Entscheidungsstichwort (Thema)
Pfändung von Arbeitslosenhilfe. Wirksamkeit bei Zuständigkeitswechsel. Vollstreckung in das Stammrecht. Bezeichnung des Drittschuldners
Orientierungssatz
1. Eine Vollstreckung in die Arbeitslosenhilfe iS des § 54 Abs 4 SGB 1 wird nicht dadurch unwirksam, weil die Leistung nach Wohnortwechsel von einem anderen Arbeitsamt bzw einer Arbeitsagentur bewilligt wird, denn der Gläubiger des Arbeitslosen vollstreckt stets in das Stammrecht auf Arbeitslosenhilfe. Der Anspruch richtet sich gegen die Bundesanstalt für Arbeit bzw Bundesagentur für Arbeit, nicht gegen das einzelne Arbeitsamt bzw die einzelne Arbeitsagentur.
2. Dem steht auch nicht § 334 SGB 3 entgegen.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichtes Gotha vom 11. Oktober 2005 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Auszahlung der ihm bewilligten Arbeitslosenhilfe in voller Höhe ab 1. Februar 2003.
Der Kläger bezog seit 1. Juli 1991 mit Unterbrechungen Leistungen der Beklagten. Die Beklagte bewilligte dem Kläger ab 27. August 2001 Arbeitslosenhilfe (nach einem Bemessungsentgelt von 850,00 DM und der Leistungsgruppe A, erhöhter Leistungssatz wegen der Berücksichtigung seines Sohnes Martin W. als Kind im Sinne des § 32 Abs. 1 Einkommensteuergesetzes (EStG)) in Höhe von 311,01 DM wöchentlich (Bescheid vom 22. August 2001).
Mit Datum vom 24. Juli 2001 (zugestellt am 15. August 2001) erließ das Amtsgericht W. einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss in der Zwangsvollstreckungssache des am 15. November 1984 geborenen und mittlerweile verstorbenen Sohnes des Klägers, Martin W. (nachfolgend Gläubiger genannt). Der Gläubiger könne nach der vollstreckbaren Urkunde des Jugendamtes W. vom 8. Januar 1985, Unterhaltsfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts W. vom 10. Mai 1999, 11.725,05 DM beanspruchen. Als Drittschuldner wird das Arbeitsamt W., gesetzlich vertreten durch den Direktor, F. Rosenthalstraße 43 in W. genannt. Wegen der Ansprüche wurden unter anderem die angeblichen Forderungen des Klägers auf Zahlung von Arbeitslosengeld, Arbeitslosenhilfe und Unterhaltsgeld gepfändet und an den Gläubiger überwiesen. Als Anlage wurde eine Aufstellung über die Unterhaltsrückstände des Klägers seit 1997 bis zum Jahre 2000 in Höhe von insgesamt 11.725,05 DM beigefügt. Im Pfändungs- und Überweisungsbeschluss wurde ein monatlicher pfandfreier Betrag in Höhe von 1.028,00 DM ausgewiesen (1.028,00 mal 3 geteilt durch 13 = 237,21 DM pro Woche). Die Beklagte stellte daraufhin einen zu pfändenden Betrag in Höhe von 10,54 DM täglich (73,78 DM wöchentlich) fest (311,01 DM wöchentliche Arbeitslosenhilfe - 237,23 DM pfandfreier Betrag = 73,78 DM, geteilt durch 7 = 10,54 DM täglich). Dies teilte sie dem Kläger unter dem 10. August 2001 mit, der dagegen Widerspruch einlegte. Mit Widerspruchsbescheid vom 30. August 2001 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück.
Anschließend wurde bis zum 1. September 2002 Arbeitslosenhilfe im genannten Umfang gepfändet und an den Gläubiger ausgezahlt.
Hiergegen erhob der Kläger unter dem Az: S 2 AL 1977/01 beim Sozialgericht Gotha Klage mit dem Antrag, an ihn ab 27. August 2001 bis zum 28.August 2002 Arbeitslosehilfe ohne Berücksichtung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses vom 25. Juli 2001 auszuzahlen, die das Sozialgericht mit Urteil vom 12. Dezember 2001 abgewiesen hat. Die Berufung hiergegen hat der 3. Senat des Thüringer Landessozialgerichts mit Urteil vom 23. Oktober 2003 (Az: L 3 AL 106/02) zurückgewiesen. Das Urteil ist rechtskräftig.
Mit am 27. August 2002 bei der Beklagten eingegangener Veränderungsmitteilung teilte der Kläger mit, dass er ab 1. September 2002 nach Gotha umziehe.
Mit Bescheid vom 23. September 2002 bewilligte die Beklagte, nunmehr durch das Arbeitsamt G., dem Kläger ab 2. September 2002 Arbeitslosenhilfe in wöchentlicher Höhe von 159,04 € (nach einem Bemessungsentgelt von 435,00 € und der Leistungsgruppe A, erhöhter Leistungssatz wegen der Berücksichtigung des Gläubigers als Kind im Sinne des § 32 Abs. 1 EStG).
Unter dem 16. Oktober 2002 teilte der Gläubiger (bzw. seine Mutter als gesetzliche Vertreterin) der Beklagten mit, dass sie letztmalig am 2. September 2002 eine Überweisung erhalten habe, es werde angefragt, wann mit einer Zahlung gerechnet werden könne. Daraufhin teilte die Beklagte dem Gläubiger durch das Arbeitsamt W. unter dem 21. Oktober 2002 mit, dass der Kläger als Schuldner in den Bezirk des Arbeitsamtes G. verzogen sei; das nun zuständige Arbeitsamt werde wegen einer weiteren Auszahlung gesonderte Nachricht zukommen lassen. Dies teilte das Arbeitsamt W. auch dem Kläger mit.
Mit Bescheid vom 3. Januar 2003 bewilligte die Beklagte dem Kläger Arbeitslosenhilfe ab 1. Januar 2003 in wöchentlicher Höhe von 158,06 € (nach einem Bemessungsentgelt von 135,00 € und der Leistungsgruppe A, erhöhter Leistungssatz wegen der Berücksichtigung des Gläubigers als Ki...