Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialrechtliches Verwaltungsverfahren. Erstattung von Kosten im Vorverfahren. Verjährungsfrist von 4 Jahren. notwendige Aufwendungen. Rechtsanwaltsvergütung. keine Geltendmachung von Ansprüchen durch den Bevollmächtigten. Einrede der Verjährung
Orientierungssatz
1. Für die Verjährung des Kostenerstattungsanspruchs aus § 63 SGB 10 gilt eine vierjährige Verjährungsfrist.
2. Macht der Bevollmächtigte des Widerspruchsführers gegenüber diesem unmittelbar keine Gebührenansprüche geltend, sind keine Aufwendungen iS des § 63 Abs 1 SGB 10 entstanden.
3. Einem Kostenerstattungsanspruch nach § 63 SGB 10 kann die Behörde entgegenhalten, dass der zugrunde liegende Vergütungsanspruch des Bevollmächtigten verjährt ist. Dies gilt auch dann, wenn der Widerspruchsführer die Einrede der Verjährung nicht erhoben hat.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Nordhausen vom 16. Januar 2017 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Verpflichtung des Beklagten zur Erstattung der Kosten eines Widerspruchsverfahrens.
Die Kläger standen im laufenden Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) bei dem Beklagten.
Mit Änderungsbescheid vom 22. Oktober 2008 bewilligte der Beklagte den Klägern Leistungen nach dem SGB II für den Monat Juli 2008. Hiergegen erhoben die anwaltlich vertretenen Kläger unter dem 24. November 2008 Widerspruch, der keinerlei Begründung enthielt. Da in dem angefochtenen Änderungsbescheid nicht die tatsächlichen Heizkosten berücksichtigt worden waren, erließ der Beklagte unter dem 08. April 2009 einen weiteren Änderungsbescheid für Juli 2008, wobei insgesamt für die Bedarfsgemeinschaft ein Betrag von 35,28 € mehr bewilligt wurde. Der Beklagte verpflichtete sich mit Bescheid vom 09. April 2009, den Klägern ihre notwendigen außergerichtlichen Kosten für das Widerspruchsverfahren zu erstatten.
Mit Schriftsatz vom 28. Dezember 2013 beantragte der Kläger beim Beklagten auf der Grundlage der Kostenentscheidung die Kostenfestsetzung für das Widerspruchsverfahren. Im Einzelnen wurden die folgenden Gebühren nebst Verzinsung in Ansatz gebracht:
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Geschäftsgebühr, Nr. 2400 VV RVG |
240,00 € |
Erhöhungsgebühr 2. -3. Auftraggeber |
144,00 € |
Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG |
20,00 € |
Nettobetrag |
404,00 € |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG |
76,76 € |
Endsumme |
480,76 € |
Beigefügt war dem Schriftsatz eine auf den 31. Dezember 2009 datierende an den Kläger zu 1) gerichtete Gebührenabrechnung.
Die Kläger teilten dem Beklagten auf dessen Anfrage mit, dass sie diesbezüglich keine Zahlungen geleistet hätten und übersandten die Kostennote vom 31. Dezember 2013 mit Anschreiben ihres Rechtsanwalts vom 28. Dezember 2013 (Bl. 917 Verwaltungsakte).
Mit Bescheid vom 28. Juli 2014 setzte der Beklagte die zu erstattenden Kosten auf 0,00 € fest. Die im Widerspruchsverfahren entstandenen notwendigen Aufwendungen seien nicht erstattungsfähig. Der Anspruch scheitere daran, dass die Kläger nicht mehr verpflichtet seien, die Kosten zu begleichen, da sie ihrem Bevollmächtigten die Einrede der Verjährung entgegen halten könnten.
Der hiergegen erhobene Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 07. Oktober 2014 als unbegründet zurückgewiesen.
In dem daraufhin von den Klägern angestrengten Klageverfahren hat der Kläger zu 1) vor dem Sozialgericht zu Protokoll erklärt, dass er und seine Familie von dem Bevollmächtigten in verschiedenen Verfahren vertreten worden seien. Er habe nichts bezahlen müssen und nach seiner Erinnerung auch keine Rechnung erhalten. Der Bevollmächtige der Kläger erklärte zu Protokoll, das er, wenn Kosten zu erstatten seien, auf die Behörde zugehe und von der Familie nichts fordere. Mit Urteil vom 16. Januar 2017 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Beklagte sei nicht verpflichtet, Rechtsanwaltskosten zu erstatten, die der Leistungsempfänger wegen Verjährung nicht mehr zahlen müsste. Der Bevollmächtigte habe den Klägern versichert, dass diese keine Kosten zu tragen hätten. Diese Vorgehensweise führe dazu, dass der Beklagte immer und der Mandant nie zur Gebührenforderung herangezogen würde.
Dagegen wenden sich die Kläger mit der vom Sozialgericht zugelassenen Berufung.
Die Kläger beantragen,
das Urteil des Sozialgerichts Nordhausen vom 16. Januar 2017 und den Bescheid des Beklagten vom 28. Juli 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 07. Oktober 2014 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, sie von dem Vergütungsanspruch ihres Bevollmächtigten in Höhe von 480,76 € freizustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die angegriffene Entscheidung für rechtmäßig.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichts- und Verwaltungsakte verwiesen. Diese lagen vor und waren ...