Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufhebung der Arbeitslosengeldbewilligung. Leistungsgruppenzuordnung. Lohnsteuerklassenwechsel. Verletzung der Mitteilungspflicht. grobe Fahrlässigkeit. sozialrechtlicher Herstellungsanspruch
Orientierungssatz
1. Zu Frage des Vorliegens von grober Fahrlässigkeit iS von § 45 Abs 2 S 3 Nr 2 und 3 SGB 10, wenn der Arbeitslose bei Stellung des Arbeitslosengeldantrages im Dezember auf die Frage hin, welche Lohnsteuerklasse zu Jahresbeginn auf der Lohnsteuerkarte eingetragen ist, nicht die Lohnsteuerklasse angibt, die für das Jahr (Folgejahr) des Arbeitslosengeldbezuges gilt, sondern die für das Jahr der Antragstellung.
2. Ein sozialrechtlichen Herstellungsanspruch scheidet mangels Lohnsteuerklassenwechsel auch in den Fällen aus, in denen ein Lohnsteuerklassenwechsel allein deshalb zu verneinen ist, weil der Arbeitslose gerade am 31. Dezember aus dem Beschäftigungsverhältnis ausgeschieden ist und anlässlich seines Ausscheidens die Steuerklasse zum 1. Januar "wechselt".
Nachgehend
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld für die Zeit vom 1. Januar 2001 bis 31. Januar 2002 und die Erstattung eines Betrages in Höhe von ursprünglich 7.801,21 Euro.
Der ... 1942 geborene Kläger war zuletzt vom 11. November 1991 bis zum 31. Dezember 2000 als Bauleiter beschäftigt. Bereits am 24. Oktober 2000 meldete sich der Kläger arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld. Den ausgefüllten Antrag gab er am 27. Dezember 2000 bei der Beklagten ab. Die Frage nach der zu Jahresbeginn auf seiner Lohnsteuerkarte eingetragenen Lohnsteuerklasse beantwortete er mit "Drei". Ferner verneinte er die Frage, ob die Eintragung im Laufe des Jahres geändert worden sei. Im Jahre 2000 war in der Lohnsteuerkarte des Klägers die Lohnsteuerklasse "Drei" eingetragen. In der am 20. September 2000 ausgestellten Lohnsteuerkarte für das Jahr 2001 war ebenfalls die Lohnsteuerklasse "Drei" eingetragen. Am 21. November 2000 wechselte der Kläger für die Zeit ab 1. Januar 2001 in die Lohnsteuerklasse "Fünf".
Mit Bescheid vom 22. Januar 2001 bewilligte die Beklagte dem Kläger ab 1. Januar 2001 für eine Anspruchsdauer von 960 Tagen nach einem Bemessungsentgelt von 1.660,00 DM und der Leistungsgruppe C Arbeitslosengeld in Höhe von 642,46 DM wöchentlich. Mit Bescheid vom 28. Januar 2002 bewilligte die Beklagte dem Kläger ab 1. Januar 2002 Arbeitslosengeld nach einem Bemessungsentgelt von 860,00 Euro und der Leistungsgruppe C in Höhe von 331,45 Euro wöchentlich.
Am 3. Januar 2002 legte der Kläger die Lohnsteuerkarte für 2002 mit einer Veränderungsmitteilung vor und machte auf einen Lohnsteuerklassenwechsel aufmerksam. Nach der am 20. September 2001 ausgestellten Lohnsteuerkarte des Klägers für 2002 war zu Beginn des Jahres die Lohnsteuerklasse "Fünf" eingetragen. Am 20. Dezember 2001 wechselte er für die Zeit ab 1. Januar 2002 in die Lohnsteuerklasse "Vier".
Im Rahmen einer Überprüfung der Zweckmäßigkeit des Lohnsteuerklassenwechsels fiel der Beklagten auf, dass zu Beginn des Jahres 2002 die Lohnsteuerklasse "Fünf" eingetragen war. Unter dem 4. Februar 2002 teilte sie dem Kläger mit, dass die Eintragungen überprüft werden müssten. Darauf hin legte der Kläger die Lohnsteuerkarte für das Jahr 2001 vor. Die Beklagte stellte unter Berücksichtigung der Lohnsteuerklasse "Fünf" für das Jahr 2001 eine Überzahlung an Arbeitslosengeld in Höhe von 14.052,50 DM (7.184,93 Euro) und für den Januar 2002 eine Überzahlung in Höhe von 616,28 Euro fest und hörte den Kläger hierzu an.
Der Kläger ließ sich dahingehend ein, dass er zum Zeitpunkt der Antragstellung in die Lohnsteuerklasse "Drei" eingestuft gewesen sei. Bei der Abholung der Steuerkarte im Januar 2001 bei der Stadtverwaltung Gehren sei auf Empfehlung auf Grund seiner Arbeitslosigkeit die Steuerklasse auf "Fünf" geändert worden.
Mit Bescheid vom 16. Juli 2002 hob die Beklagte die Entscheidung über die Bewilligung von Arbeitslosengeld ab 1. Januar 2001 teilweise auf und forderte von dem Kläger für den Zeitraum vom 1. Januar 2001 bis 31. Januar 2002 die Erstattung überzahlten Arbeitslosengeldes in Höhe von insgesamt 7.801,21 Euro.
Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein.
Mit Schreiben vom 9. Oktober 2002 hörte die Beklagte den Kläger im Rahmen des Widerspruchsverfahrens erneut an. Mit Widerspruchsbescheid vom 8. Januar 2003 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Rechtsgrundlage für die Rücknahme der Entscheidung über die Bewilligung des Arbeitslosengeldes in dem Zeitraum vom 1. Januar 2001 bis 31. Januar 2002 sei § 45 Abs. 2. des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X). Der Kläger könne sich insbesondere nicht auf Vertrauensschutz berufen. Der überzahlte Betrag in Höhe von 7.801,21 Euro sei zu erstatten.
Mit Urteil vom 18. November 2003 hat das Sozialgericht die vom Kläger hiergegen am 3. Februar 2003 eingelegte Klage abgewiesen. Der Kläger könne sich nicht auf Vertrauensschutz beru...