Entscheidungsstichwort (Thema)
Befristung einer Vertragsprofessur
Leitsatz (amtlich)
Mit dem TzBfG und den Sonderbefristungstatbeständen für den Hochschulbereich liegt eine abschließende bundesrechtliche Regelung vor. Den Ländern verbleibt keine subsidiäre Gesetzgebungskompetenz zur Schaffung weitergehender Befristungstatbestände.
§ 50 Abs. 1 ThürHG in der Fassung v. 24.06.2003 (heute § 79 Abs. 1 ThürHG in der Fassung vom 21.12.2006), der für angestellte Professoren die sachgrundlose Befristung bis zu sechs Jahren erlaubt, ist von § 14 Abs. 2 TzBfG gesperrt.
§ 23 TzBfG setzt voraus, dass andere gesetzliche Befristungstatbestände kompetenzrechtlich zulässig sind.
Normenkette
TzBvG §§ 14, 23; HRG § 57a ff Fassung: 2004-07-27, §§ 46, 50 Abs. 4; ThüHG § 50 Abs. 1 Fassung: 2003-06-24; GG Art. 74 Abs. 1 Nr. 12
Verfahrensgang
ArbG Erfurt (Urteil vom 01.04.2010; Aktenzeichen 1 Ca 1790/09) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Erfurt vom 01.04.2010, 1 Ca 1790/09, abgeändert.
Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers mit dem Beklagten durch die Befristung im Arbeitsvertrag vom 17.09.2003/01.10.2003 nicht mit Ablauf des 30.09.2009 beendet worden ist.
Der Beklagte wird verurteilt, den Kläger zu den Bedingungen seines Arbeitsvertrages vom 17.09.2003/01.10.2003 als Professor für Musiktheorie Klassik vorläufig weiterzubeschäftigen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Im Entfristungsstreit geht es um die Rechtsfrage, ob der im Landeshochschulgesetz geschaffene Befristungstatbestand für angestellte Professoren an staatlichen Hochschulen mit höherrangigem Recht vereinbar ist.
Der Beklagte ist Träger der Musikhochschule L. in W.. Ab 01.10.2003 wurde der Kläger dort als angestellter Professor für Musiktheorie Klassik beschäftigt. Im zugrundeliegenden Dienstvertrag vom 17.09./01.10.2003 vereinbarten die Parteien, dass das Angestelltenverhältnis nach § 50 Thüringer Hochschulgesetz zum 30.09.2009 befristet ist.
Nach § 50 Abs. 1 ThürHG in der bei Vertragsabschluß geltenden Fassung vom 24.06.2003 (heute § 79 Abs. 1 ThürHG in der Fassung vom 21.12.2006) können Professoren als Angestellte bis höchstens 6 Jahre befristet beschäftigt werden.
Am 06.10.2009 hat der Kläger Befristungskontrollklage eingereicht und für den Fall der Klagestattgabe seine vorläufige Weiterbeschäftigung verlangt.
Mit Urteil vom 01.04.2010 hat das Arbeitsgericht die Befristungskontrollklage abgewiesen. Zur Begründung ist unter Bezugnahme auf Lenk (WissenR 2009, 50) ausgeführt, zwar sei die Befristung von Arbeitsverhältnissen Gegenstand der konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes. Mit dem TzBfG habe der Bund das Befristungsrecht aber nicht abschließend geregelt. Ohne Einschränkung auf Bundesgesetze lasse § 23 TzBfG andere gesetzliche Vorschriften über die Befristung von Arbeitsverhältnissen unberührt. Mit § 50 Abs. 1 ThürHG a. F. habe das Land von der ihm verbleibenden Gesetzgebungszuständigkeit zulässig Gebrauch gemacht. Damit sei die vereinbarte Befristung zum 30.09.2009 nicht zu beanstanden.
Der Kläger hat gegen das ihm am 07.06.2010 zugestellte Urteil am 07.07.2010 Berufung eingelegt und nach Fristverlängerung zum 07.09.2010 am 07.09.2010 begründet.
Die Berufung rügt, im Anschluss an Lenk missverstehe das Arbeitsgericht § 23 TzBfG als Öffnungsklausel für landeshochschulrechtliche Befristungstatbestände. Die Länder hätten nämlich keine Gesetzgebungsbefugnis zur Einführung eines Sonderbefristungstatbestandes für angestellte Professoren. Mit dem TzBfG und den Sonderbefristungstatbeständen nach den §§ 57 a ff HRG habe der Bund von seiner konkurrierenden Gesetzgebungszuständigkeit für das Arbeitsrecht nach Art. 72 GG zulässig Gebrauch gemacht. Im Anwendungsbereich des TzBfG sei damit ausgeschlossen, dass gesetzliche Vorschriften im Sinne des § 23 TzBfG auch eine Landesnorm sein könne.
Die Berufung beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Erfurt vom 01.04.2010 – 1 Ca 1790/09 – zu ändern und
- festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers mit dem Beklagten durch die Befristung im Arbeitsvertrag vom 17.09.2003/01.10.2003 nicht mit Ablauf des 30.09.2009 beendet worden ist;
- für den Fall der Stattgabe des vorstehenden Antrages den Beklagten zu verurteilen, den Kläger ab Verkündung der Entscheidung des Berufungsgerichts über den vorstehenden Feststellungsantrag zu den Bedingungen seines Arbeitsvertrages vom 17.09.2003/01.10.2003 als Professor für Musiktheorie Klassik weiter zu beschäftigen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er meint unter Bezug auf Lenk weiterhin, die Befristungsvereinbarung sei nach § 50 Abs. 1 ThürHG a. F. (§ 79 Abs. 1 ThürHG n. F.) wirksam. Ergänzend vertritt er die Auffassung, die Gesetzgebungskompetenz der Länder für das Hochschulwesen dürfe nicht dadurch unterlaufen werden, dass auf Grund der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes für das Arbeitsrecht Re...