Verfahrensgang

SG Meiningen (Urteil vom 05.12.2002; Aktenzeichen S 1 U 741/99)

 

Tenor

Das Berufungsverfahren L 1 U 66/03 ist durch die Rücknahmeerklärung des Klägers beendet.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Weiterführung einer von ihm zurückgenommenen Berufung.

Mit Urteil vom 5. Dezember 2002 hat das Sozialgericht Meiningen die auf Anerkennung einer bandscheibenbedingten Erkrankung der Lendenwirbelsäule als Berufskrankheit sowie die Gewährung von Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung gerichtete Klage des Klägers mangels Vorliegens der haftungsausfüllenden Kausalität abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung hat der Kläger im Erörterungstermin am 31. Juli 2003 zurückgenommen; insoweit wird auf die Niederschrift verwiesen.

Mit am 28. August 2003 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz vom 19. August 2003 hat der Kläger mitgeteilt, dass er das Berufungsverfahren aufrecht erhalte und es fortführen möchte; die Berufung nehme er nicht zurück. Die arbeitstechnischen Voraussetzungen seien von der Beklagten falsch berechnet worden.

Der Kläger begehrt sinngemäß,

das Berufungsverfahren L 1 U 66/03 fortzuführen und das Urteil des Sozialgerichts Meiningen vom 5. Dezember 2002, den Bescheid der Beklagten vom 3. September 1998 und den Widerspruchsbescheid vom 12. November 1998 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, bei ihm eine bandscheibenbedingte Lendenwirbelsäulenerkrankung als Berufskrankheit anzuerkennen und ihm Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 20 v. H. zu gewähren.

Die Beklagte hat keinen Antrag gestellt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. Die Gerichtsakte L 1 U 66/03 lag vor und war Gegenstand der Beratung.

 

Entscheidungsgründe

Die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), nach der über die Wirksamkeit einer Klagerücknahme in Fortsetzung des Rechtsstreits zu entscheiden ist, in dem diese erklärt wurde (SozR 1500 § 102 Nr 2 S 4 unter Hinweis auf BVerwG MDR 1965, 1014 und BFHE 105, 246), gilt für den Streit über die Wirksamkeit einer Berufungsrücknahme entsprechend (Meyer-Ladewig, SGG, 7. Aufl, § 156 RdNr 6).

Es wird festgestellt, dass der Kläger die zum Verfahren L 1 U 66/03 geführte Berufung wirksam zurückgenommen hat.

Gemäß § 156 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) kann die Berufung bis zur Rechtskraft des Urteils zurückgenommen werden. Die Zurücknahme bewirkt den Verlust des Rechtsmittels (§ 156 Abs. 2 Satz 1 SGG).

Der Kläger hat im Erörterungstermin erklärt, dass er die Berufung zurücknehme. Diese Erklärung ist ordnungsgemäß protokolliert worden, insbesondere hat der Kläger nach dem Abspielen der Tonaufnahme seine Genehmigung erteilt (§ 122 SGG i. V. m. § 160 Abs. 3 Nr. 8, 162 der Zivilprozessordnung).

Die Zurücknahme der Berufung ist nicht durch Anfechtung oder Widerruf wirkungslos geworden.

Eine Anfechtung scheidet aus, weil die Grundsätze des materiellen Rechts über die Anfechtung wegen Irrtums oder anderer Willensmängel auf Prozeßhandlungen nicht anwendbar sind (vgl. BSG SozR Nr. 3 zu § 119 BGB). Die Zurücknahme eines Rechtsmittels ist grundsätzlich auch unwiderruflich. Eine Ausnahme kommt zwar in Betracht, wenn ein Wiederaufnahmegrund (§ 179 Abs. 1 SGG in Verbindung mit §§ 578 ff. ZPO) gegeben ist, doch läßt der klägerische Vortrag hierfür keinerlei Anhaltspunkte erkennen. Überdies wird ein Widerruf ausnahmsweise als zulässig angesehen, wenn die Zurücknahme der Berufung für das Gericht und für den Rechtsmittelgegner sogleich als Versehen offenbar gewesen und deshalb nach Treu und Glauben als unwirksam zu behandeln ist (vgl. BGH, u.a. Beschlüsse vom 2. Dezember 1987 – IVb ZB 125/87 – a.a.O., und vom 16. Mai 1991 – III ZB 1/91 – NJW 1991, 2839). Auch solche Umstände sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.

 

Unterschriften

Jüttemann, Apidopoulos, Dr. Böck

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1153729

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge