Entscheidungsstichwort (Thema)

Förderungsfähigkeit von Strukturanpassungsmaßnahmen. Verringerung der Zahl der bereits beschäftigten Arbeitnehmer. Eigenkündigung des Arbeitnehmers. Zusätzlichkeit

 

Orientierungssatz

1. Für die Beurteilung eines Personalabbaus iS von § 415 Abs 3 S 1 SGB 3 ist nicht entscheidend, dass der Arbeitgeber die Beschäftigungsverhältnisse ausscheidender Arbeitnehmer beendet. Maßgebend ist das objektive Vorliegen eines Personalabbaus.

2. Zusätzlich iS von § 415 Abs 3 SGB 3 kann eine Einstellung nur dann sein, wenn sie von der Zuweisung des Arbeitnehmers bzw. der Gewährung des Lohnkostenzuschusses abhängt.

 

Normenkette

SGB III §§ 272, 415 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 Fassung: 19971216

 

Verfahrensgang

SG Gotha (Urteil vom 31.05.2000; Aktenzeichen S 13 AL 1448/98)

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 06.03.2003; Aktenzeichen B 11 AL 49/02 R)

 

Tatbestand

Die Klägerin, eine Steuerberatungsgesellschaft mbH mit Sitz in F/Hessen, begehrt die Neubescheidung ihres Antrages "auf eine Strukturanpassungsmaßnahme Ost für Wirtschaftsunternehmen" (Zuschuss zu den Lohnkosten).

Gegenstand des Unternehmens sind die für die Steuerberatungsgesellschaften gesetzlich und beruflich zulässigen Tätigkeiten nach den §§ 32, 57 des Steuerberatergesetzes. Die Gesellschaft ist berechtigt, sich im Rahmen des berufsrechtlich Zulässigen an Gesellschaften ähnlicher Art zu beteiligen oder gleichartige Unternehmen zu erwerben. Sie darf auswärtige Beratungsstellen errichten, soweit die berufsrechtlichen Voraussetzungen dafür erfüllt sind. Handels- und Bankgeschäfte sind ausgeschlossen. Am 1. März 1998 beschäftigte sie 14 Vollzeit- und 2 Teilzeitarbeitskräfte. Am 1. September 1997 waren noch 16 Vollzeit- und 2 Teilzeitarbeitskräfte beschäftigt. Zwei Arbeitnehmerinnen, die im Außenbüro in Arten beschäftigt waren, kündigten ihr Arbeitsverhältnis mit der Klägerin zum 31. Dezember 1997.

Sie beantragte unter Verwendung des entsprechenden Antragsformulars der Beklagten im März 1998 den oben genannten Zuschuss für die Arbeitnehmerin ... D für die Zeit vom 1. März 1998 bis zum 28. Februar 1999 (Eingangsstempel des Arbeitsamts E vom 12. März 1998). Dort ist vermerkt: "1/98 AA H laut Aussage AG". In diesem Zusammenhang gab sie u. a. an, dass sich die Zahl der gegenwärtig im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer gegenüber dem Stand vor sechs Monaten verringert habe ("Übernahme der Arbeitnehmer durch Buchhaltungsbetrieb direkt"). Eine Verringerung des gegenwärtigen Personalbestandes bis zum Ende der beantragten Förderung sei nicht absehbar. Sie beschäftige gegenwärtig 16 Arbeitnehmer, davon 14 in Vollzeit, einen Arbeitnehmer mit 30 Stunden pro Woche und einen Arbeitnehmer mit acht Stunden pro Woche. Der Beschäftigungsort für die zusätzliche Stelle sei H/Thüringen. Das monatliche Arbeitsentgelt betrage 1900,00 DM.

Die Beklagte lehnte den Antrag ab, weil die Klägerin in einem Zeitraum von mindestens sechs Monaten vor der Förderung die Zahl der in dem Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer verringert habe (Bescheid vom 23. April 1998).

Den Widerspruch hiergegen begründete die Klägerin damit, dass die beiden ausgeschiedenen Mitarbeiter durch Eigenkündigungen ausgeschieden seien. Auch die in den nächsten Monaten ausscheidende Mitarbeiterin habe aus eigener Veranlassung gekündigt, weil ihr Ehemann eine neue Arbeitsstelle in M annehme und sie aus diesem Grunde E verlasse. § 415 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) fordere aber eine mindestens teilweise durch den Arbeitgeber ausgelöste Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

Die Beklagte wies den Widerspruch als unbegründet zurück. Es spiele keine Rolle, aus welchen Gründen die Personalreduzierung erfolge (Widerspruchsbescheid vom 8. Juni 1998).

Die Klägerin hat hiergegen am 16. Juli 1998 Klage erhoben. § 415 Abs. 3 SGB III setze voraus, dass die Verringerung des Personalbestandes durch den Arbeitgeber selbst erfolgt sei, um zu verhindern, dass der Zweck der Strukturanpassungsmaßnahmen, nämlich neue Arbeitsplätze zu schaffen, unterlaufen werde. Bei der beantragten Förderung bleibe jedoch das Merkmal der Zusätzlichkeit gewahrt, handele es sich doch um einen Arbeitsplatz, den die Klägerin unabhängig von dem Umstand, dass zwei Mitarbeiter auf Grund von Eigenkündigungen das Unternehmen verlassen hätten, geschaffen habe.

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin erklärt, dass Frau ... D (nach Antragstellung) tatsächlich eingestellt worden sei und die beiden freigewordenen Stellen ebenfalls wieder besetzt worden seien.

Das Sozialgericht hat die Klage mit dem Antrag, den Bescheid der Beklagten vom 23. April 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Juni 1998 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, über den Antrag auf Gewährung einer Förderung für eine durchgeführte Strukturanpassungsmaßnahme erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden, abgewiesen. Der Personalbestand der Klägerin sei innerhalb der letzten sechs Monate vor der Antragstellung, nämlich am...

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