Entscheidungsstichwort (Thema)

Instanzielle Zuständigkeit des Gerichts nach erhobener Restitutionsklage

 

Orientierungssatz

1. Bei sachlicher Unzuständigkeit des angegangenen Gerichts ist der Rechtsstreit nach Anhörung gemäß § 98 SGG i. V. m. § 17 a Abs. 2 S. 1 GVG an das zuständige Gericht zu verweisen. Dies gilt ebenso bei nicht gegebener funktionaler, d. h. instanzieller Zuständigkeit. Anderenfalls wäre den Beteiligten der gesetzliche Richter entzogen.

2. Bei einer nach § 179 Abs. 1 SGG erhobenen Restitutionsklage ist das Berufungsgericht nur dann zuständig, wenn es das angegriffene Urteil erlassen und dabei sachlich entschieden hat. Danach ist das Sozialgericht instanziell zuständig, wenn das LSG durch Beschluss entschieden und die Berufung als unzulässig verworfen hat. In einem solchen Fall hat es sachlich gerade nicht entschieden.

 

Tenor

Der Rechtsstreit wird zur Entscheidung an das funktionell zuständige Sozialgericht Gotha verwiesen.

 

Gründe

Das Landessozialgericht (LSG) ist funktionell unzuständig.

Nach § 98 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 17a Abs. 2 S. 1 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) ist bei sachlicher Unzuständigkeit der Rechtsstreit nach Anhörung an das zuständige Gericht zu verweisen. Diese Vorschriften sind jedenfalls entsprechend auch bei nicht gegebener funktionaler (instanzieller) Zuständigkeit anzuwenden (LSG NRW vom 16.3.2010 - L 7 AS 191/10 KL; LSG Berlin-Brandenburg vom 15.3.2006 - B 1 B 77/06 KR ER; LSG NRW vom 30.1.2009 - L 16 AR 4/08; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG., 9. Aufl. 2008, § 98 Rn. 2 m.w.N.). Ansonsten würde in Fällen wie dem vorliegenden den Beteiligten der gemäß Art. 101 Grundgesetz (GG) garantierte gesetzliche Richter entzogen.

Das Begehren des Klägers war als Restitutionsklage nach § 179 Abs. 1 SGG auszulegen. Hiernach kann ein rechtskräftig beendetes Verfahren entsprechend den Vorschriften des Vierten Buches der ZPO wieder aufgenommen werden.

Das Berufungsgericht (LSG) ist allerdings nur zuständig, wenn es das angegriffene Urteil erlassen hat und dabei sachlich entschieden hat. Dies gilt also dann nicht mit der Folge, dass das Sozialgericht instanziell zuständig ist, wenn das LSG, wie hier geschehen, durch Beschluss (vom 8. Juni 2005 - L 3 AL 277/05) entschieden und die Berufung als unzulässig verworfen (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG., 9. Aufl. 2008, § 179 Rz. 8 2 m.w.N) und somit gerade sachlich nicht entschieden hat.

Die Beteiligten sind vor der beabsichtigten Verweisung angehört worden.

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 98 S. 2 SGG i.V.m. § 17a Abs. 2 S. 1 GVG; § 177 SGG).

 

Fundstellen

Dokument-Index HI2984264

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge