Entscheidungsstichwort (Thema)
Reiseentschädigung und Prozesskostenhilfe. Erledigung des Antrages und der Beschwerde
Leitsatz (amtlich)
1. Eine Beschwerde gegen die Ablehnung des Antrages auf Reiseentschädigung kann nicht wirksam für erledigt erklärt werden. Das gilt nicht nur für das Rechtsmittel, sondern auch für den Antrag auf Reiseentschädigung an sich.
2. Die „Mittellosigkeit” i. S. d. Verwaltungsvorschrift des Thüringer Justizministeriums unterscheidet sich von der „Armut” i. S. d. Prozesskostenhilfevorschriften der ZPO
Normenkette
ZPO §§ 91a, 114 ff.; Nr. 1 Verwaltungsvorschrift des Thüringer Justizministeriums zur Gewährung von Reiseentschädigungen vom 19. Juni 2006
Verfahrensgang
ArbG Erfurt (Beschluss vom 30.08.2011; Aktenzeichen 5 Ca 925/11) |
Tenor
1. Der Antrag des Klägers, der Staatskasse die Kosten des Rechtsmittels aufzuerlegen, wird zurückgewiesen.
2. Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Erfurt vom 30. August 2011 – 5 Ca 925/11 – wird als unzulässig verworfen.
3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Parteien streiten über Auslöse und Reisezeitentschädigung.
Am 29. Juni 2011 beraumte das Arbeitsgericht Termin zur Kammerverhandlung auf den 31. August 2011 an bei gleichzeitiger Anordnung des persönlichen Erscheinens des in A. wohnhaften Klägers zum Zweck der Sachaufklärung.
Mit dem am 29. August 2011 bei Gericht eingegangenen Antrag begehrte der Kläger unter Beifügung einer Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse Fahrtkostenerstattung und gab an, es falle ihm schwer, die Fahrtkosten selbst zu übernehmen. Die beigefügte Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse war unvollständig ausgefüllt und zudem nicht vom Kläger unterschrieben. Da eine telefonische Kontaktaufnahme mit dem Kläger nicht möglich war, informierte das Gericht den Klägervertreter über den Antrag des Klägers und darüber, eine Entscheidung zu Gunsten des Klägers könne auf Grund des Antrages derzeit nicht erfolgen. Mit Schreiben vom 29. August 2011, am gleichen Tag per Fax eingegangen, beantragte der Klägervertreter, dem Kläger eine Reiseentschädigung für den Termin zur Hauptverhandlung am 31. August 2011, unter Bezugnahme auf eine beigefügte vollständig ausgefüllte und vom Kläger unterschriebene Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse, zu gewähren.
Das Arbeitsgericht wies den Antrag auf Gewährung von Reiseentschädigung mit Beschluss vom 30. August 2011 mit der Begründung zurück, Mittellosigkeit im Sinne der Verwaltungsvorschrift des Thüringer Justizministeriums vom 19. Juni 2006 über die Gewährung von Reisekostenentschädigung an mittellose Personen und Vorschusszahlungen für Reisekostenentschädigungen an Zeugen, Sachverständige, Dolmetscher, Übersetzer, ehrenamtliche Richter und Dritte liege nicht vor, da der Kläger auf seinem Girokonto über ein Vermögen in Höhe von 1.669,73 EUR verfüge, welches die Kosten für eine Reise von seinem Wohnort nach E. bei Weitem übersteige.
Gegen den ihm per Fax am 30. August 2011 zugegangenen Beschluss hat der Kläger am gleichen Tag sofortige Beschwerde eingelegt. Zur Begründung gab er an, er sei offensichtlich mittellos, da er Anspruch auf Gewährung von Prozesskostenhilfe hätte. Wer Anspruch auf Gewährung von Prozesskostenhilfe habe, habe aber auch Anspruch auf Reisekostenentschädigung. Er habe deshalb keine Prozesskostenhilfe beantragt, weil er rechtsschutzversichert sei. Die Versicherung decke aber die Fahrtkosten nicht ab. Insbesondere überschreite sein Vermögen die maßgebliche Grenze von 2.600,00 EUR offensichtlich nicht. Das Guthaben auf dem Girokonto sei kein anzurechnendes Vermögen im Sinne von § 115 Abs. 2 ZPO. Es resultiere aus dem kurz zuvor eingegangenen Lohn des Klägers und müsse daher bei der Vermögensanrechnung außer Betracht bleiben.
Das Arbeitsgericht half der Beschwerde mit Beschluss vom 30. August 2011 nicht ab.
Der Kläger erschien zum Termin am 31. August 2011 nicht. Ein Ordnungsgeld wurde nicht verhängt.
Mit Schreiben vom 1. September 2011, am gleichen Tag eingegangen, hat der Kläger die sofortige Beschwerde für erledigt erklärt und beantragt, der Staatskasse die Kosten des Rechtsmittels aufzuerlegen.
Wegen der Einzelheiten wird auf die im Beschwerdeverfahren eingegangenen Schriftsätze des Klägers verwiesen.
Entscheidungsgründe
II.
1. Der Antrag des Klägers, der Staatskasse nach Erledigung der Beschwerde die Kosten des Rechtsmittels aufzuerlegen, ist zurückzuweisen. Für eine Entscheidung nach § 91 a ZPO besteht kein Raum.
a) Die vorliegende Beschwerde unterfällt nicht dem Anwendungsbereich des § 91 a ZPO.
Von der Erledigung der Hauptsache in der Rechtsmittelinstanz ist die Erledigung des Rechtsmittels selbst zu unterscheiden. Die Erledigterklärung des Rechtsmittels ist im Gesetz nicht vorgesehen, wird jedoch dann für zulässig erachtet, wenn dem Rechtsmittel durch ein nachträgliches Ereignis die Grundlage entzogen wird und die Rücknahme des Rechtsmittels zu einer ...