Entscheidungsstichwort (Thema)

Berufsausbildungsbeihilfe. Förderungsfähigkeit der Zeiten des Berufsschulunterrichts. Abgrenzung Berufsschulunterricht – schulische Bildung. einheitliche Berufsausbildung

 

Leitsatz (redaktionell)

Ist die theoretische Berufsschulausbildung durch das Berufsbildungsgesetz gesetzlich vorgeschrieben und eindeutig Bestandteil der praktischen Ausbildung, liegt auch für die Zeiten des Berufsschulunterrichts eine einheitliche und nach den §§ 59 ff SGB III förderfähige Berufsausbildung vor. Beim Berufsschulunterricht handelt es sich nicht um eine schulische Bildung.

Ist eine betriebliche Ausbildung im Sinne von § 60 Abs. 1 SGB III für die gesamte Ausbildung zu bejahen, kann nur noch im Hinblick auf die Höhe des Bedarfs zwischen den einzelnen Ausbildungsabschnitten unterschieden werden.

Ein (wegen Fahrtkosten höherer) Bedarf während Zeiten des Berufsschulunterrichts kann auch dann berücksichtigt werden, wenn während der betrieblichen Bildung kein Anspruch auf Berufsausbildungsbeihilfe dem Grunde nach besteht.

 

Normenkette

SGB III § 60 Abs. 1, § 59; BBiG § 1 Abs. 5

 

Verfahrensgang

SG Meiningen (Urteil vom 04.07.2002; Aktenzeichen S 2 AL 73/01)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Meiningen vom 4. Juli 2002 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) für das 3. Lehrjahr für den Zeitraum vom 1. September 2000 bis 31. August 2001.

Die am 7. Juli 1978 geborene Klägerin schloss im Mai 1998 einen Berufsausbildungsvertrag im Ausbildungsberuf einer Vermessungstechnikerin für den Zeitraum vom 1. September 1998 bis zum 31. August 2001 ab. Die praktische Ausbildung fand in H. statt. Die Klägerin zog zum Zweck der Ausbildung von M. in eine Zweitwohnung nach H. Der Berufsschulunterricht fand in Form eines Blockunterrichts in G. statt. Währenddessen war die Klägerin in einem Internat untergebracht.

Unter dem 10. September 1998 beantragte sie erstmals BAB für das 1. Ausbildungsjahr. Nach Prüfung der Einkommensverhältnisse bewilligte die Beklagte für den Zeitraum vom 1. September 1998 bis 31. August 1999 für die Theoriezeiten die beantragte BAB.

Bereits zum Ende des 1. Ausbildungsabschnittes gab die Klägerin ihre Zweitwohnung in H. auf und bezog eine Zweitwohnung in B. Unter dem 30. August 1999 beantragte sie BAB für das 2. Ausbildungsjahr ab dem 1. September 1999. Nach Ablehnung (Bescheid vom 5. Oktober 1999) und durchgeführtem Widerspruchsverfahren (Widerspruchsbescheid vom 29. November 1999) bewilligte die Beklagte der Klägerin wiederum für die Zeit während der theoretischen Ausbildung BAB.

Schließlich beantragte die Klägerin am 11. Juli 2000 auch für das 3. Ausbildungsjahr vom 1. September 2000 bis 31. August 2001 BAB. Zu diesem Zeitpunkt wohnte sie weiterhin in B. Ihre Ausbildungsvergütung betrug zu diesem Zeitpunkt 1.100,00 DM. Ihre Schwester hatte ein Studium aufgenommen und bezog Nettoeinkünfte in Höhe von 1.279,37 DM. Ausweislich des Einkommensteuerbescheids der Eltern belief sich deren Bruttoeinkommen 1999 auf 76.939,00 DM, abzüglich 9.941,00 DM Einkommensteuer und 332,64 DM Solidarzuschlag. Für das Jahr 2000 belief sich das Bruttoeinkommen auf 72.283,00 DM, die Einkommensteuer betrug 8.717,00 DM, der Solidarzuschlag betrug 280,00 DM.

Mit Bescheid vom 28. September 2000 lehnte die Beklagte die beantragte BAB ab. Nach dem Berechnungsbogen habe die Klägerin einen Bedarf für den Lebensunterhalt in Höhe von 915,00 DM sowie für Fahrkosten und sonstige Aufwendungen in Höhe von 349,60 DM, insgesamt 1.264,60 DM. Abzüglich des anzurechnenden Einkommens der Klägerin selbst und ihrer Eltern verbliebe kein rechnerischer Anspruch. Bei der Feststellung des Gesamtbedarfes insbesondere für Fahrkosten berücksichtigte die Beklagte dabei nur die Pendelfahrten von der Zweitwohnung zur Ausbildungsstätte. Die Kosten für die Pendelfahrten zur Berufsschule legte die Beklagte in diesem Zusammenhang nicht zugrunde. Die Beklagte führte insbesondere keine Berechnung für den Bedarf während des Zeitraums der theoretischen Ausbildung durch.

Den Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 28. Dezember 2000 zurück. Die Förderung von Teilnehmern am Blockunterricht der Berufsschule sei nicht möglich, wenn der Auszubildende während der betrieblichen Ausbildung keinen Anspruch auf BAB habe. Im Falle der Klägerin könne für die Dauer der Teilnahme am Blockunterricht kein Anspruch auf BAB entstehen, wenn sie während der praktischen Ausbildung keinen Anspruch auf BAB habe.

Auf die beim Sozialgericht Meiningen eingelegte Klage hat das Sozialgericht die Beklagte mit Urteil vom 4. Juli 2002 unter Aufhebung des Bescheides vom 28. September 2000 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Dezember 2000 verurteilt, der Klägerin für das dritte Lehrjahr BAB in Höhe von 23,33 Euro pro Tag des Blockunterrichts zu zahlen. Die Kosten der theoretischen Aus...

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