Leitsatz (amtlich)

1. Die Begrenzung des Fahrtkostenersatzes nach § 5 Abs 2 S 1 Nr 1 JVEG auf die kürzeste Strecke ergibt sich aus der im gesamten Kostenrecht geltenden Kostenminimierungspflicht (vgl LSG Erfurt, Beschlüsse vom 27.9.2005 - L 6 SF 408/05 und vom 12.2.2003 - L 6 B 19/02 SF).

2. Dem Antragsteller obliegt im Zweifel die Beweisführung, dass er das ladende Gericht darauf hingewiesen hat, er trete die Fahrt von einem anderen als in der Ladung bezeichneten Ort an.

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Beschwerdeführers wird der Beschluss des Sozialgerichts Altenburg vom 16. September 2005 dergestalt abgeändert, dass die Entschädigung des Beschwerdeführers anlässlich der Zeugenvernehmung vor dem Sozialgericht Altenburg am 22. September 2004 auf 7,50 Euro festgesetzt wird.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Der Beschluss ist unanfechtbar.

 

Gründe

I.

Der Beschwerdeführer ist von Beruf Kraftfahrer und war im September 2004 in Altenburg wohnhaft. Nach einem von ihm eingereichten Schreiben der T. vom 24. März 2004 arbeitete er vom 24. März 2004 bis zum 23. September 2004 bei dieser Gesellschaft in Rovereto/Italien. Nach seinen Angaben im Erörterungstermin am 23. Januar 2006 wurde diese Gesellschaft aus Altersgründen früher geschlossen; deshalb habe er ab 15. September 2004 bei der M. K. OHG, E., gearbeitet, die auch Fahrzeuge in Bozen und in Rovereto habe.

Mit Verfügung vom 23. Oktober 2003 befragte der Vorsitzende der 16. Kammer des Sozialgerichts Altenburg den Beschwerdeführer im Verfahren Az.: S 16 AL 1553/02 schriftlich als Zeugen. Dieser antwortete – nach mehreren Erinnerungen – am 4. Mai 2004. Mit Verfügung vom 17. Juni 2004 lud ihn der Kammervorsitzende zur Sitzung am 14. Juli 2004 und verlegte diesen Termin antragsgemäß mit Verfügung vom 16. August 2004 auf den 22. September 2004, 11:00 Uhr. In beiden Ladungen, die an die Altenburger Adresse des Beschwerdeführers zugestellt wurden, ist folgender Satz enthalten: „Falls Sie die Reise zur Vernehmung von einem anderen als dem in Ihrer obigen Anschrift bezeichneten Ort antreten wollen, oder andere besondere Umstände Ihr Erscheinen zum Termin erheblich verteuern würden ≪z.B. Transport mit einem Kranken- oder Mietwagen oder Begleitperson≫, sind Sie verpflichtet, dies unter Angabe des obigen Aktenzeichens sofort mitzuteilen und weitere Nachricht des Gerichts abzuwarten“.

Nach der Niederschrift begann die Sitzung am 22. September 2004 um 11:40 Uhr. Der Beschwerdeführer wurde als Zeuge vernommen und um 12:08 Uhr entlassen. Am gleichen Tage reichte er einen Antrag auf Erstattung von Fahrtkosten ein, in dem er die Erstattung von 572,50 Euro geltend machte (Fahrtkosten von Rovereto/Italien nach Altenburg und zurück ≪1.690 km≫, Verdienstausfall für zwei Tage ≪100,00 Euro≫, Aufwand/Zehrkosten ≪50,00 Euro≫). Als Beleg legte er u.a. das o.g. Schreiben der T. vom 24. März 2004 vor.

Unter dem 4. Oktober 2004 lehnte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle die Erstattung ab. Fahrtkosten seien nicht zu zahlen, weil der Beschwerdeführer das Gericht nicht umgehend informiert habe, dass er von einem anderen als dem Wohnort anreise. Der Verdienstausfall sei durch die vorgelegten Unterlagen nicht belegt. Eine Aufwandsentschädigung komme am Wohnort nicht in Betracht.

Dagegen hat sich der Beschwerdeführer gewandt und vorgetragen, ihm sei „mehrfach auch unter Zeugen“ mitgeteilt worden, er müsse zur Sitzung erscheinen, „egal von wo er anreise“. Am 19. November 2004 hat er angegeben, die Zeugin A. habe zwei Tage vor dem Ladungstermin mit dem „Amtsgericht Altenburg“ telefoniert. Ihr sei gesagt worden, er müsse erscheinen. Dies sei ihm selbst auch mehrfach vor dem ersten Termin telefonisch durchgegeben worden. Auf Anfrage des Sozialgerichts hat er unter dem 7. Februar 2005 angegeben, sein Arbeitsverhältnis in Italien bestehe noch. Die Zeugin A. habe selbst dem „Amtsgericht“ mitgeteilt, er werde aus Italien anfahren. Beigefügt waren dem Schriftsatz zwei Lohnbescheinigungen (T. für September 2004 und K. M. OHG für Oktober 2004).

Auf Anfrage des Kammervorsitzenden haben die Mitarbeiter des Sozialgerichts K., T., S., N., F., H. und Kl. in dienstlichen Äußerungen angegeben, keine entsprechenden Telefonate geführt zu haben. Gleiches hat die Direktorin des Amtsgerichts Altenburg für ihre Mitarbeiter mitgeteilt.

Mit Beschluss vom 16. September 2005 hat das Sozialgericht die Entschädigung des Antragstellers auf 0,00 Euro festgesetzt und ausgeführt, die Anreise aus Italien sei weder zwingend erforderlich noch durch das Gericht genehmigt gewesen. Es sei nicht erwiesen, dass die Zeugin A. die behauptete Auskunft des Gerichts erhalten habe. Das vorgetragene Telefonat des Beschwerdeführers habe nicht vor dem eigentlichen Verhandlungstermin stattgefunden und sei auch von den Mitarbeitern des Sozialgerichts nicht bestätigt worden. Anhaltspunkte dafür, dass er durch besondere Umstände genötigt gewesen sei, aus Italien anzufahren, seien nicht ersichtlich. Ein Anspruch auf Verdienstausfall und eine Aufwandsent...

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