägerin, seien aufgrund der Bedarfsprognose zulässig zum Ende des Schuljahres 1995/96 (31.07.1996) befristet worden.

Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 21.02.1997, auf dessen Tatbestand wegen des erstinstanzlichen Parteivorbringens gem. § 5...

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