Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsprüfung. Beitragsnachforderung. Beitragspflicht von bei der Entgeltfortzahlung und bei der Berechnung von Urlaubsentgelt berücksichtigten Sonntags-, Feiertags- und Nachtzuschlägen
Orientierungssatz
Sonntags-, Feiertags- und Nachtzuschläge sind keine Aufwandsentschädigungen, sondern zählen zum Arbeitsentgelt. Werden Sie bei der Entgeltfortzahlung und bei der Berechnung des Urlaubsentgelts berücksichtigt, sind sie weder steuer- noch beitragsfrei.
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Gotha vom 9. Dezember 2019 wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird endgültig auf 1.810,08 € festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin Beiträge auf regelmäßig gewährte Zuschläge für Sonn-, und Feiertagsarbeit auch für Urlaubszeiten und Entgeltfortzahlung im Fall von Krankheit und an Feiertagen nachzuentrichten hat.
Die Klägerin führt ein landwirtschaftliches Unternehmen. Den Arbeitsverträgen mit den Arbeitnehmern lag jeweils unstreitig der Manteltarifvertrag zwischen dem Land- und Forstwirtschaftlichen Arbeitgeberverband Thüringen e.V. und der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt vom 16. Februar 2000 zugrunde. Der Manteltarifvertrag (MTV) enthält u. a. folgende Bestimmungen:
"(…) § 3 Arbeitszeit
1. Die Dauer der wöchentlichen tariflichen Arbeitszeit beträgt im Jahresdurchschnitt 40 Stunden. (…)
2.3. Bei Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit, Unfall, entgeltzahlungspflichtiger Feier- tage und bei Arbeitsbefreiung gemäß § 10, sowie bei Urlaub wird die ausgefallene Arbeitszeit auf der Basis von 8 Stunden auf die tatsächliche Wochenarbeitszeit angerechnet.
2.4. Über 204/Monat hinaus geleistete Arbeitsstunden an Werktagen sind als Überstunden zu vergüten. Für Sonn-, Feiertags- und Nachtarbeit erhalten die Arbeitnehmer die entsprechenden tariflichen Zuschläge. (…)
2.8. Arbeit an auf Werktage fallenden Feiertagen kann bezahlt oder innerhalb eines Ausgleichszeitraums von 3 Monaten in Freizeit ausgeglichen werden.
(…)
§ 4 Mehrarbeit
(…)
3. Der Zuschlag je Mehrarbeitsstunde beträgt 25 % zum tariflichen Stundenlohn. Der Zuschlag für Arbeit an Sonntagen und an gesetzlichen Wochenfeiertagen beträgt 50 % zum tariflichen Stundenlohn. Der Zuschlag für die Arbeit an gesetzlichen Feiertagen, die auf einen Sonntag fallen, beträgt 100 % zum tariflichen Stundenlohn.
Die Regelungen von Zuschlägen zu gesetzlichen Feiertagen und Sonntagen gelten nicht bei planmäßiger Arbeitszeitverlagerung. Vergütungen für ausfallende Arbeitszeit an Feiertagen sind entsprechend dem Entgeltfortzahlungsgesetz, in jedem Fall zu gewähren. Es kommt immer nur der jeweils höchste Zuschlag zur Anwendung.
Der Zuschlag für Mehrarbeit bleibt davon unberührt.
4. Für die im Nachtarbeitszeitraum geleisteten Stunden ist ein Zuschlag in Höhe von 15 % zum tariflichen Stundenlohn zu zahlen, insoweit mehr als zwei Stunden im Nachtarbeitszeitraum gearbeitet werden. Der Beginn des Nachtarbeitszeitraums kann auf die Zeit zwischen 22:00 bis 24:00 Uhr festgelegt werden. (…)
§ 8 Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall
Die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall wird nach den jeweils geltenden gesetzlichen Bestimmungen gewährt. Für jeden Tag, an dem Arbeitnehmern Arbeitsentgelt nach den Bestimmungen des Entgeltfortzahlungsgesetzes zu zahlen ist, werden dem Arbeitszeitkonto des Arbeitnehmers acht Stunden, max. aber 40 Stunden je Woche gutgeschrieben. (…)
§ 14 Urlaub
(…)
6. Für die Dauer des Urlaubes erhält der Arbeitnehmer eine Urlaubsvergütung in Höhe seines Arbeitsentgelts. (…)“
Im Rahmen einer Betriebsprüfung für den Prüfzeitraum vom 1. Januar 2012 bis 31. Dezember 2015 stellte die Beklagte nach erfolgter Anhörung mit Bescheid vom 13. April 2017 Nachforderungen zur Sozialversicherung in Höhe von insgesamt 1.810,08 Euro fest.
Mit Schreiben vom 5. Mai 2017 erhob die Klägerin Widerspruch gegen die Nachforderung der Sozialversicherungsbeiträge. Den Arbeitnehmern der Klägerin stünde gemäß § 4 Ziffer 3 des MTV bei planmäßiger Arbeitszeitverlagerung kein Anspruch auf Zahlung von Zuschlägen zu. Die Mitarbeiter der Klägerin, die in einem Jahresschichtplan eingeteilt und in der Tierproduktion eingesetzt werden würden, hätten aufgrund der planmäßigen Arbeitszeitverlagerung daher keinen Anspruch auf Zuschläge. Konsequenterweise könne im Rahmen von Ausfallszeiten aufgrund von Krankheit, Feiertagen oder Urlaub keine höhere Vergütung verlangt werden, da anderenfalls die Mitarbeiter, die aufgrund von Krankheit oder Urlaub am Feiertag keine tatsächlichen Arbeitsleistungen erbringen würden, besser stünden als die Kollegen, die tatsächlich gearbeitet hätten. Die Tarifvertragsparteien hätten von der Tariföffnungsklausel nach § 4 Abs. 4 Entgeltfortzahlungsgesetzt (EFZG) vorliegend Gebrauch gemacht. Die Klägerin v...