Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulässiger Rechtsweg für eine Feststellungsklage über das Nichtbestehen geltend gemachter Sozialversicherungsbeiträge
Orientierungssatz
1. Handelt es sich bei dem Streitgegenstand um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit in Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung, so ist der Rechtsweg zu den Sozialgerichten nach § 51 Abs. 1 Nr. 2 SGG eröffnet. Maßgeblich ist, wie sich das Rechtsverhältnis nach dem Vorbringen des Klägers objektiv darstellt.
2. Bestreitet der Kläger als Arbeitgeber, über dessen Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet ist, die von der Einzugsstelle des Krankenversicherungsträgers geltend gemachten Sozialversicherungsbeiträge insgesamt, so steht die sich aus dem Sozialversicherungsrecht ergebende Forderung im Streit. Für eine solche Klage ist nach § 51 Abs. 1 Nr. 2 SGG der Rechtsweg zu den Sozialgerichten eröffnet. Ist der beschrittene Rechtsweg zulässig, so kann das Gericht dies nach § 17 a Abs. 3 S. 1 GVG vorab aussprechen.
Tenor
Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Sozialgerichts Gotha vom 22. März 2012 aufgehoben und der Rechtsweg zu den Sozialgerichten für zulässig erklärt.
Die Beklagte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Der Streitwert wird auf 240,45 € festgesetzt.
Die weitere Beschwerde zum Bundessozialgericht wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten darüber, ob für die am 26. August 2011 beim Sozialgericht Gotha erhobene Klage der Rechtsweg zu den Sozialgerichten eröffnet ist.
Der Kläger war Arbeitgeber von zwei Mitgliedern der Beklagten. Über sein Vermögen hat das Amtsgericht Meiningen (Az.: IN 113/11) das Insolvenzverfahren eröffnet. Im Rahmen des Insolvenzverfahrens meldete die Beklagte mit Schreiben vom 6. Mai 2011 eine Forderung aus Sozialversicherungsbeiträgen, Umlagen nach dem Aufwendungsausgleichgesetz sowie für das Insolvenzgeld und darauf entfallende Säumniszuschläge im Hinblick auf ihre Mitglieder in Höhe von 1.202,24 € zur Insolvenztabelle an. Sie teilte mit, dass von den geschuldeten Gesamtsozialversicherungsbeiträgen und Umlagen Forderungen in Höhe von insgesamt 579,86 € ihren Forderungsgrund in einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung hätten. Im Prüftermin vom 27. Juli 2011 vor dem Amtsgericht Meiningen widersprach der Kläger der gesamten Forderung der Beklagten.
Mit seiner am 26. August 2011 beim Sozialgericht Gotha eingegangenen Klage begehrt der Kläger, seinen Widerspruch hinsichtlich der angemeldeten Forderung der Beklagten über 1.202,24 € für begründet zu erklären und hilfsweise festzustellen, dass die durch Schreiben vom 6. Mai 2011 angemeldete Forderung der Beklagten gegen den Kläger in Höhe eines Teilbetrages von 579,86 € nicht aus dem Rechtsgrund einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung besteht.
Das Sozialgericht Gotha hat sich mit Beschluss vom 22. März 2012 für unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Amtsgericht Meiningen verwiesen. Für die Feststellung des Rechtsgrundes der unerlaubten Handlung sei der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten eröffnet. Grund und Höhe der abzuführenden Gesamtversicherungsbeiträge seien als Vorfrage zu prüfen. Hieran ändere sich nichts, selbst wenn der geltend gemachte Feststellungsanspruch mit der Beantwortung der Vorfrage stehe und falle. Für die Zuständigkeit der Zivilgerichte spreche auch der Gesichtspunkt der Einheit der Rechtsordnung, da eine zugesprochene oder abgelehnte Feststellung des Schuldgrundes der unerlaubten Handlung den zur Tabelle angemeldeten öffentlich-rechtlichen Anspruch auf Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen völlig unberührt lasse.
Mit seiner am 10. Mai 2012 beim Sozialgericht Gotha eingegangenen Beschwerde wendet sich der Kläger gegen die Verweisung. Es gehe vorliegend auch um Grund und Höhe der Gesamtsozialversicherungsbeiträge und nicht nur um die Feststellung des Rechtsgrundes einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung. Der geltend gemachte Anspruch sei seinem Kern nach dem Sozialrecht zuzuordnen; daher sei der Rechtsweg zu den Sozialgerichten eröffnet.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde nach § 17a Abs. 4 Satz 3 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) ist zulässig und begründet. Das Sozialgericht hat den Rechtstreit zu Unrecht an die ordentlichen Gerichte, hier das Amtsgericht Meiningen, verwiesen.
Ist der beschrittene Rechtsweg unzulässig, spricht das Gericht dies nach Anhörung der Parteien von Amts wegen aus und verweist den Rechtsstreit zugleich an das zuständige Gericht des zulässigen Rechtsweges (§ 17a Abs. 2 Satz 1 GVG). Ist der beschrittene Rechtsweg zulässig, kann das Gericht dies vorab aussprechen (§ 17a Abs. 3 Satz 1 GVG).
Die Voraussetzungen für eine Verweisung an die ordentlichen Gerichte liegen nicht vor, denn der durch den Kläger beschrittene Rechtsweg zu den Sozialgerichten ist nach § 51 Abs. 1 Nr. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) eröffnet. Es handelt sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit in Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung.