Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Vergütung stationärer Krankenhausbehandlung. Rechtmäßigkeit der Vereinbarung einer zeitlichen Begrenzung der Verrechnungsmöglichkeit in Landesvertrag nach § 112 Abs 2 S 1 Nr 1 SGB 5

 

Orientierungssatz

Die Vereinbarung einer zeitlichen Begrenzung der Verrechnungsmöglichkeit in § 14 Abs 2 S 4 des zwischen der Landeskrankenhausgesellschaft Thüringen eV und ua dem Landesverband Ost der Betriebskrankenkassen abgeschlossenen Vertrags nach § 112 Abs 2 S 1 Nr 1 SGB 5 über die allgemeinen Bedingungen der Krankenhausbehandlung begegnet keinen durchgreifenden Bedenken.

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Meiningen vom 27. April 2018 wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

4. Der Streitwert wird auf EUR 1.410,16 festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Vergütung stationärer Krankenhausleistungen.

Die Klägerin ist Trägerin eines Krankenhauses, das für die stationäre Versorgung von in der gesetzlichen Krankenkasse Versicherten zugelassen ist. Grundlage der Vertragsbeziehungen ist der zwischen der Landeskrankenhausgesellschaft Thüringen e. V. und u. a. dem Landesverband Ost der Betriebskrankenkassen abgeschlossene „Vertrag nach § 112 Abs. 2 Nr. 1 SGB V - Allgemeine Bedingungen der Krankenhausbehandlung“ (im Folgenden: KHBV).

Die 1975 geborene und bei der Beklagten gesetzlich krankenversicherte Y K befand sich vom 28. September 2010 bis zum 01. Oktober 2010 im Krankenhaus der Klägerin zur Abklärung diffuser Bauchschmerzen. Im Bericht über die am 30. September 2010 durchgeführte Gastroskopie heißt es: Beurteilung: kleine axiale Hernie, Fleckige Rötung der Schleimhaut im Magen, dem Bild einer Gastritis entsprechend (K29.6), hämorrhagische flache Erosionen im Magen (K29.6), Blutung nach Biopsie im Ösophagus, erfolgreiche endoskopische Blutstillung.

Die Klägerin kodierte die Hauptdiagnosen ICD-10 (jeweils GM 2010) K29.0 (akute hämorrhagische Gastritis), ICD-10 M 54.4 (erosive Gastritis) und als Nebendiagnosen ICD-10 M 54.4 (Lumboischialgie), ICD-10 T81.0 (Blutung und Hämatom als Komplikation eines Eingriffs, andernorts nicht klassifiziert), ICD-10 K22.8 (sonstige näher bezeichnete Krankheiten des Ösophagus, Ösophagusblutung o. n. A.), ICD-10 K 44.9 (Hernia diaphragmatica ohne Einklemmung und ohne Gangrän, Hernia diaphragmatica o. n. A.) und ICD-10 M54.87 (sonstige Rückenschmerzen: Lumbosakralbereich), was zur Fallgruppe DRG (Diagnosis Related Group, jeweils 2010) G46C (Verschiedenartige Gastroskopie ohne wenig komplexe Gastroskopien bei schweren Krankheiten der Verdauungsorgane, verbunden mit schweren CC oder bei nicht schweren Erkrankungen der Verdauungsorgane verbunden mit äußerst schweren oder schweren CC bei Kindern) und nach der Fallpauschalenvereinbarung zu einer Gesamtvergütung von EUR 2.633,78 führte (Rechnung vom 04. November 2010, Bl. 10 f. d. A.).

Die Beklagte zahlte den Rechnungsbetrag zunächst vollständig und beauftragte sodann den medizinischen Dienst der Krankenkassen e. V. (MDK) mit einer gutachterlichen Stellungnahme. Dieser kam nach Einsicht in die (nur unvollständig vorliegenden) Behandlungsunterlagen in seiner Stellungnahme vom 28. Februar 2011 (Bl. 3 d. VwA.) zum Ergebnis, als Hauptdiagnose sei nicht die ICD-10 K29.0, sondern die ICD-10 K29.1 (sonstige akute Gastritis) zu kodieren. Hieraus ergebe sich die Änderung der DRG von G46C in die DRG G67D (Ösophagitis, Gastroenteritis und verschiedene Erkrankungen der Verdauungsorgane ohne komp. od. komliz. Diagn./Dial/kompl. Eingr., Alt. )2J., oh. äuß. schw. CC od. Gastrointestinale Blutung od. Ulkuserkr., oh. äuß. schw. oder schw. CC, Alt ) 75 J., außer bei Para-/Tetraplegie).

Aufgrund des Widerspruchs der Klägerin holte die Beklagte zwei weitere gutachterliche Stellungnahmen des MDK ein (Stellungnahmen vom 01. Dezember 2011, Bl. 9 d. VwA.) und vom 11. Oktober 2012, (Bl. 23 f. d. VwA.) und forderte die Klägerin mehrfach zur Rückzahlung des überzahlten Betrages auf, zuletzt mit Schreiben vom 18. Juni 2013 (Bl. 29 d. VwA.). Im Dezember 2013 erklärten die Beteiligten, gegenseitig auf die Einrede der Verjährung zu verzichten (schriftliche Vereinbarung Bl. 32 d. VwA.). Mit Schreiben vom 22. Dezember 2015 (Bl. 35 d. VwA.) erklärte die Beklagte mit dem sich aus der Rechnungskorrektur ergebenden Differenzbetrag in Höhe von EUR 1.410,16 (Klageforderung) die Aufrechnung mit einer anderen unstreitigen Forderung der Klägerin.

Mit ihrer am 27. Februar 2017 erhobenen Klage machte die Klägerin geltend, die in der Krankenakte beschriebene klinische Symptomatik spreche für die Diagnose einer hämorrhagischen Gastritis. Die vorgefundenen medizinischen Tatsachen deuteten auf eine stattgehabte Blutung hin. Die Aufrechnung sei auch deshalb unwirksam, da der Anspruch durch Ablauf der im Sozialrecht geltenden vierjährigen Verjährungsfrist bereits verjährt sei. Die Erklärung über den Verzicht auf die Einrede der Verjährung...

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