Entscheidungsstichwort (Thema)
Solo-Klarinettist. Widerruf einer Tätigkeit als Solo-Klarinettist. Überprüfung eines Widerrufs
Leitsatz (redaktionell)
Hinsichtlich der Nichtbeachtung von einleuchtenden Gründen für die Rechtsausübung (Widerruf der Tätigkeit als Solo-Klarinettist) und damit einer willkürlichen Handhabung trifft den Arbeitnehmer die Darlegungs- und Beweislast.
Normenkette
BGB § 242; Tarifvertrag für Musiker in Kulturorchestern vom 01.07.1971 § 26
Verfahrensgang
ArbG Gera (Urteil vom 18.12.2002; Aktenzeichen 7 Ca 1623/01) |
Nachgehend
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Gera vom 18.12.02 – 7 Ca 1623/01 – abgeändert.
2. Es wird festgestellt, dass der Widerruf der Übertragung der Tätigkeit als Solo-Klarinettist durch die Beklagte vom 01.07.01 unwirksam ist.
3. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger vertragsgemäß als Solo-Klarinettisten zu beschäftigen.
4. Die Beklagte wird weiter verurteilt, an den Kläger EUR 3.863,25 brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszins der Europäischen Zentralbank seit dem 11.11.02 zu zahlen.
5. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
6. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um Widerruf der Tätigkeit als Solo-Klarinettist, um die weitere Beschäftigung des Klägers mit dieser Tätigkeit sowie um die Zahlung der Zulage seit Wirksamwerden des Widerrufs.
Der Kläger ist seit dem 19.01.1993 bei dem früheren Landestheater A. als Klarinettist in der früheren Landeskapelle tätig.
Er war mit Arbeitsvertrag vom 14.01.1993 (Bl. 5 d. A.), der einen befristeten Einsatz für den Zeitraum vom 19.01.1993 bis 30.04.1993 als Musiker eingestellt und zum Spielen des Instrumentes Bass-, A- und B-Klarinette verpflichtet. Darüber hinaus wurde ihm das Spielen des Nebeninstrumentes Es-Klarinette übertragen.
Nach § 4 des Arbeitsvertrages bestimmte sich das Arbeitsverhältnis nach dem Tarifvertrag für die Musiker in Kulturorchester (TVK) vom 01.07.1971 in der jeweils geltenden Fassung und den ihn ergänzenden, ändernden oder an seine Stelle tretenden Tarifverträge.
§ 26 TVK hat – soweit hier von Interesse – den folgenden Wortlaut:
(1) Der Arbeitgeber kann dem Musiker mit seiner Zustimmung bei der Einstellung und während der Dauer des Arbeitsverhältnisses bestimmte Tätigkeiten und das Spielen von Nebeninstrumenten übertragen. Die Übertragung bedarf der Schriftform. Der Arbeitgeber kann die Übertragung jederzeit widerrufen, ohne dass es einer Kündigung bedarf. Der Widerruf bedarf der Schriftform. Er ist unwirksam, wenn er aus Gründen erfolgt, die nicht in der Leistungsfähigkeit oder der sonstigen Eignung des Musikers liegen.
(2) Der Musiker erhält während der Zeit, in der ihm eine der in Absatz 3 genannten Tätigkeiten oder das Spielen eines Nebeninstrumentes übertragen ist, eine Tätigkeitszulage. Die Höhe der Zulage richtet sich nach den Stufen der Absätze 3 und 4 und nach der Vergütungsgruppe des Orchesters, dem der Musiker angehört.
Mit weiterem Arbeitsvertrag vom 09.07.1993 (Bl. 6 d. A.) wurde der Kläger für die Zeit vom 01.08.1993 bis 31.07.1994 eingestellt und zum Spielen der Instrumente A-, B- und Es-Klarinette verpflichtet. Gleichzeitig wurde ihm die Tätigkeit des Solo-Klarinettisten und das Spielen des Nebeninstrumentes Bass-Klarinette übertragen.
Dieser Arbeitsvertrag wurde dann offenbar ohne schriftliche Neuregelung auf unbestimmte Zeit verlängert.
Nach der Fusion des Theaters in G. und des Theaters in A. wurde das Arbeitsverhältnis mit Wirkung ab 01.08.1995 auf die beklagte GmbH übertragen (vgl. Ergänzung zum Arbeitsvertrag vom 18.03.1996, Bl. 7 d. A.).
Nach der Fusion der beiden Theater blieben die Landeskapelle A. und das Philharmonische Orchester G. zunächst formell getrennte Einheiten, spielten aber bei Konzerten und Theateraufführungen ab 1995 nach der Aussage des Generalintendanten weitestgehend als einheitliche Formation zusammen.
Im Jahre 1998 wurde dem Mitbewerber Sch im Philharmonischen Orchester G. die Tätigkeit eines Solo-Klarinettisten übertragen.
Im Hinblick auf die beabsichtigte Fusion der beiden Orchester und der Neubesetzung der Funktionsstellen wurde am 30.06.2000 zwischen dem Deutschen Bühnenverein und der Deutschen Orchestervereinigung ein Tarifvertrag für die Musiker des Philharmonischen Orchesters der A.-G GmbH geschlossen. Nach dessen § 1 sollte für die Musiker des Philharmonischen Orchesters der A.-G GmbH (vormals Landeskapelle A. und Philharmonisches Orchester G.) der Tarifvertrag für die Musiker in Kulturorchestern mit den nachfolgend genannten Abweichungen, Ergänzungen und Einschränkungen gelten. Nach § 1 Ziff. 5 sollte § 26 TVK mit folgenden Maßgaben Anwendung finden:
- Verständigen sich die Musiker einer Instrumentengruppe des fusionierten Philharmonischen Orchesters der A.-G. GmbH bis zum 30. Oktober 2000 darauf, wer zukünftig welche nach § 26 zulageberechtigende Tätigkeit in ihrer Instrumentengruppe ausüben soll, werden alle bis zum 30. Oktober 2000 gezahlten Tät...