Entscheidungsstichwort (Thema)

einstweilige Anordnung. keine Zulässigkeit und Begründetheit bei bestandkräftigem Bescheid. Rechtsschutzbedürfnis. Bekanntgabe eines Verwaltungsakts. Grundsicherung für Arbeitsuchende. Bewilligung von Sachleistungen für die Wohnungserstausstattung

 

Orientierungssatz

1. Maßgebend für die Beurteilung der Zulässigkeit und Begründetheit eines Eilantrags iS des § 86b Abs 2 SGG sind die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, bei einer Beschwerde der Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung. Die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung sind nicht mehr gegeben, wenn der über einen Leistungsantrag entscheidende Bescheid nach § 77 SGG bindend geworden ist.

2. Das Rechtsschutzbedürfnis für den Erlass einer einstweiligen Anordnung fehlt, wenn das mit dem Antrag verfolgte Ziel auf andere, offensichtlich einfachere und näher liegende Weise erreicht werden kann und damit die Inanspruchnahme des Gerichts nicht geboten ist. Ausnahmsweise kann dann etwas anderes gelten, wenn die Behörde klar zu erkennen gibt, dass sie den Antrag mit hoher Wahrscheinlichkeit ablehnen wird, bei ihrer Ankündigung, sie werde über den Antrag erst nach längerer Zeit entscheiden oder bei einer ungebührlich langen Bearbeitungszeit (vgl LSG Erfurt vom 9.9.2008 - L 9 B 40/06 AS und LSG Erfurt vom 19.2.2002 - L 6 KR 992/02 ER).

3. § 37 Abs 1 S 2 SGB 10 eröffnet der Behörde - abweichend von § 13 Abs 3 S 1 SGB 10 - die Möglichkeit, trotz Bestellung eines Bevollmächtigten, den Verwaltungsakt dem Beteiligten selbst bekannt zu geben (vgl LSG Essen vom 13.7.2007 - L 20 B 16/07 AS).

4. Es ist nicht zu beanstanden, wenn ein Grundsicherungsträger einem Arbeitsuchenden, der einen nicht unerheblichen Alkoholmissbrauch betreibt, im Hinblick auf § 23 Abs 2 SGB 2 Leistungen für die Erstausstattung einer Wohnung gem § 23 Abs 3 S 5 SGB 2 nur in Form von Sachleistungen erbringt.

 

Tenor

Die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Gotha vom 9. Mai 2008 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Der Beschluss ist unanfechtbar.

 

Gründe

I .

Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Eilverfahrens über die Leistungshöhe für die Erstausstattung einer Wohnung und Bekleidung.

Der im Jahre 1964 geborene Beschwerdeführer steht seit Januar 2005 mit Unterbrechungen durch Krankheit und Inhaftierung im Bezug von Leistungen zur Grundsicherung nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).

Kurz vor dem Auslaufen von Sozialhilfe nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) wegen vormals ungeklärter Erwerbsfähigkeit beantragte er mit Wirkung zum 1. März 2008 erneut Leistungen zur Grundsicherung nach dem SGB II. Hierbei teilte er mit, dass er keine Wohnung habe und derzeit bei einer Bekannten - Frau S. - lebe. Mit Bescheid vom 3. März 2008 bewilligte die Beschwerdegegnerin - trotz fortbestehender Zweifel hinsichtlich der Erwerbsfähigkeit - Leistungen zur Grundsicherung in Höhe von 347,00 Euro monatlich für die Zeit vom 1. März bis 31. August 2008.

Anlässlich einer Vorsprache des Beschwerdeführers am 5. März 2008 erteilte sie die Zustimmung zum Bezug einer Wohnung in der T.straße in E. Bei diesem Gespräch erfuhr sie davon, dass der ehemalige Vermieter des Beschwerdeführers, dessen gesamten Möbel aus der Wohnung verbracht und entsorgt haben soll. Insoweit wolle der Beschwerdeführer Schadensersatzforderungen einklagen.

Unter dem 18. April 2008 hat er den Erlass einer einstweiligen Anordnung beim Sozialgericht Gotha beantragt. In der Folge hat er mehrfach - teils im alkoholisierten Zustand - bei der Beschwerdegegnerin vorgesprochen und auch die sofortige Auszahlung von Bargeld gefordert. Die Beschwerdegegnerin hat zur Prüfung des Ausstattungsbedarfs am 24. April 2008 die Wohnung in der T.straße aufgesucht. Mit Beschluss vom 9. Mai 2008 hat das Sozialgericht Gotha den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Er sei bereits unzulässig. Der Beschwerdeführer habe kein Rechtsschutzbedürfnis für den Erlass einer einstweiligen Anordnung. Die Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes sei nicht geboten.

Mit der Beschwerde verfolgt der Beschwerdeführer sein Begehren weiter. Er ist der Auffassung, zumindest in dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung sei auch der Antrag auf Bewilligung einer Erstausstattung zu sehen. Über diesen Antrag habe die Beschwerdegegnerin nicht zeitnah entschieden. Der zwischenzeitlich ergangene Bescheid sei in sich widersprüchlich. Einerseits habe die Beschwerdegegnerin Sachleistungen bewilligt. Andererseits soll er die Einrichtungsgegenstände aber in einem Möbelhaus kaufen. Im Übrigen habe er nach den Richtlinien ein Anspruch auf einen pauschalen Leistungssatz in Höhe von 1.700,00 Euro für die Wohnungserstausstattung und in Höhe von 500, 00 Euro für die Erstausstattung an Bekleidung.

Der Beschwerdeführer beantragt sinngemäß,

den Beschluss des Sozialgerichts Gotha vom 9. Mai 2008 aufzuheben und die Beschwerdegegnerin im Wege...

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