Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Beitreibung von Gerichtskosten. Unzulässigkeit einer Klauselerinnerung. Verschuldenskosten. Staatskasse als alleiniger Kostengläubiger
Leitsatz (amtlich)
1. Die Klauselerinnerung kommt im Rahmen der Vollstreckung von Gerichtskosten nicht in Betracht.
2. Gerichtskosten iS von § 1 Abs 1 Nr 4 JBeitrO sind alle Kosten, die von Justizbehörden des Bundes oder der Länder einzuziehen sind, also auch Verschuldenskosten (vgl LSG Erfurt vom 17.3.2014 - L 6 SF 333/14 E; LSG Chemnitz vom 21.7.2014 - L 7 AS 1168/13).
3. Nach der Neuregelung in § 192 SGG (idF des 6. SGGÄndG ab 2.1.2002) kann nur noch die Staatskasse Kostengläubiger von Verschuldenskosten sein.
Orientierungssatz
Eine Auferlegung von Verschuldenskosten kommt nur in gerichtskostenfreien Verfahren in Betracht (vgl § 197a Abs 1 S 1 Halbs 2 SGG).
Tenor
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Meiningen vom 24. November 2014 wird zurückgewiesen.
Der Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.
Gründe
I.
In den beiden Hauptsacheverfahren wandte sich die Beschwerdeführerin gegen die Beitragsbescheide der Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gaststätten in Höhe von jeweils 50,00 Euro für die Jahre 2010 und 2011 (S 9 U 2965/11, S 9 U 905/12). In der Sitzung am 13. Mai 2013 erließ das SG Meiningen in beiden Verfahren Urteile mit folgendem Tenor: “Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Der Klägerin werden Mutwillenskosten in Höhe von 250,- € auferlegt.„ Die Klägerin und Beschwerdeführerin legte dagegen kein Rechtsmittel ein.
Auf die Zahlungsaufforderungen der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle (UdG) vom 30. Juli 2013 teilte der Prozessbevollmächtigte der Beschwerdeführerin mit, diese werde die “Mutwilligkeitskosten„ nicht zahlen. Die Kostenentscheidungen seien insoweit zu unbestimmt und nicht vollstreckbar. Bekanntlich komme als Gläubigerin der “Mutwilligkeitskosten„ nicht nur die Staatskasse, sondern auch die Beklagtenseite in Betracht. Die Titel genügten nicht den Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung, weil dort der Gläubiger bezeichnet werden müsse. Bei einer Vollstreckung werde er der Beschwerdeführerin empfehlen, gerichtlichen Vollstreckungsschutz in Anspruch zu nehmen.
Am 14. November 2011 bescheinigte die … dem Finanzamt P. die Vollstreckbarkeit der Forderungen und ersuchte um Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen der Beschwerdeführerin. Unter dem 11. März 2014 übersandte dieses der Beschwerdeführerin eine Zahlungsaufforderung über 555,00 Euro (“Ordnungsgeld des Sozialgerichts Meiningen„ 515,00 Euro, Vollstreckungskosten 40,00 Euro).
Dagegen hat der Prozessbevollmächtigte der Beschwerdeführerin “Erinnerung gemäß § 732 ZPO„ eingelegt und beantragt, die Zwangsvollstreckung bis zum Erlass eines rechtskräftigen Beschlusses einstweilig einzustellen und ihr hinsichtlich der Zwangsvollstreckung aus dem Urteil S 9 U 905/12 Prozesskostenhilfe zu gewähren. Nach einhelliger Auffassung (Herget in Zöller, 28. Auflage, § 767 Rdnr. 7; BGH, Urteil vom 5. Dezember 2003 - V ZR 341/02) sei die Klauselerinnerung der richtige Rechtsbehelf, soweit sich die Einwendungen darauf begrenzten, dass der Vollstreckungstitel den Vollstreckungsgläubiger nicht erkennen lasse. Das SG habe dem Gläubiger eine Vollstreckungsklausel erteilt, da dieser die Zwangsvollstreckung eingeleitet habe. Den Urteilen könne aber nicht eindeutig entnommen werden, wer Gläubiger der Mutwillenskosten sei. Es komme auch ein anderer Beteiligter - die Beklagte - in Betracht, wenn ihr die zu zahlenden Pauschgebühren zugesprochen würden. Dies sei in § 192 SGG a.F. eindeutig geregelt gewesen. Bei der Neufassung der Vorschrift sei ein abändernder Wille des Gesetzgebers nicht erkennbar. Damit handle es sich bei den Verschuldenskosten nicht um Gerichtskosten.
Der Beschwerdegegner hat vorgetragen, für Vollstreckung und Beitreibung sei nach § 6 Abs. 1 der Justizbeitreibungsordnung (JBeitrO) keine Vollstreckungsklausel erforderlich. Damit sei die Klauselerinnerung nach § 732 ZPO unzulässig.
Mit Beschluss vom 24. November 2014 hat das SG Meiningen die Erinnerung und den Antrag auf Prozesskostenhilfe zurückgewiesen. § 732 ZPO sei nicht einschlägig. Die Klauselerinnerung komme in Betracht, wenn die Vollstreckungsklausel formelle Fehler aufweise, was bei den Ausfertigungen der Urteile nicht der Fall sei. Deren vollstreckungsfähiger Inhalt sei erkennbar. Kostengläubiger sei nach § 38 des Gerichtskostengesetzes (GKG) der Staat. Zu berücksichtigen sei, dass eine Vollstreckung nach § 200 SGG vorliege und eine Klausel nach § 169, 171 VwGO nicht erforderlich sei. Die Erinnerung sei als Erinnerung gegen den Kostenansatz nach § 8 Abs. 1 S. 1 JBeitrO i.V.m. § 66 Abs. 1 S. 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG) auszulegen. Die Verschuldenskosten seien wie Gerichtskosten zu behandeln und beizutreiben (vgl. Thüringer LSG, Beschluss vom 17. März 2014 - L 6 SF 333/14 E). Die Erinnerung sei erfolglos, we...