Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. einstweiliger Rechtsschutz. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung nach rechtswidriger Anordnung des Sofortvollzugs. vertragsärztliche Zulassung. Begründung des Sofortvollzugs nach § 86a Abs 2 Nr 5 SGG
Orientierungssatz
1. Zur Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung einer Klage gegen eine vertragsärztliche Zulassung im Eilverfahren nach vorheriger - rechtswidriger - Anordnung des Sofortvollzugs im Vorverfahren.
2. Eine Anordnung des sofortigen Vollzugs der Zulassung eines Vertragsarztes allein mit der Begründung der Notwendigkeit einer lückenlosen Regelung für die Beteiligten genügt nicht dem Erfordernis eines überwiegend öffentlichem Interesses und/oder eines Interesses eines Beteiligten iSd § 86a Abs 2 Nr 5 SGG.
Tenor
Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Sozialgerichts Gotha vom 22. Dezember 2014 abgeändert und die aufschiebende Wirkung der Klage des Beschwerdeführers vom 16. Dezember 2014 (Az.: S 2 KA 5690/14) gegen die Nummer 2 des Beschlusses vom 5. November 2014 (Zulassung der Beigeladenen zu 8. zur vertragsärztlichen Tätigkeit) wiederhergestellt. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Nummer 1 des Beschlusses (Aufhebung der früheren Zulassung des Beschwerdeführers zur vertragsärztlichen Tätigkeit) wird zurückgewiesen.
Der Beschwerdegegner trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 8. Die übrigen Beigeladenen haben ihre außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen.
Gründe
I. Die Beteiligten streiten in der Hauptsache über die Besetzung eines Vertragsarztsitzes auf dem Fachgebiet der Orthopädie in J.
Der Landesausschuss der Ärzte- und Krankenkassen stellte im Januar 2011 fest, dass im Planungsbereich J. in der Arztgruppe der Orthopäden eine Überversorgung nicht mehr besteht und öffnete mit Beschluss vom 26. Januar 2011 den gesperrten Planungsbereich für eine Zulassung auf dem Gebiet der Orthopädie. Auf die Ausschreibung im Thüringer Ärzteblatt bewarben sich u. a. der Beschwerdeführer und die Beigeladene zu 8.
Mit Beschluss vom 19. April 2011 ließ der Zulassungsausschuss einen weiteren Bewerber zur vertragsärztlichen Tätigkeit zu und lehnte die Anträge auf Zulassung des Beschwerdeführers und der Beigeladenen zu 8. ab. Beide legten gegen diese Entscheidung Widerspruch ein.
Am 10. August 2011 fand eine mündliche Verhandlung vor dem Beschwerdegegner statt. In der Niederschrift vom selben Tag, unterschrieben vom Vorsitzenden des Beschwerdegegners, wird auf Seite 12 u. a. festgehalten: “Herr Dr. T. fragt Herrn Dr. G., wo er die zweijährige regelmäßige orthopädische Tätigkeit absolviert hat. Herr Dr. G. antwortet, dass er diese zweijährige Tätigkeit in Sachsen, in R., nachgewiesen hat„. Dem entspricht eine Auskunft der Landesärztekammer vom 8. November 2012. Hierin verweist die Landesärztekammer auf die “Summe der in der chirurgischen Klinik der F.-Sch.-Universität sowie in der Klinik R. … nachgewiesenen Kenntnisse„.
Der Beschwerdegegner beschloss nach der mündlichen Verhandlung, den Beschwerdeführer zuzulassen und wies das Zulassungsbegehren der Beigeladenen zu 8. zurück.
Nummer 3 des Beschlusses lautete:
“a) Herr Dr. med. H. G., Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, wird gemäß § 95 Abs. 1 SGB V in Vbg. mit § 19 Ärzte-ZV für den Vertragsarztsitz J. zur vertragsärztlichen Tätigkeit zugelassen.
b) Es wird festgestellt, dass das Anstellungsverhältnis im Jobsharing von Herrn Dr. G. in der Berufsausübungsgemeinschaft Dr. med. J. St. und Dipl.-Med. St. G. mit der Aufnahme der Tätigkeit als zugelassener Vertragsarzt in J. endet. Gleichzeitig entfällt ab diesem Zeitpunkt die Leistungsbegrenzung für die Berufsausübungsgemeinschaft.„
Nummer 5 lautete:
“Der Widerspruch von Frau S. R. gegen den Bescheid des Zulassungsausschusses für Ärzte in Thüringen vom 14. Juni 2011 wird zurückgewiesen.„
Der Beschwerdegegner begründete seine Entscheidung mit dem höheren Approbationsalter des Beschwerdeführers und damit, dass dieser Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie sei, sodass er Patienten mit entsprechenden Gesundheitsstörungen mitbehandeln könne. Im Übrigen bezog er sich auf das Votum der Kreisstelle J. der beigeladenen Kassenärztlichen Vereinigung sowie die Stellungnahme der Mehrheit der in J. tätigen Orthopäden.
Am 21. September 2011 wurde der Beschluss ausgefertigt. Die dagegen gerichtete Klage der Beigeladenen zu 8. wies das Sozialgericht Gotha mit Urteil vom 11. Januar 2012 ab. Der Beschwerdeführer habe das ihm zukommende Ermessen ohne Rechtsfehler ausgeübt. In der Begründung führt das Gericht ferner aus, es solle im Interesse einer umfassenden Rechtsfindung nicht unerwähnt bleiben, dass das Gericht den von der Beigeladenen zu 8. seinerzeit geäußerten Zweifeln daran, ob der Beschwerdeführer die nach der Weiterbildungsordnung erforderlichen zwei Jahre orthopädische Tätigkeit tatsächlich verrichtet habe, möglicherweise hätte stärker nachgehen müssen.
Auf die Berufung d...