Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsanwaltsvergütung. mehrere Hauptsacheverfahren. dieselbe Angelegenheit. eigenständige Prüfung im Kostenfestsetzungsverfahren bei bewilligter Prozesskostenhilfe

 

Orientierungssatz

1. Auch bei Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist eine Prüfung im Kostenfestsetzungsverfahren nach § 55 RVG, ob mehrere Hauptsacheverfahren als dieselbe Angelegenheit im Sinne des § 15 Abs 2 S 1 RVG anzusehen sind, nicht ausgeschlossen.

2. Der Senat folgt nicht der Ansicht, wonach im Kostenfestsetzungsverfahren aufgrund der Vorschriften der Zivilprozessordnung (juris: ZPO) kein Raum mehr für eine eigenständige Überprüfung in dem Sinne ist, ob die Rechtsverfolgung kostengünstiger in einem statt in mehreren Verfahren hätte erfolgen müssen.

3. Daraus, dass das Prozessgericht nicht von der Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, Prozesskostenhilfe wegen mutwilliger Aufspaltung des Verfahrens in zwei Verfahren zu versagen, kann bereits deshalb keine Bindung im Festsetzungsverfahren hergeleitet werden, weil § 15 Abs 2 RVG ausdrücklich bestimmt, dass der Rechtsanwalt die Gebühren in derselben Angelegenheit nur einmal fordern kann.

 

Tenor

Der Beschluss des Sozialgerichts Nordhausen vom 23. August 2017 wird in Ziffer 1 wie folgt neu gefasst:

Auf die Erinnerungen werden die Vergütungsfestsetzungsbeschlüsse vom 27. Juni 2014 abgeändert. Die in den Verfahren S 14 AS 6362/11 und S 14 AS 6396/11 aus der Staatskasse zu erstattenden Gebühren und Auslagen werden auf insgesamt 760,22 Euro festgesetzt.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten über die Höhe der aus der Staatskasse zu erstattenden Rechtsanwaltsvergütung für zwei beim Sozialgericht Nordhausen anhängig gewesene Verfahren, in denen der Beschwerdeführer die Kläger vertrat.

Im Hauptsacheverfahren S 14 AS 6362/11 begehrten die Kläger die Gewährung von Akteneinsicht in die Leistungsakte des Beklagten und wandten sich gegen den Überprüfungsbescheid vom 8. April 2011, mit welchem die Kläger unter Abänderung von bestandskräftig gewordenen Bewilligungsbescheiden vom 4. Juni bzw. 4. August 2008 höhere Leistungen für den Zeitraum 1. Juli bis 31. Dezember 2008 begehrten. Streitgegenstand des Hauptsacheverfahrens S 14 AS 9396/11 war die Gewährung von Akteneinsicht in die Leistungsakte des Beklagten und der Überprüfungsbescheid vom 8. April 2011, der einen Erstattungsbescheid vom 10. Februar 2009 zum Gegenstand hatte, mit welchem für den Monat Dezember 2008 die Bewilligung von Leistungen teilweise in Höhe von 127,32 Euro aufgehoben worden war.

Das Sozialgericht gewährte den Klägern mit Beschlüssen jeweils vom 17. Februar 2012 in beiden Verfahren Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung unter Beiordnung des Beschwerdeführers. Auf Antrag des Beschwerdeführers wurde in beiden Verfahren jeweils ein Vorschuss in Höhe von 234,19 Euro gezahlt.

In den Verfahren fand am 4. Juli 2013 jeweils ein Erörterungstermin und am 20. März 2014 ein gemeinsamer Erörterungstermin statt. Der Beklagte erkannte für die Monate August bis November 2008 weitere monatliche Beträge in Höhe von 84,00 Euro (insgesamt 336,00 Euro) an und reduzierte die Erstattungsforderung aus dem Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 10. Februar 2009. Der Prozessbevollmächtigte der Kläger nahm die Anerkenntnisse in beiden Verfahren an und die Beteiligten erklärten beide Rechtsstreite für erledigt. Mit Beschluss vom 9. Mai 2014 verpflichtete das Sozialgericht in beiden Verfahren die Beklagte jeweils zur Erstattung der Hälfte der notwendigen außergerichtlichen Kosten der Kläger.

Am 30. April 2014 beantragte der Beschwerdeführer in beiden Verfahren jeweils die Festsetzung folgender Gebühren:

Verfahrensgebühr (Nr. 3103 VV-RVG)

204,00 EUR

Gebührenerhöhung (Nr. 1008 VV-RVG)

61,20 EUR

Terminsgebühr (Nr. 3106 VV-RVG)

300,00 EUR

Erledigungsgebühr (Nr. 1006, 1005 VV-RVG)

190,00 EUR

Fahrtkosten und Abwesenheitsgeld (Nr. 7003, 7005 VV-RVG)

3,52 EUR

Fahrtkosten und Abwesenheitsgeld (Nr. 7003, 7005 VV-RVG)

4,32 EUR

Post-/Telekommunikationspauschale (Nr. 7002 VV-RVG)

20,00 EUR

Zwischensumme

783,04 EUR

Umsatzsteuer (Nr. 7008 VV-RVG)

148,78 EUR

Gesamtbetrag

931,82 EUR

abzüglich Vorschuss

- 234,19 EUR

Gesamtbetrag

697,63 EUR

Mit Kostenfestsetzungsbeschlüssen (richtig Vergütungsfestsetzungsbeschlüssen) vom 27. Juni 2014 setzte der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle (UdG) die zu zahlende Vergütung aus der Staatskasse in beiden Hauptsacheverfahren jeweils wie folgt fest:

Verfahrensgebühr (Nr. 3103 VV-RVG)

136,00 EUR

Gebührenerhöhung (Nr. 1008 VV-RVG)

40,80 EUR

Terminsgebühr(Nr. 3106 VV-RVG)

200,00 EUR

Fahrtkosten und Abwesenheitsgeld (Nr. 7003, 7005 VV-RVG)

7,84 EUR

Post-/Telekommunikationspauschale (Nr. 7002 VV-RVG)

20,00 EUR

Umsatzsteuer (Nr. 7008 VV-RVG)

76,88 EUR

Gesamtbetrag

481,22 EUR

abzüglich Vorschuss

- 234,19 EUR

Gesamtbetrag

247,33 EUR

Gegen die Kostenfestsetzungsbeschlüsse hat der Beschwerdeführer am 11. November 2014 Erinneru...

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