Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen der Übernahme der Kosten eines nach § 109 SGG erstellten Gutachtens auf die Landeskasse

 

Orientierungssatz

1. Die Kostenübernahme eines nach § 109 SGG erstellten Gutachtens auf die Landeskasse kommt nur dann in Betracht, wenn das Gutachten die Sachaufklärung objektiv wesentlich gefördert hat.

2. Bestätigt das nach § 109 SGG eingeholte Gutachten lediglich die Vorgutachten und stellt der Sachverständige keine bisher noch nicht bekannten rechtserheblichen Tatsachen fest, so hat es die Sachaufklärung nicht wesentlich gefördert. Die bloße Feststellung, dass es das bisherige Ergebnis der Beweisaufnahme bestätigt, ist keine wesentliche Förderung der Sachaufklärung.

 

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Altenburg vom 11. April 2013 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Der Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.

 

Gründe

I.

In seinem Verfahren vor dem Sozialgericht Altenburg (Az.: S 14 R 2101/10) begehrte der Beschwerdeführer eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Das Sozialgericht (SG) hat u.a. fachorthopädische Gutachten bei Dr. M. vom 28. Februar 2011 und Dr. K. vom 7. September 2011 eingeholt, nach dem sein Leistungsvermögen für leichte körperliche Arbeiten mehr als sechs Stunden täglich beträgt. In dem auf seinen Antrag nach § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) eingeholten Gutachten vom 29. Oktober 2012 und der ergänzenden Stellungnahme vom 4. Januar 2013 hat Dr. Sp. im Wesentlichen die Diagnosen der Vorgutachter bestätigt und ist zu dem Ergebnis gelangt, dass ein vollschichtiges Leistungsvermögen des Beschwerdeführers für leichte Tätigkeiten bei qualitativen Einschränkungen besteht.

Mit Urteil vom 11. April 2013 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen, weil der Beschwerdeführer nach den übereinstimmenden Feststellungen der Sachverständigen Dr. M., Dr. K. und Dr. Sp. nicht erwerbsgemindert sei. Mit Beschluss vom gleichen Tag hat es den Antrag auf Übernahme der Kosten für das nach § 109 SGG eingeholte Gutachten auf die Staatskasse abgelehnt, weil die Feststellungen des Dr. Sp. keine neuen Erkenntnisse zur Leistungsfähigkeit des Beschwerdeführers erbracht haben. Am 17. Mai 2013 hat der Beschwerdeführer gegen das Urteil Berufung (L 6 R 802/13) sowie am 21. Mai 2013 gegen den Beschluss Beschwerde eingelegt. Er ist der Ansicht, das SG habe sein Urteil ausdrücklich auch auf das Gutachten von Dr. Sp. gestützt, so dass es die Sachaufklärung gefördert habe und die Kosten auf die Staatskasse zu übernehmen seien. Eine andere Ansicht komme nur dann in Betracht, wenn das Gutachten unbrauchbar gewesen wäre.

Im Berufungsverfahren (Az.: L 6 R 802/13) hat der Senat Befundberichte beigezogen. Der Berichterstatter hat den Beschwerdeführer im Erörterungstermin am 9. Dezember 2014 darauf hingewiesen, dass nach dem Ergebnis der vom SG eingeholten Gutachten der Dr. M., Dr. K. und Dr. Sp. sein Leistungsvermögen nicht in rentenberechtigendem Umfang gemindert ist und dies in Übereinstimmung mit den vom Senat beigezogenen Befundberichten steht. Der Beschwerdeführer hat die Berufung darauf zurückgenommen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet; denn die Vorinstanz hat zu Recht die Übernahme der Kosten des nach § 109 SGG eingeholten Gutachtens des Dr. Sp. abgelehnt.

Eine entsprechende Kostenübernahme kommt nur dann in Betracht, wenn das Gutachten die Sachaufklärung objektiv wesentlich gefördert hat (vgl. Senatsbeschluss vom 25. März 2008 - Az.: L 6 B 60/08 R m.w.N.; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 30. Juni 2006 - Az.: L 5 B 3/05 SB SF, nach juris; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, § 109 Rdnr. 16a). Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn der Sachverständige wesentliche, bisher noch nicht bekannte rechtserhebliche Tatsachen feststellt und sich zu deren Bedeutung für den zu entscheidenden Rechtsstreit äußert. Unerheblich ist dagegen, ob der Antrag auf Einholung des Gutachtens aus subjektiv verständlichen Gründen gestellt wurde (vgl. F. Keller in jurisPR-SozR 20/2006 Anm. 6).

Das Gutachten des Dr. Sp. hat die Sachaufklärung nicht wesentlich gefördert. Der Vergleich zu den Vorgutachten zeigt keine wesentlich neuen Tatsachen hinsichtlich der Einschätzung des Leistungsvermögens des Beschwerdeführers auf. Gleiches gilt - obwohl dies nicht erheblich ist - für die gestellten Diagnosen. Übereinstimmend gehen alle vom SG gehörten Sachverständigen von einem Leistungsvermögen von mindestens sechs Stunden täglich aus. Damit bestätigt das von Dr. Sp. eingeholte Gutachten lediglich die Vorgutachter. Aus dem Umstand, dass das SG seine Entscheidung auch auf das Gutachten von Dr. Sp. gestützt hat, ergibt sich nichts anderes. Insbesondere ist das SG gehalten, in seinen Entscheidungsgründen auch auf ein nach § 109 SGG eingeholtes Gutachten einzugehen. Die bloße Feststellung, dass es das bisherige Ergebnis der Beweisaufnahme bestätigt, ist keine wesentliche Förderung d...

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