Entscheidungsstichwort (Thema)

Vergütung eines medizinischen Sachverständigengutachtens

 

Orientierungssatz

1. Bei der Höhe der Vergütung für ein Sachverständigengutachten ist davon auszugehen, welcher Zeitaufwand eines Sachverständigen mit durchschnittlicher Befähigung und Erfahrung bei sachgemäßer Auftragserledigung mit durchschnittlicher Arbeitsintensität erforderlich ist, vgl. BGH Beschluss, vom 16 Dezember 2003 - XZR 206/98.

2. Dabei sind die Besonderheiten des Einzelfalles zu beachten, um den Arbeitsaufwand des Sachverständigen angemessen zu vergüten.

3. Hat der Sachverständige in seiner Kostenrechnung die Vorgeschichte nicht ausdrücklich aufgeführt, diese aber im Rahmen des Gutachtens geschildert, dann ist sie zu vergüten. Im Kostenfestsetzungsverfahren ist die Qualität des Gutachtens nicht zu bewerten. Ist das Gutachten unvollständig, darf es das Gericht nicht akzeptieren, sondern muss von Amts wegen auf dessen Ergänzung beharren.

 

Tenor

Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Sozialgerichts Gotha vom 1. Dezember 2011 aufgehoben und die Vergütung des Beschwerdeführers für das Gutachten vom 15. März 2011 auf 1.152,04 Euro festgesetzt. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen. Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt.

 

Gründe

I.

In dem Klageverfahren H. Kliniken GmbH./. IKK Thüringen (Az.: S 38 KR 1927/09) beauftragte die Vorsitzende der 38. Kammer des Sozialgerichts Gotha mit Beweisanordnung vom 26. Januar 2011 Dr. P H mit der Erstellung eines Sachverständigengutachtens nach Aktenlage unter Verwertung der vorliegenden Gutachten und Befundberichte zu folgenden Fragen: 1. Welche Erkrankungen lagen bei der Versicherten R. K. vor? 2. Welche Behandlungsmaßnahmen wurden während des stationären Aufenthalts vom 19.05.2004 - 02.06.2004 durchgeführt? 3. Welche Diagnosen waren zu stellen gewesen? 4. Welche Kodierung für Diagnosen und Prozeduren konnten in Ansatz gebracht werden? 5. Welche DRG musste im Behandlungsfall K. zur Abrechnung kommen?

Die Beweisanordnung konnte Dr. H. nicht zugestellt werden. Daraufhin ernannte das Sozialgericht mit Beweisanordnung vom 15. Februar 2011 den Beschwerdeführer - Arzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, Chirotherapie und Rehabilitationswesen - zum Sachverständigen; im Übrigen bleibe der Inhalt der bisherigen Beweisanordnung maßgeblich.

Der Beschwerdeführer fertigte unter dem 15. März 2011 sein Gutachten auf insgesamt 17 Blatt. In seiner Kostenrechnung vom 29. März 2011 machte er insgesamt 1.329,91 Euro geltend (18 Stunden Zeitaufwand (4 Stunden Aktenstudium. 6 Stunden Diktat, 8 Stunden Ausarbeitung) zu einem Stundensatz von 60,00 Euro (Honorargruppe M2), Schreibauslagen 17,80 Euro, Kopierkosten 17,00 Euro, Portoauslagen 3,30 Euro, Mehrwertsteuer 211,81 Euro). Bezüglich der Einzelheiten wird auf Blatt 1 f. des Kostenhefts verwiesen. Mit Verfügung vom 15. April 2011 kürzte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle (UKB) die Vergütung auf 687,94 Euro. Die Entschädigung errechne sich bei einem objektiv notwendigen Zeitaufwand von (aufgerundet) 9 Stunden (4 Stunden Aktendurchsicht, 3 Stunden Diktat, 1,7 Stunden Beurteilung) auf 540,00 Euro. Zusätzlich zu erstatten seien "alle weiteren Kosten wie beantragt".

Am 30. Mai 2011 hat der Beschwerdegegner die richterliche Festsetzung beantragt und vorgetragen, die Gutachtenserstellung habe sich sehr zeitaufwändig gestaltet. Er bitte um vollständige Bezahlung seiner Rechnung.

Ohne den Beschwerdegegner zu beteiligen hat das Sozialgericht mit Beschluss vom 12. Dezember 2011 die Entschädigung für das erstattete Gutachten auf 687,94 Euro festgesetzt und zur Begründung auf den "Bescheid" der UKB verwiesen. Der geltend gemachte höhere Schwierigkeitsgrad und Zeitaufwand seien nicht nachvollziehbar. Das Gutachten bestehe im Wesentlichen aus einer Wiedergabe der Aktenlage. Die Beantwortung der Fragen des Gerichts seien "eher knapp" und die wesentliche Frage 6 "ohne ausführliche Begründung zu knapp" beantwortet worden.

Gegen den am 19. Dezember 2011 zugestellten Beschluss hat der Beschwerdeführer am 30. Dezember 2011 Beschwerde eingelegt. Dessen Begründung sei formal und inhaltlich falsch und nicht plausibel. Die vorgegebene Begründung, sein Gutachten bestehe im Wesentlichen aus einer Wiedergabe des Akteninhalts, sei grotesk. Letztendlich liefere ja erst die Analyse des Akteninhalts die Begründung in der Beantwortung der Fragen.

Der Beschwerdeführer beantragt sinngemäß,

den Beschluss des Sozialgerichts Gotha vom 12. Dezember 2011 aufzuheben und die Vergütung für das Gutachten vom 15. März 2011 auf 1.329,91 Euro festzusetzen.

Der Beschwerdegegner hat keinen Antrag gestellt und sich zur Sache nicht geäußert.

Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen (Verfügung vom 19. Januar 2012) und die Akten dem Thüringer Landessozialgericht vorgelegt

II.

Die Beschwerde gegen einen im Erinnerungsverfahren ergangenen Beschluss ist nach § 4 Abs. 3 des Gesetzes über die Vergütung von Sachverständigen, Dolmetscherinnen, Dolmetschern, Übersetzerinnen un...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?