Entscheidungsstichwort (Thema)

Erstattung von Fahrtkosten eines Verfahrensbeteiligten bei dessen Verpflichtung, persönlich im Termin zu erscheinen

 

Orientierungssatz

1. Nach § 191 SGG werden einem Beteiligten, dessen persönliches Erscheinen zum Termin angeordnet worden ist, auf Antrag bare Auslagen und Zeitverlust wie einem Zeugen vergütet.

2. Wird die Reise zum Ort des Termins von einem anderen als dem in der Ladung bezeichneten angetreten, so werden gemäß § 5 Abs. 5 JVEG Mehrkosten nach billigem Ermessen nur dann ersetzt, wenn der Berechtigte zu diesen Fahrten durch besondere Umstände genötigt war.

3. Hat der Verfahrensbeteiligte dem Gericht vor dem Termin seine Anfahrt von einem anderen als dem in der Ladung benannten Ort nicht mitgeteilt, obwohl er ausdrücklich auf diese Verpflichtung hingewiesen worden ist, so kommt die Erstattung der von dem tatsächlichen Abfahrtsort zum Gericht angefallenen Kosten nicht in Betracht.

 

Tenor

Die Entschädigung der Erinnerungsführerin anlässlich des Erörterungstermins vom 26. Februar 2016 vor dem Thüringer Landessozialgericht wird auf 77,50 Euro festgesetzt.

Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt.

 

Gründe

I.

Die Erinnerungsführerin begehrte im Hauptverfahren einen Zuschuss zu den ungedeckten Kosten der Unterkunft bei Auszubildenden. Als ladungsfähige Anschrift gab sie die Dr.-O.-N.-Straße in G. an. Der Berichterstatter des 7. Senats lud die Erinnerungsführerin und ihre Prozessbevollmächtigte zum Erörterungstermin am 26. Februar 2016 in E.; das persönliche Erscheinen der Erinnerungsführerin wurde angeordnet. In der an die G. Adresse gerichteten Ladung war u.a. folgender Hinweis enthalten: "Falls Sie Ihre Reise zur Verhandlung von einem anderen als dem in Ihrer obigen Anschrift bezeichneten Ort antreten wollen, oder andere Umstände Ihr Erscheinen erheblich verteuern (…) sind Sie verpflichtet, dies unter Angabe des obigen Aktenzeichens sofort mitzuteilen und weitere Nachricht des Gerichts abzuwarten". Nach erfolgtem Erörterungstermin machte die Erinnerungsführerin mit ihrem Antrag auf Erstattung von Fahrtkosten vom 28. Februar 2016 unter anderem Fahrtkosten für eine Zugfahrt von M. bis G. und zurück in Höhe von 58,50 Euro, für die Benutzung der Straßenbahn in E. 5,00 Euro und Fahrtkosten für 230,00 km (57,50 Euro) für G. nach E. und zurück geltend. Unter dem 2. März 2016 teilte ihr die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle mit, Fahrtkosten von M. nach G. könnten mangels vorheriger Mitteilung und Genehmigung nicht berücksichtigt werden. Erstattet würden nur 57,50 Euro für 230,00 Kilometer (G. - E. hin und zurück) zu je 0,25 Euro.

Am 31. März 2016 hat die Erinnerungsführerin einen Antrag auf richterliche Festsetzung gestellt und angegeben, dass sie sich seit Oktober 2015 in einer Ausbildung in M. befinde. M. sei damit ihr Lebendmittelpunkt, während G. nur zu Besuchen der Eltern genutzt werden würde. Aus diesem Grunde seien ihre Kosten für die Zugverbindung von M. nach G. und zurück in Höhe von 58,50 Euro ebenfalls zu erstatten. Ihre Eltern hätten ihr telefonisch nur den Verhandlungstermin mitgeteilt, die Ladung selbst hätte sie erst einen Tag vor dem Verhandlungstag gelesen. Dann aber sei die Zeit zu kurz gewesen, um eine entsprechende Genehmigung des zuständigen Richters zu erwirken. Am Verhandlungstag selbst sei sie zu aufgeregt gewesen, einen entsprechenden Antrag vor Beginn der Verhandlung zu stellen. Sie sei im Übrigen bereits am 25. Februar 2016 mit dem Zug nach G. gereist, weil es ihr aufgrund der Zugverbindungen sonst nicht möglich gewesen wäre, am 26. Februar 2016 pünktlich zum Gerichtstermin zu erscheinen. Von G. sei sie mit einem PKW nach E. gefahren und habe diesen auf einen öffentlichen Parkplatz in E. abgestellt und sei sodann mit der Straßenbahn zum Gerichtsgebäude gefahren. Hätte man ihr im Vorfeld gesagt, dass ihr persönliches Erscheinen nicht erforderlich gewesen wäre, hätte sie sich die angefallenen Kosten ersparen können. Sie lasse sich nicht vorwerfen, sie wolle sich auf Kosten der Staatskasse bereichern.

Die Erinnerungsführerin beantragt sinngemäß,

die Entschädigung für die Teilnahme am Erörterungstermin vom 26. Februar 2016 auf 136,00 Euro festzusetzen.

Der Erinnerungsgegner beantragt,

die Entschädigung für die Teilnahme am Erörterungstermin vom 26. Februar 2016 auf 77,50 Euro festzusetzen.

Die von der Erinnerungsführerin begehrte Kostenerstattung für die Zugverbindung komme nicht in Betracht, weil diese ihrer Mitteilungspflicht nicht nachgekommen sei. Die Mehrkosten seien auch nicht aufgrund billigen Ermessens zu erstatten, weil aufgrund der Fahrkarte darauf zu schließen sei, dass diese für eine Familienheimfahrt genutzt worden sei (hin 25. Februar 2016 und zurück 28. Februar 2016).

Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hat der Erinnerung nicht abgeholfen und sie dem Senat zugeleitet.

Auf Anfrage des Berichterstatters hat der für das damalige Hauptsacheverfahren zuständige Berichterstatter des 7. Senats unter dem 12. April 2018 angegeben, er könne n...

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