Entscheidungsstichwort (Thema)

Anfall von Gerichtskosten bei Erstattungsstreitigkeiten von Sozialhilfeträgern untereinander

 

Orientierungssatz

1. Ein Rechtsbehelf nach § 66 GKG kann nur auf eine Verletzung des Kostenrechts gestützt werden. Nach § 2 Abs. 5 S. 1 GKG sind Verfahrenskosten nicht zu erheben, wenn sie einem von den Kosten Befreiten auferlegt worden sind.

2. Nach § 2 Abs. 3 GKG i. V. m. 3 64 Abs. 3 S. 3 SGB 10 sind u. a. die Träger der Sozialhilfe im sozialgerichtlichen Verfahren von den Gerichtskosten befreit.

3. Aus § 64 Abs. 3 S. 2 SGB 10 i. V. m. § 197a Abs. 3 SGG ergibt sich, dass die Träger der Sozialhilfe von den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit in Erstattungsstreitigkeiten zu Gerichtskosten herangezogen werden können.

4. Für Erstattungsstreitigkeiten zwischen Sozialhilfeträgern besteht kein sachlicher Grund, dass sie gerichtskostenfrei bleiben sollen.

 

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Nordhausen vom 10. Februar 2016 wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt.

 

Gründe

I.

Im Streiten steht die Rechtmäßigkeit des Kostenansatzes für ein sozialgerichtliches Verfahren wegen Kostenerstattung zwischen zwei Trägern der Sozialhilfe.

Im Hauptsacheverfahren (S 15 SO 2591/13) machte der Beschwerdeführer als Sozialhilfeträger gegenüber der Stadt E. in deren Eigenschaft ebenfalls als Trägerin der Sozialhilfe klageweise einen Kostenerstattungsanspruch nach § 98 Abs. 2 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) i.V.m. § 105 SGB XII in Höhe von 31.375,40 Euro geltend. Mit Verfügung vom 18. Oktober 2013 setzte das Sozialgericht den Streitwert vorläufig auf 31.375,40 Euro fest.

Mit Kostenansatz vom 29. Oktober 2013 setzte die Urkundsbeamtin des Sozialgerichts gegenüber dem Beschwerdeführer Gerichtskosten in Höhe von 1.323,00 Euro fest (nach Nr. 7110 KV-GKG die 3-fache Gebühr aus einem Streitwert von 31.375,40 Euro).

Gegen den Kostenansatz hat der Beschwerdeführer am 2. Juli 2015 Erinnerung eingelegt und sich darauf berufen, dass bei einem Erstattungsstreit ausschließlich zwischen Sozialhilfeträgern eine Kostenbefreiung nach § 64 Abs. 3 Satz 2 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) gelte. § 197a Abs. 3 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) wähle die Formulierung “Erstattungsstreitigkeiten mit anderen Trägern„ und beziehe sich damit nicht eindeutig auf Erstattungsstreitigkeiten von Sozialhilfeträgern untereinander. § 197a Abs. 3 SGG sei gegenüber § 64 Abs. 3 Satz 2 SGB X nicht lex specialis. Im Weiteren hat sich der Erinnerungsführer auf eine Entscheidungen des Thüringer Landessozialgerichts (vom 14. April 2015 - L 6 SF 352/15 E) und des Sozialgerichts Mannheim (vom 7. Mai 2013 - S 9 SO 4188/12) berufen.

Mit Beschluss vom 10. Februar 2016 hat das Sozialgericht die Erinnerung zurückgewiesen. Eine Kostenprivilegierung gelte nicht, da § 197a Abs. 3 SGG bei Erstattungsstreitigkeiten der Sozialhilfeträger zur Kostenpflicht nach § 197a SGG führe.

Hiergegen hat der Beschwerdeführer Beschwerde eingelegt und bekräftigt, dass bei Erstattungsstreitigkeiten unter Sozialhilfeträgern Gerichtskostenfreiheit nach § 64 Abs. 3 Satz 2 SGB X gelte. Nach dem Willen des Gesetzgebers sollen Sozialhilfeträger grundsätzlich von Gerichtskosten freigestellt werden, ausnahmsweise nur dann nicht, wenn sie sich bspw. mit einem beitragsfinanzierten Sozialleistungsträger (z.B. Berufsgenossenschaft oder gesetzliche Krankenversicherung) im Streit befindet.

Das Hauptsacheverfahren ist noch nicht endgültig abgeschlossen. Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 14. Juni 2017 das Ruhen des Verfahrens angeordnet. Nach Ablauf von 6 Monaten wurde das Verfahren nach der Aktenordnung ausgetragen. Eine abschließende Streitwert- und Kostengrundentscheidung ist daher noch nicht ergangen.

Der Beschwerdeführer beantragt sinngemäß,

den Beschluss des Sozialgerichts Nordhausen vom 10. Februar 2016 sowie den Kostenansatz vom 29. Oktober 2013 aufzuheben.

Der Beschwerdegegner beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Er ist der Auffassung, dass eine Gerichtskostenfreiheit bei Erstattungsstreitigkeiten grundsätzlich nicht gelte. Gesetzgeberisches Ziel sei gerade gewesen, Sozialhilfeträger bei Erstattungsstreitigkeiten nicht zu privilegieren. Die zitierte Entscheidung des Thüringer Landessozialgerichts habe im Übrigen keine weitere Konsequenz, weil es sich im dortigen Verfahren nicht um eine Erstattungsstreitigkeit gehandelt habe.

Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

Mit Beschluss vom 22. Januar 2018 hat der Berichterstatter das Verfahren dem Senat wegen grundsätzlicher Bedeutung übertragen (§ 66 Abs. 6 Satz 2 des Gerichtskostengesetzes <GKG>).

II.

Die Erinnerung ist zulässig jedoch unbegründet.

Der Beschwerde steht nicht entgegen, dass der Kostenansatz vom 29. Oktober 2013 auf nur vorläufiger Streitwertfestsetzung basiert. Denn auch wenn damit noch keine endgültige Entscheidung über den Streitwert vorlag, waren die Geric...

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