Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Zulassung. Physiotherapeut. Raumhöhe der Praxis

 

Orientierungssatz

Ein Physiotherapeut erfüllt auch dann die Voraussetzungen für eine Zulassung nach § 124 SGB 5, wenn die Raumhöhe seiner Praxis 2,50 m unterschreitet.

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin werden der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Gotha vom 16. Juli 2014 sowie der Bescheid der Beklagten vom 18. März 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. Mai 2013 und der Bescheid vom 31. Juli 2014 aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, die Klägerin zur Erbringung physiotherapeutischer Leistungen in ihren Praxisräumen in der T.straße in W. zuzulassen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt auch im Berufungsverfahren von der Beklagten die Zulassung nach § 124 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) zur Erbringung physiotherapeutischer Leistungen.

Die Klägerin ist Physiotherapeutin und zeigte der Beklagten am 14. März 2013 die Verlegung ihrer Physiotherapiepraxis innerhalb der Stadt W. an. Gleichzeitig beantragte sie die Zulassung zur Erbringung physiotherapeutischer Leistungen für die neuen Praxisräume in der … in W. Die Klägerin ist Miteigentümerin dieses Gebäudes, in dessen Kellerräumen sie ihre Praxisräume einzurichten beabsichtigte. Bestandteil der umfangreichen Antragsunterlagen war u.a. die erteilte Baugenehmigung des Landratsamts G. vom 25. Februar 2013 zur Nutzungsänderung sowie die entsprechenden Baupläne.

Mit Bescheid vom 18. März 2013 lehnte die Beklagte den Zulassungsantrag mit der Begründung ab, dass die geplante Praxis nach Prüfung der Unterlagen die räumlichen Mindestvoraussetzungen entsprechend den Empfehlungen des GKV-Spitzenverbandes gemäß § 124 Abs. 4 SGB V zur einheitlichen Anwendung der Zulassungsbedingungen nach § 124 Abs. 2 SGB V für Leistungserbringer von Heilmitteln, die als Dienstleistungen an Versicherte abgegeben werden (im Folgenden: Zulassungsempfehlungen) in Bezug auf die Therapieflächen und die Raumhöhe nicht erfülle.

Hiergegen erhob die Klägerin am 28. März 2013 Widerspruch und trug vor, die zwei zusätzlich erforderlichen Behandlungsräume könnten u.a. durch Teilung eines Raumes geschaffen werden. Hinsichtlich der Raumhöhe sei zu konstatieren, dass die Arbeitsstättenverordnung 1975 durch die Verordnung über Arbeitsstätten vom 12. August 2004 ersetzt wurde. Durch deren § 6 Abs. 1 werde lediglich gefordert, dass Arbeitsräume eine ausreichende Grundfläche und Höhe sowie einen ausreichenden Luftraum aufwiesen. Im Hinblick auf Art. 12 des Grundgesetzes (GG) stelle sich die Versagung der Zulassung als unverhältnismäßig dar und verstoße gegen das Übermaßverbot. Die Beklagte wies mit Schreiben vom 10. April 2013 darauf hin, dass die Vorschläge der Klägerin hinsichtlich der Schaffung der zusätzlichen Behandlungsräume unzulänglich und daher abzulehnen seien. Der entscheidende Punkt bleibe aber die tatsächliche Raumhöhe von 2,28 m, die wesentlich von der geforderten Mindesthöhe von 2,50 m abweiche. Die erwähnte Arbeitsstättenverordnung 2004 sei ebenso wie die erteilte Baugenehmigung für die kassenseitige Zulassungsentscheidung irrelevant. Mit Widerspruchsbescheid vom 29. Mai 2013 wies sie den Widerspruch der Klägerin zurück und führte zur Begründung aus, durch die unbestimmten Rechtsbegriffe in § 124 SGB V werde den Zulassungsbehörden ein Beurteilungsspielraum eingeräumt, der insoweit in zulässiger Weise durch die gemäß § 124 Abs. 4 SGB V abgegebenen Empfehlungen für eine einheitliche Anwendung der Zulassungsbedingungen konkretisiert. Danach müsse die Raumhöhe der Therapieräume durchgehend mindestens 2,50 m lichte Höhe betragen. Die Raumhöhe in den Praxisräumen der Klägerin betrage nur 2,28 m.

Einen geänderten Zulassungsantrag der Klägerin vom 16. Juli 2014 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 31. Juli 2014 ab.

Bereits zuvor, nämlich am 3. Juni 2013, hatte die Klägerin vor dem Sozialgericht Gotha (SG) Klage erhoben und zur Begründung im Wesentlichen die im Widerspruch ausgeführten Argumente wiederholt. Ergänzend hat sie vorgetragen, dass sie einen weiteren Praxisraum mit einer Grundfläche von 25 m² und einer Raumhöhe von 2,50 m für die Nutzung zur Krankengymnastik schaffen könne. Die Beklagte ist dem entgegen getreten und hat geltend gemacht, die Klägerin erfülle nicht die räumlichen Voraussetzungen der Zulassungsempfehlungen, da sie nicht über die zwei erforderlichen Behandlungsräume bzw. Kabinen mit jeweils 6 m² verfüge und auch die Raumhöhe in den Praxisräumen durchgehend nur 2,28 m betrage und somit die geforderte Raumhöhe von 2,50 m mit 22 cm erheblich unterschreite. Auch wenn die Zulassungsempfehlungen nicht verbindlich seien, so konkretisierten sie doch den Beurteilungsspielraum, der ihr durch die unbestimmten Rechtsbegriffe in § 124 Abs. 2 SGB V eingeräumt werde. In den Praxisräumen der Klägerin sei eine zweckmäßige und wirtschaftliche Leistungserbringung unabhängig von der Änderung der Arbeitsstätte...

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