Entscheidungsstichwort (Thema)
Anerkennung von Beschäftigungszeiten
Leitsatz (amtlich)
Die Fachschule „Edwin Hoernle” war keine mit der Akademie für Staat und Recht vergleichbare Bildungseinrichtung i. S. des § 19 BAT-O
Normenkette
BAT-O § 19
Verfahrensgang
ArbG Erfurt (Urteil vom 12.12.1995; Aktenzeichen 3 Ca 370/94) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Erfurt vom 12.12.1995 – Az.: 3 Ca 370/94 – abgeändert.
Es wird festgestellt, daß der Beklagte verpflichtet ist, die Tätigkeitszeiten der Klägerin vom 01.04.1975 bis zum 14.05.1990 als Beschäftigungszeiten gem. § 19 BAT-O anzuerkennen.
Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Anerkennung von Beschäftigungszeiten.
Die Klägerin war vom 01.04.1975 bis zum 14.05.1990 beim Rat der Stadt E. in der Abteilung Finanzen tätig.
Vom 01.04.1975 bis 31.12.1979 war sie als Kreisbeauftragte für Lohn und Gehalt für die Koordination aller Lohn- und Gehaltsfragen zwischen dem Rat der Stadt E. und der Zentralen Lohn- und Gehaltsstelle zuständig. 1980 wurde sie Leiterin der Innenrevision. Von 1979 bis 1981 absolvierte die Klägerin im sog. Organisierten Selbststudium an der Fachschule für Staatswissenschaft „…” in W. ein Fernstudium und schloß dieses als Staatswissenschaftlerin ab. Vom 01.01.1983 bis Mai 1990 war sie Leiterin des Arbeitsbereichs Steuern und Abgaben, wobei ihr die Anleitung der Stadtbezirke wegen der Gemeindesteuern oblag. Per Überleitungsvertrag vom 03.07.1990 wurde die Klägerin sodann vom Rat der Stadt E. ins Finanzamt I. E. übergeleitet und begann ihre Tätigkeit dort am 01.07.1990 als Abteilungsleiterin Steuern.
Der Beklagte erkannte ursprünglich sämtliche oben aufgelisteten Zeiten als Beschäftigungszeiten nach § 19 BAT-O an und änderte erst mit Bescheid vom 03.09.1993 die Feststellung des Beginns der ununterbrochenen Beschäftigung und setzte sie auf den 15.05.1990 fest. Die Anerkennung der vorherigen Tätigkeitszeiten wurde mit der Begründung abgelehnt, auch Absolventen der Fachschule für Staatswissenschaften in W. unterlägen dem Vermutungstatbestand der persönlichen Systemnähe.
Wegen des beiderseitigen Vortrags der Parteien, wegen der gestellten Anträge und wegen der richterlichen Feststellungen wird gem. § 543 Abs. 1 ZPO auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Erfurt vom 21.11.1995 Bezug genommen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, die Akademie für Staat und Recht und die Fachschule für Staatswissenschaften „…” seien miteinander vergleichbar, weil im wesentlichen die gleichen Fächer gelehrt worden seien, das Ziel der Ausbildung die Vermittlung von Kenntnissen des Marxismus-Leninismus gewesen sei und die Absolventen beider Bildungseinrichtungen aufgrund ihrer Ausbildung dazu berufen gewesen seien, Tätigkeiten im Staatsorganen auszuüben.
Gegen dieses der Klägerin am 08.02.1996 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit Schriftsatz ihres Prozeßbevollmächtigten vom 07.03.1996, der am 08.03.1996 beim Berufungsgericht eingegangen ist, Berufung eingelegt und diese Berufung mit einem am 09.05.1996 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet, nachdem die Berufungsbegründungsfrist nach rechtzeitig beantragter Verlängerung bis zum 09.05.1996 verlängert worden war.
Die Klägerin wendet sich unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags gegen die tragenden Gründe des angefochtenen Urteils, und macht insbesondere geltend, das Arbeitsgericht hätte prüfen müssen, inwieweit zwischen dem von der Klägerin absolvierten Fernstudium sowie hiervon ausgehend der vom Arbeitsgericht unterstellten besonderen persönlichen Systemnähe einerseits und der Übertragung ihrer beruflichen Tätigkeit im Zeitraum vom 01.04.1975 bis 14.05.1990 ein kausaler Zusammenhang bestanden habe. Ihr sei zu keiner Zeit eine berufliche Tätigkeit aufgrund einer besonderen persönlichen Systemnähe übertragen worden, da sie in der Zeit vom 01.04.1975 bis 14.05.1990 ohne Unterbrechung beim Rat der Stadt E. in der Abteilung Finanzen tätig gewesen sei. Auch wenn sich ihr konkreter Aufgabenbereich verschiedentlich verändert habe, könne von der Übertragung einer neuen beruflichen Tätigkeit, die in einem zeitlichen Zusammenhang mit dem Besuch der Fachschule für Staatswissenschaft „…” in W. stünde, keine Rede sein.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Erfurt vom 12.12.1995, Az.: 3 Ca 370/94, abzuändern und festzustellen, daß der Beklagte verpflichtet ist, die Tätigkeitszeiten vom 01.04.1975 bis 14.05.1990 als Beschäftigungszeiten gem. § 19 BAT-O anzuerkennen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt in Auseinandersetzung mit dem Berufungsvortrag und unter vertiefender Wiederholung der erstinstanzlichen Darlegungen die tragenden Gründe der angefochtenen Entscheidung.
Der Beklagte macht insbesondere geltend, die Akademie für ...