Entscheidungsstichwort (Thema)

Ablehnung eines Richters wegen der Besorgnis der Befangenheit

 

Orientierungssatz

1. Die Ablehnung eines Richters wegen der Besorgnis der Befangenheit setzt voraus, dass ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen.

2. Das prozessuale Verhalten eines Richters kann eine Besorgnis der Befangenheit nur dann begründen, wenn es einer ausreichenden gesetzlichen Grundlage entbehrt und es sich so sehr vom üblichen Verfahren entfernt, dass sich für den Betroffenen der Eindruck einer sachwidrigen, auf Voreingenommenheit beruhenden Benachteiligung aufdrängt.

3. Liegt hinsichtlich der Gewährung von PKH zwischen der letzten relevanten Tätigkeit des Richters und dem Gesuch auf Befangenheit ein Zeitraum von  dreieinhalb Monaten und wurde der Richter innerhalb dieser Zeit lediglich einmal erinnert, so ist die Besorgnis der Befangenheit allenfalls bei Vorliegen eines besonderen Eilfalles begründet.

 

Normenkette

ZPO § 42 Abs. 2; SGG § 60 Abs. 1 S. 1

 

Tenor

Das Gesuch der Klägerin vom 12. September 2014, Richter am Landessozialgericht Sch. wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, ist unbegründet.

 

Gründe

I.

Zwischen den Beteiligten ist in der Hauptsache (Az.: L 6 R 1379/11) streitig, ob die Klägerin Anspruch auf Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit ab 1. Dezember 2005 hat.

Gegen das abweisende Urteil des Sozialgerichts Meiningen vom 11. Mai 2011 hatte die Klägerin durch die ... Rechtsanwaltskanzlei am 15. August 2011 Berufung eingelegt. Am 28. Februar 2013 haben ihre jetzigen Prozessbevollmächtigten dem Senat mitgeteilt, dass die Klägerin nunmehr von ihnen vertreten werde, am 7. Februar 2014 Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung von Rechtsanwalt S. beantragt und am 22. Mai 2014 ein Bestätigungsschreiben vom 17. Januar 2011 über den Austritt der Klägerin beim vorgelegt.

Mit Schriftsatz vom 11. September 2014 haben die Prozessbevollmächtigten der Klägerin den zuständigen Berichterstatter des 6. Senats Richter am Landessozialgericht (RLSG) Sch. wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Sie hätten am 6. Februar, 3. April, 20. Mai und 9. Juli 2014 PKH beantragt, über die bisher noch nicht entschieden sei. Im PKH-Verfahren gelte ein Beschleunigungsverbot. Werde ein entsprechende Gesuch nicht bearbeitet, ergebe sich hieraus die Besorgnis der Befangenheit (vgl. Zöller, ZPO, § 118 Rdnr. 13). Es sei der Klägerin nicht zumutbar, ein halbes Dutzend Mal Anträge auf PKH zu stellen, über die ein Gericht mit hoheitsvollem Schweigen hinweg gehe.

Der Senat hat eine dienstliche Äußerung des abgelehnten Richters vom 15. September 2014 eingeholt, nach der er sich nicht befangen fühlt.

II.

Die Ablehnung von RLSG Sch. ist unbegründet. Es liegt kein Grund vor, der geeignet wäre, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Richters zu rechtfertigen

Nach § 60 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) in Verbindung mit § 42 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) setzt die Ablehnung eines Richters wegen Besorgnis der Befangenheit voraus, dass ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Nach der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung kommt es nicht darauf an, ob der Richter tatsächlich befangen ist, sondern darauf, ob ein am Verfahren Beteiligter bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass hat, an der Voreingenommenheit und objektiven Einstellung des Richters zu zweifeln (vgl. BSG in SozR 1500 § 60 Nr. 3). Eine subjektive Besorgnis, für die vernünftigerweise kein Grund ersichtlich ist, reicht dagegen nicht aus.

Hier sind keine hinreichend objektiven Gründe vorgetragen oder ersichtlich, an der Unparteilichkeit von RLSG Sch. zu zweifeln. Das prozessuale Verhalten eines Richters kann eine Besorgnis der Befangenheit nur begründen, wenn es einer ausreichenden gesetzlichen Grundlage entbehrt und sich so sehr vom normalerweise üblichen Verfahren entfernt, dass sich für den betroffenen der Eindruck einer sachwidrigen, auf Voreingenommenheit beruhenden Benachteiligung aufdrängt, z.B. bei grober Verletzung von Verfahrensgrundrechten oder von Richteramtspflichten (vgl. Vollkommer in Zöller, ZPO, 30. Auflage 2014, Rdnr. 24 m.w.N.). Grundsätzlich ist über die Bewilligung der beantragten PKH alsbald zu entscheiden. Das hat der abgelehnte RLSG Sch. bisher zwar nicht getan und auch nicht zu erkennen gegeben, dass er die Beibringung weiterer Unterlagen für erforderlich hält. Allerdings liegt die behauptete "außerordentlich langdauernde Nichtbearbeitung" des Antrags nicht vor. Tatsächlich hatte sich die Beklagte mit Schriftsatz vom 10. Februar 2014 wegen der Mitgliedschaft der Klägerin beim. gegen die PKH- Gewährung gewandt. Deren Prozessbevollmächtigte hatten daraufhin am 4. April 2014 repliziert und am 22. Mai 2014 das Bestätigungsschreiben des ... vom 17. Januar 2011 eingereicht. Danach lagen hinsichtlich der Gewährung von PKH zwischen der letzten relevanten Tätigkeit des Richters und dem Gesuch auf Befangenheit ca. ...

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