Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Krankenhausvergütung. medizinische Notwendigkeit der Verlegung eines Patienten in ein anderes Krankenhaus. keine Vergütungsvoraussetzung
Orientierungssatz
1. Die maßgeblichen Abrechnungsbestimmungen geben eindeutig vor, dass bei Verlegungen jedes Krankenhaus eine eigenständige Fallpauschale abzurechnen hat. Dies wird von weiteren Voraussetzungen, insbesondere der Frage der medizinischen Notwendigkeit einer Verlegung, nicht abhängig gemacht.
2. Zu den Schadensersatzansprüchen bei Entstehung von Mehrkosten durch Verlegung eines Patienten in ein anderes Krankenhaus ohne medizinische Notwendigkeit.
3. Auch im Rahmen der Bestimmungen des Vertrages nach § 112 Abs 2 S 1 SGB 5 kommt es bei der Verlegung eines Patienten in ein anderes Krankenhaus nicht auf die medizinische Notwendigkeit an. Es genügt eine medizinische Zweckmäßigkeit.
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Altenburg vom 21. September 2018 wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten sind die Höhe der Vergütung einer stationären Krankenhausbehandlung im Zeitraum vom 16. bis zum 18. Mai 2017 sowie die Zahlung einer Aufwandspauschale in Höhe von 300,00 Euro streitig.
Die Klägerin betreibt als Körperschaft des öffentlichen Rechts ein Krankenhaus, das als Hochschulklinik nach § 108 Nr. 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) anerkannt ist. Im streitgegenständlichen Zeitraum behandelte sie die im Juni 1948 geborene und bei der Beklagten krankenversicherte U (im Folgenden: Versicherte) notfallmäßig stationär wegen eines subakuten Myokardinfarktes der Hinterwand bei koronarer Drei-Gefäß-Erkrankung. Die Versicherte war zuvor in einem wohnortnahen Krankenhaus stationär behandelt und am 16. Mai 2017 in das Krankenhaus der Klägerin verlegt worden. Nach Abschluss der dortigen Behandlung wurde die Versicherte am 18. Mai 2017 in das wohnortnahe Krankenhaus zurückverlegt, wo sie noch bis zum 26. Mai 2017 stationär weiterbehandelt wurde.
Die Klägerin stellte der Beklagten am 6. Juni 2017 insgesamt 4.319,55 Euro (vor Abzug der gesetzlichen Zuzahlung der Versicherten) in Rechnung, ausgehend von der Fallpauschale (German Diagnosis Related Group Version 2017 (G-DRG)) F24B (Perkutane Koronarangioplastie mit komplexer Diagnose und hochkomplexer Intervention oder mit bestimmten Rekanalisationsverfahren, Alter ) 15 Jahre, ohne äußerst schwere CC) und abzüglich eines Verlegungsabschlages in Höhe von 1.657,48 Euro. Das wohnortnahe Krankenhaus berechnete für den stationären Aufenthalt der Versicherten insgesamt 2.806,57 Euro.
Die Beklagte bezahlte zunächst die Rechnung der Klägerin, bat jedoch mit Schreiben vom 17. Juni 2017 den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Thüringen e.V. (MDK - jetzt Medizinischer Dienst Thüringen/MD) um Prüfung der Kodierung sowie der medizinischen Notwendigkeit der Verlegung. Der MDK kam in seiner Stellungnahme vom 9. Dezember 2017 zum Ergebnis, die Verlegung sei medizinisch nicht notwendig gewesen, denn die Behandlung der Versicherten hätte im Krankenhaus der Klägerin weitergeführt werden können.
Am 14. Dezember 2017 stellte die Klägerin der Beklagten für das durchgeführte Prüfverfahren eine Aufwandspauschale in Höhe von 300,00 Euro mit Fälligkeit am 28. Dezember 2017 in Rechnung. Die Beklagte teilte der Klägerin daraufhin mit Schreiben vom 22. Dezember 2017 mit, ein Anspruch auf Erstattung der Aufwandspauschale bestehe nicht, weil die Verlegung medizinisch nicht notwendig gewesen sei. Sie, die Klägerin, sei nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) verpflichtet, das Wirtschaftlichkeitsgebot einzuhalten, welches auch im Bereich des Leistungserbringerrechts gelte. Wäre die Versicherte lediglich im Krankenhaus der Klägerin behandelt worden, hätten dafür insgesamt 5.998,36 EUR in Rechnung gestellt werden können. Der Differenzbetrag zwischen diesem Betrag und der Summe der bisherigen Abrechnungen in Höhe von 1.147,76 Euro werde daher mit einer unstrittigen Rechnung aufgerechnet, sollte die Klägerin ihrerseits keine Rückzahlung veranlassen. Am 2. Februar 2018 verrechnete die Beklagte 1.147,76 Euro mit anderen unstreitigen Forderungen der Klägerin.
Am 30. April 2018 hat die Klägerin vor dem Sozialgericht Altenburg (SG) Klage auf Zahlung von 1.147,76 Euro zuzüglich 300,00 Euro Aufwandspauschale nebst Zinsen erhoben. Zur Begründung hat sie geltend gemacht, auch bei einer medizinisch nicht notwendigen Verlegung könnten sowohl das verlegende als auch das aufnehmende Krankenhaus nach der eindeutigen Regelung in § 1 Abs. 1 Satz 2 der Vereinbarung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser für das Jahr 2017 (Fallpauschalenvereinbarung 2017 (FPV 2017)) eine eigene Fallpauschale abrechnen. Davon sei jedoch nach § 3 Abs. 1 FPV 2017 bei einer Verlegung vor Erreichen der mittleren Verweilda...