Verfahrensgang
KreisG Erfurt (Beschluss vom 18.05.1993; Aktenzeichen So 5/1 An 791/92) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Beschwerde des beklagten Landes gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Erfurt vom 18. Mai 1993 wird zurückgewiesen.
2. Die Beschwerde zum Bundessozialgericht wird zugelassen.
3. Die Kostenentscheidung bleibt der Hauptsache vorbehalten.
Tatbestand
I. Mit seiner Beschwerde wendet sich das beklagte Land dagegen, daß das Kreisgerichtes Erfurt gemäß § 17 a Abs. 3 GVG beschlossen hat, für die Klage wegen Fortzahlung der Berufsbezogenen Zuwendung (BBZ) bzw. wegen entsprechender Anwartschaften für den Fall von Alter oder Invalidität sei der Sozialrechtsweg zulässig.
Der Kläger ist im Jahre 1944 geboren, bulgarischer Staatsbürger und von Beruf Ballettänzer. Aus seiner letzten Tätigkeit beim Deutschen Nationaltheater Weimar (DNT) schied er im Jahre 1989 aus und bezog vom 1. Januar 1990–31.Dezember 1991 von dort eine BBZ in Höhe von DM 413,50 M bzw DM gemäß der „Anordnung über die Gewährung einer berufsbezogenen Zuwendung an Ballettänzer in staatlichen Einrichtungen der DDR” vom 1. September 1976 i.d.F. der Anordnung vom 1. Juli 1983 (ursprünglich nicht veröffentlicht, jetzt abgedruckt in: Aichberger II, Sozialgesetze, Ergänzungsband, München 1991, Nr. 125 – im folgenden: AO 1983). Mit Ablauf des 31. Dezember 1991 stellte das DNT diese Zahlung ein, worüber der Kläger erst im Februar 1992 von der Beklagten zu 2) mündlich informiert wurde. Zur Zeit verdient der Kläger als Kindertanzlehrer in Teilzeitarbeit monatlich DM 800,– brutto.
Mit der am 23. Dezember 1992 beim Kreisgericht Erfurt eingegangenen Klage macht der Kläger geltend, seine Versuche, bei den Beklagten eine Auskunftserteilung oder auch nur die Durchführung eines Vorverfahrens zu erreichen, seien fehlgeschlagen. Die BBZ habe stets auf einem Verwaltungsakt des Kulturministeriums der DDR beruht, also keine Grundlage im Arbeitsrecht gehabt. Er sei wegen seines Alters aus eigenem Entschluß beim DNT ausgeschieden; die Bewilligung der BBZ sei ihm dabei mündlich von der damaligen Kaderleiterin mitgeteilt worden. Im übrigen ergäben sich Fortbestehen seiner Ansprüche und Anwartschaften sowie die Zuständigkeit der Sozialgerichte aus dem „Gesetz zur Überführung der Ansprüche und Anwartschaften aus Zusatz- und Sonderversorgungssystemen des Beitrittsgebietes” vom 25. Juli 1991 = AAÜG (BGBl. I, S. 1677), Anlage 1, Ziffer 17. Dort sei die BBZ ausdrücklich als überzuleitende Zusatzversorgung genannt.
Vor dem Kreisgericht hat der Kläger schriftsätzlich sinngemäß beantragt: 1. die Beklagten zu 1)–3) zu verurteilen, ihm die BBZ auch über den 31. Dezember 1991 hinaus, nebst 4 % Zinsen ab Fälligkeit, zu zahlen, 2. festzustellen, daß seine Anwartschaft auf eine BBZ aus der AO 1983 gegen die Beklagten zu 1)–3) auch für den Rentenfall wegen Alters oder Invalidität weiterbesteht. Die Beklagten zu 1)–3) haben vor dem Kreisgericht beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte zu 1) hat erwidert, die AO sei keine Bestimmung der gesetzlichen Rentenversicherung gewesen (wie sich auch aus einem – beigefügten – Schreiben des DDR-Ministerrats vom 27. Oktober 1987 ergebe) und sei nach dem Einigungsvertrag auch nur bis zum 31. Dezember 1991 anzuwenden gewesen.
Die Vorschrift des § 33 SGB VI enthalte eine abschließende Aufzählung der Rentenleistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Die BBZ dürfe auch nicht mit den Leistungen der – in die Rentenversicherung zu überführenden – „Zusätzlichen Altersversorgung der Ballettmitglieder in staatlichen Einrichtungen” vom 1. September 1976 verwechselt werden. Es gehe mithin „eher” um arbeitsrechtliche Probleme. – Die Beklagte zu 2) hat vorgetragen, die Stadt Weimar sei zwar Träger des DNT, der Anspruch habe sich aber zu keiner Zeit unmittelbar gegen das Theater gerichtet; das Theater sei nur Auszahlungsstelle gewesen und habe für die BBZ keine eigenen Budgetmittel verwendet. – Das beklagte Land hat nach keinem Gesichtspunkt eine eigene „Haftung” erkennen können.
Durch Beschluß (nach § 17 a Abs. 3 GVG) vom 18. Mai 1993 hat das Kreisgericht den Sozialrechtsweg für zulässig erklärt, da die BBZ eine Leistung der sozialen Sicherheit und nicht eine solche der betrieblichen Altersversorgung sei. Sie decke nicht nur in den Leistungsfällen „Alter” und „Invalidität” typische Risiken der gesetzlichen Rentenversicherung ab, sondern auch im Leistungsfall „Berufsbedingtes Ausscheiden”, ähnlich wie bei der gesetzlichen Bergmannsrente. Auch Leistungszweck (Ausgleich der Lohnminderung), Unerheblichkeit eines Theaterwechsels, Einrichtung durch Gesetz und Fehlen einer Arbeitgeberzusage wiesen auf eine Leistung der sozialen Sicherheit. Im übrigen sei das DNT nur Zahlstelle mit Durchgangskonto gewesen. Ob der Einigungsvertrag die AO zu Recht den Tarifp...