Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen zur Zuerkennung der Höchstgebühr für die Verfahrensgebühr

 

Orientierungssatz

1. Die Höchstgebühr für die Verfahrensgebühr kommt nur dann in Betracht, wenn entweder alle Umstände, vor allem der Umfang und die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit und die Bedeutung der Angelegenheit für diese Erhöhung sprechen oder bestimmte Umstände, wie z. B. die Schwierigkeit so erheblich sind, dass diese alle anderen Gesichtspunkte überwiegen.

2. Entsprechend ausreichende Anhaltspunkte sind dann nicht ersichtlich, wenn einer überdurchschnittlichen Bedeutung für den Auftraggeber, einer überdurchschnittlichen Schwierigkeit, einem überdurchschnittlichen Umfang der anwaltlichen Tätigkeit unterdurchschnittliche Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers und ein fehlendes Haftungsrisiko des Rechtsanwalts gegenüberstehen.

 

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Altenburg vom 9. Januar 2012 wird zurückgewiesen. Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt.

 

Gründe

Die Beschwerde gegen die Festsetzung der Rechtsanwaltsgebühren ist nach §§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 3 S. 1 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) statthaft (ständige Senatsrechtsprechung, vgl. u.a. Beschlüsse vom 15. März 2011 - Az.: L 6 SF 975/10 B und 25 Oktober 2010 - Az.: L 6 SF 652/10 B) und zulässig. Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt 200,00 Euro.

Die Beschwerde ist unbegründet.

Nach § 3 Abs. 1 S. 1 RVG entstehen in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen das Gerichtskostengesetz (GKG) nicht anzuwenden ist, Betragsrahmengebühren, die dem im Wege der Prozesskostenhilfe (PKH) beigeordneten Rechtsanwalt aus der Landeskasse zu erstatten sind (§ 45 Abs. 1 RVG). Der Antragsteller des Eilverfahrens Az.: L 7 AS 82/07 ER), dem der 7. Senat des Thüringer Landessozialgerichts mit Beschluss vom 10. Mai 2007 PKH gewährt hatte, war kostenprivilegierter Beteiligter i.S.d. § 183 S. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG); damit scheidet die Anwendung des GKG aus (§ 197a Abs. 1 S. 1 SGG). Die Höhe der Vergütung errechnet sich nach dem Vergütungsverzeichnis (VV) der Anlage 1 zum RVG. Die Höhe der Rahmengebühr bestimmt nach § 14 Abs. 1 RVG der Rechtsanwalt im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen (Satz 1); bei Rahmengebühren ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen (Satz 3). Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist (Satz 4), wobei ihm nach allgemeiner Meinung ein Spielraum (sogenannte Toleranzgrenze) von 20 v.H. zusteht (vgl. BSG, Urteil vom 1. Juli 2009 - Az.: B 4 AS 21/09 R m.w.N., nach juris; Senatsbeschlüsse vom 17. Dezember 2010 - Az.: L 6 SF 808/10 B, 26. November 2008 - Az.: L 6 B 130/08 SF, 19. Juni 2007 - Az.: L 6 B 80/07 SF, 14. März 2001 - Az.: L 6 B 3/01 SF; Mayer in Gerold/Schmidt, RVG, 19. Auflage 2010, § 14 Rdnr. 12). Unbilligkeit liegt vor, wenn der Rechtsanwalt die Kriterien des § 14 Abs. 1 S. 1 RVG unter Beachtung des Beurteilungsspielraums objektiv nicht hinreichend beachtet (vgl. Senatsbeschluss vom 17. Dezember 2010 - Az.: L 6 SF 808/10 B; LSG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 12. September 2006 - Az.: L 1 B 320/05 SF SK, nach juris); dann erfolgt eine Festsetzung nur in Höhe der angemessenen Gebühren.

Einschlägige Verfahrensgebühr für ein Beschwerdeverfahren im einstweiligen Rechtsschutz vor dem Landessozialgericht ist Nr. 3501 VV-RVG (ständige Senatsrechtsprechung, vgl. u.a. Beschlüsse vom 3. April 2012 - Az.: L 6 SF 229/12 B, 29. März 2012 - Az.: L 6 SF 1983/11 B, 14. März 2012 - Az.: L 6 SF 86/12 B, 15. März 2011 - Az.: L 6 SF 975/10 B; ebenso LSG Nordrhein-Westfalen, Beschlüsse vom 3. August 2011 - Az.: L 7 AS 681/11 B und 5. Mai 2008 - Az.: L 20 B 139/07 SO; Hessisches LSG, Beschluss vom 5. April 2011 - Az.: L 2 SF 205/10 E, nach juris); eine speziellere Regelung enthält das Gesetz nicht (vgl. Senatsbeschluss vom 15. März 2011 - Az.: L 6 SF 975/10 B). Weitere Ausführungen erübrigen sich, da dem Beschwerdeführer diese Rechtsprechung aus anderen Beschwerdeverfahren hinlänglich bekannt ist und er lediglich seine dem Senat bekannte gegenteilige Ansicht wiederholt.

Eine höhere als die von der Vorinstanz zuerkannte (erhöhte) Gebühr in Höhe von 100,00 Euro kommt nicht in Betracht. Insoweit wird auf deren Ausführungen verwiesen. Die von dem Beschwerdeführer geforderte Höchstgebühr kommt nur dann in Betracht, wenn entweder alle Umstände für diese Erhöhung sprechen oder bestimmte Umstände (z.B. die Schwierigkeit) so erheblich sind, dass sie alle anderen Gesichtspunkte überwiegen. Hierfür sind keine ausreichenden Anhaltspunkte ersichtlich. Nachvollziehbar weist die Vorinstanz auf die überdurchschnittliche Bedeutung für den Auftraggeber, die überdurc...

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