Entscheidungsstichwort (Thema)
tarifliches Tagegeld bei Straßenwärtern
Leitsatz (amtlich)
Durch richterliche Regelung nicht schließbare Tariflücke betr. die Zahlung von Pauschal-Tagegeld an im öffentlichen Dienst stehende Straßenwärter
Normenkette
MTArb-O § 38; ThürRKG § 8
Verfahrensgang
ArbG Eisenach (Urteil vom 16.07.1998; Aktenzeichen 5 Ca 952/97) |
Nachgehend
Tenor
Es ergeht folgendes
Urteil:
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Eisenach, Außenkammern Mühlhausen, vom 16.07.1998, 5 Ca 952/97, abgeändert.
2. Die Klage wird als zur Zeit unbegründet abgewiesen.
3. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
4 Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger, der bei der Beklagten bzw. ihren Rechtsvorgängern seit 1979 als Straßenwärter/Streckenwart im Bereich des Straßenbauamtes L. tätig ist, begehrt mit der Klage den Differenzbetrag zwischen dem an ihn als Reisekostenvergütung gezahlten monatlichen Pauschalbetrag von DM 50,00 und dem ihm nach seiner Auffassung tariflich zustehenden monatlichen Pauschalbetrag von DM 230,00 für den Zeitraum von Januar 1997 bis April 1998.
Wegen des erstinstanzlichen Parteivortrages, wegen der gestellten Anträge und wegen der richterlichen Feststellungen, insbesondere wegen der anwendbaren tariflichen und gesetzlichen Regelungen, wird gem. § 543 Abs. 1 ZPO auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.
Das Arbeitsgericht Eisenach – Außenkammern Mühlhausen – hat der Klage mit Urteil vom 16.07.1998 aus den aus den Entscheidungsgründen (Bl. 62–64 d. A.) ersichtlichen Gründen stattgegeben.
Gegen dieses ihrem Prozeßbevollmächtigten am 19.08.1998 zugestellten Urteils hat die Beklagte mit Schriftsatz ihres Prozeßbevollmächtigten vom 11.09.1998, der am 14.09.1998 beim Berufungsgericht einging, Berufung eingelegt und die Berufung mit dem am gleichen Tag eingegangenen Schriftsatz ihres Prozeßbevollmächtigten vom 14.10.1998 begründet.
Die Beklagte vertritt in der Berufungsinstanz in Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Urteil nach wie vor die Rechtsauffassung, daß die tarifliche Verweisung betreffend die Pauschalentschädigung für Abwesenheitszeiten der Straßenbauarbeiter und ähnliche Arbeitnehmer auf die gesetzliche Regelung im Thüringer Reisekostengesetz dazu geführt habe, daß eine Regelungslücke entstanden sei, die von Seiten der Gerichte für Arbeitssachen nicht geschlossen werden könnte, weil insoweit den Tarifvertragsparteien mehrere Lösungsmöglichkeiten offenstünden. Insbesondere weist die Beklagte unter Vertiefung ihrer erstinstanzlichen Darlegungen darauf hin, daß die Rechtsauffassung des Arbeitsgerichts dazu führen würde, daß der Kläger und seine Kollegen weit besser als die vergleichbaren Beamten gestellt wären, wenn sie bei einer regelmäßigen Abwesenheit von 12–14 Stunden statt des Tagegeldes von DM 10,00 ein Tagegeld von DM 46,00 erhalten würden.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Eisenach, Außenkammern Mühlhausen, vom 16.07.1998 – 5 Ca 952/97 – abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt die Ausführungen des Arbeitsgerichts unter Eingehens auf den Berufungsvortrag.
Wegen des Sach- und Streitstandes im übrigen wird auf den vorgetragenen Inhalt der beiderseitigen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung ist zulässig.
Bedenken könnten insoweit nur bestehen, als die Beklagte innerhalb der Berufungsbegründungsfrist keinen ausdrücklichen Berufungsantrag i. S. des § 519 Abs. 3 Ziff. 2 ZPO gestellt hat, aus dem ersichtlich gewesen ist, inwieweit das arbeitsgerichtliche Urteil angefochten wird und welche Abänderung des Urteils beantragt wird. Dies ist aber unschädlich, da aus Berufung und Berufungsbegründung für Gericht und Gegner eindeutig ersichtlich ist, daß die Beklagte das Urteil des Arbeitsgerichts in vollem Umfang angreifen wollte und Ziel der Berufung die Abweisung der Klage ist.
Die Berufung ist auch begründet und führt zur Abänderung der angefochtenen Entscheidung, weil der Kläger zumindest derzeit keinen Anspruch auf Zahlung der begehrten Differenzbeträge hat.
Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts kann der Kläger auf der Grundlage der Verweisung in § 38 MTArb-O nicht den fünffachen Pauschbetrag des vollen Tagegeldes nach der Neufassung von § 8 ThürRKG durch Gesetz vom 16.12.1996 (GVBl. 315) i. V. mit § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 5 S. 2 EStG verlangen.
Denn die Regelung in Nr. 11 Abs. 6 SR 2 a MTArb-O bezieht sich nach ihrem eindeutigen und nicht weiter auslegbaren Wortlaut auf die bis zum 31.12.1996 geltende Reisekostenregelung in § 9 BRKG, denn nur dort ist eine Unterscheidung zwischen mehreren Reisekostenstufen gesetzlich geregelt. Diese tarifliche Regelung paßte seit dem Inkrafttreten des Thüringer Reisekostengesetzes vom 10.03.1994 am 01.04.1994 schon nicht mehr zu ...