Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Unfallversicherung. Unfallversicherungsschutz gem § 2 Abs 1 Nr 8 Buchst c SGB 7. Praxissemester. organisatorischer Verantwortungsbereich der Hochschule. reine Unterstützungsleistung der Hochschule. Kontaktförderung bzw Kontaktvermittlung. Auslandspraktikum

 

Leitsatz (amtlich)

Für ein Praxissemester, welches zwar von der Studienordnung vorgeschrieben ist, aber von dem Studenten frei und eigenverantwortlich auszuwählen ist, besteht kein Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung. Dass die Hochschule die Ableistung des Praxissemesters durch eine bestehende Kooperation unterstützt hat, rechtfertigt nicht die Einbeziehung in den organisatorischen Verantwortungsbereich der Hochschule.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 13.04.2017; Aktenzeichen B 2 U 26/17 B)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Meiningen vom 8. Februar 2016 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob ein Ereignis vom 16. November 2012, bei dem der Kläger schwere Verletzungen erlitt, als Arbeitsunfall festzustellen ist.

Der 1990 geborene Kläger war zum Zeitpunkt des Unfallereignisses als Student an der E.-A.-Fachhochschule in J. im Fachbereich Maschinenbau im fünften Fachsemester eingeschrieben. Laut § 24 der Prüfungsordnung ist für dieses Semester ein Praxissemester, welches außerhalb der Hochschule zu verbringen ist, vorgeschrieben. Diese Praxissemester absolvierte der Kläger an einer Universität in Peking. Während des Aufenthaltes in Peking stürzte der Kläger am 16. November 2012 vom Dach eines Krankenhauses. Ausweislich des Durchgangsarztberichtes der BG-Klinik F. M. vom 27. November 2012 erlitt der Kläger dabei diverse Frakturen und sonstige Verletzungen.

Die Beklagte holte eine Stellungnahme des Fachbereichs Maschinenbau der E.-A.-Fachhochschule J. vom 30. November 2012 ein. Danach besteht seit Jahren eine Zusammenarbeit zwischen dem Fachbereich Maschinenbau in J. und der Universität in Peking und ein reger Studentenaustausch findet statt. Der Kläger habe mit Beginn des Wintersemesters 2012/2013 im Rahmen seines Praxissemesters ein Projekt in Peking begonnen. Am 21. Oktober 2012 sei per E-Mail mitgeteilt worden, dass der Kläger gesundheitliche Probleme habe und in ein Krankenhaus eingeliefert worden sei. Am 13. November 2012 sei die Absicht des Klägers nach Deutschland zurückzukehren, mitgeteilt worden. Am 16. November 2012 sei per E-Mail eine Information zu einem Sturz des Klägers im Krankenhaus erfolgt. Dies wurde in einer weiteren Stellungnahme vom 10. Dezember 2012 dahingehend präzisiert, dass der Sturz von der 4. Etage des Krankenhauses erfolgt sei. Des Weiteren zog die Beklagte einen Bericht des Psychiaters Dr. F. vom 28. November 2012 bei. Darin berichtet dieser, dass der Absturz möglicherweise aufgrund einer psychotischen Episode in suizidaler Absicht erfolgt sei.

Die Beklagte lehnte die Anerkennung des Ereignisses als Arbeitsunfall mit Bescheid vom 14. August 2013 ab. Es könne dahingestellt bleiben, ob der organisatorische Verantwortungsbereich der Hochschule auch die Durchführung eines Auslandspraktikums in China erfasse. Jedenfalls habe der Aufenthalt im Krankenhaus zum Unfallzeitpunkt nicht in einem wesentlichen inneren Zusammenhang mit dem Hochschulbesuch gestanden. Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein, den er damit begründete, dass der Aufenthalt im Krankenhaus erforderlich geworden sei, um eine von der Universität in Peking verlangte Flugtauglichkeitsbescheinigung für den Heimflug, der als Teil des Pflichtpraktikums anzusehen sei, abzuholen. Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens zog die Beklagte den Leitfaden für Studierende - das Studium und Praktikum im Ausland betreffend - der E.-A.-Fachhochschule J. bei.

Mit Widerspruchsbescheid vom 6. Juni 2014 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Die Absolvierung des Auslandspraktikums in Peking habe nicht dem organisatorischen Verantwortungsbereich der Fachhochschule J. unterlegen. Die Hochschule habe weder organisatorisch noch inhaltlich Einwirkungsmöglichkeiten auf das Praxissemester gehabt. Die Planung des Praxissemesters in Peking sei eigenständig erfolgt. Ferner fehle ein sachlicher Zusammenhang zwischen der Tätigkeit als Student und dem Aufenthalt im Krankenhaus zum Unfallzeitpunkt. Auch das Motiv der Abholung einer Flugtauglichkeitsbescheinigung könne einen solchen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit nicht begründen.

Hiergegen hat der Kläger am 7. Juli 2014 beim Sozialgericht Meiningen Klage erhoben. Im Klageverfahren hat der Kläger eine Bescheinigung der Universität in Peking hinsichtlich der Anforderung der Flugtauglichkeitsbescheinigung vorgelegt. Das Sozialgericht hat Stellungnahmen der E.-A.-Hochschule J. vom 25. Juni bzw. 23. November 2015 eingeholt. In der Stellungnahme vom 25. Juni 2015 wird dargelegt, dass aus Sicht der Hochschule der Kläger auch ...

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