Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitsunfall. Beweislast. Schadensbild
Leitsatz (redaktionell)
Die Beweislast für den ursächlichen Zusammenhang zwischen einer versicherten Tätigkeit und einem schädigenden Ereignis (haftungsbegründende Kausalität) trägt der Versicherte. In der gesetzlichen Unfallversicherung existiert keine Beweisregel, dass alles, was während der versicherten Tätigkeit an gesundheitlichen Schäden eintritt, auch auf die versicherte Tätigkeit zurückgeführt werden kann.
Normenkette
SGB VII § 212; SGB X § 44 Abs. 1 S. 1; RVO § 548 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
SG Altenburg (Urteil vom 26.03.2004; Aktenzeichen S 18 U 1089/01) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Altenburg vom 26. März 2004 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung wegen eines Ereignisses vom 8. Juni 1996.
Laut Unfallanzeige der A. Theater GmbH vom 12. Juni 1996 zog sich der bei ihr als Tänzer beschäftigte und 1958 geborene Kläger eine Lendenwirbelsäulenverletzung zu, als er am 8. Juni 1996 während der Generalprobe eines Balletts nach einem Spagatsprung einen starken Schmerz im Rücken verspürte mit Taubwerden des rechten Beins.
Laut Durchgangsarztbericht von Dr. S. vom 10. Juni 1996 wurde eine Distorsion der Lendenwirbelsäule mit Sensibilitätsstörungen diagnostiziert. Ein am 11. Juni 1996 gefertigtes MRT ergab eine Protrusion im Segment L3/4 mit Kompression der Nervenwurzel L3.
In der Zeit vom 13. Juni bis zum 26. Juni 1996 fand eine stationäre Behandlung im Waldkrankenhaus „R.” in E. wegen eines sensomotorischen Radikulärsyndroms L5 rechts bei Bandscheibenprolaps L4/5 statt. Im Rahmen der Therapie wurde am 14. Juni 1996 eine offene Nukleotomie L4/5 durchgeführt. Es schloss sich ein komplikationsfreier Heilungsverlauf an.
Im Rahmen des Verwaltungsverfahrens holte die Beklagte eine beratungsärztliche Stellungnahme von Dr. Sch. vom Waldkrankenhaus „R.” vom 28. Juni 1996 ein. Danach war der vom Kläger als Ursache seiner Verletzung angegebene Spagatsprung bei der Generalprobe nicht geeignet, eine Bandscheibenverletzung zu verursachen. Komme jedoch ein Vorschaden hinzu (wie er anzunehmen sei und wie die histologische Begutachtung bestätige) sei ein Bandscheibenvorfall durchaus akut möglich. Dies aber bedeute, dass es sich um eine Gelegenheitsursache handele, die auch bei anderen Tätigkeiten außerhalb der beruflichen Tätigkeit hätte geschehen können.
Nachdem die Beklagte eine Auskunft der Arbeitgeberin zum Unfallhergang eingeholt hatte, unter anderem eine Äußerung des Ballettdirektors zum Hergang in der Generalprobe, führte der Gewerbearzt Dr. Sc. unter dem 25. März 1997 aus, dass kein Arbeitsunfall gegeben sei. Er teile die Meinung des erstbehandelnden Orthopäden, dass die konkreten Umstände, unter denen sich das Erkrankungsbild in seiner schweren Form erstmals bemerkbar gemacht habe, eher zufällig gewesen seien und von den pathophysiologischen Vorstellungen, wie es zu einem Bandscheibenvorfall komme, als ein allein dafür nicht ausreichender Vorgang angesehen werden müsse.
Des Weiteren holte die Beklagte ein Gutachten von Dr. T. vom 10. März 1998 ein, der zu dem Ergebnis kam, dass das Ereignis vom 8. Juni 1996 nach Art, Richtung und Größe der einwirkenden Kräfte nicht in der Lage gewesen sei, einen Bandscheibenvorfall zu verursachen. Ein solcher sei nur anlässlich, aber nicht ursächlich während des angeschuldigten Ereignisses symptomatisch geworden.
Mit Bescheid vom 6. Mai 1998 lehnte die Beklagte die Anerkennung eines Arbeitsunfalls und die Gewährung von Entschädigungsleistungen ab. Der Widerspruch blieb erfolglos. Die verspätet eingelegte Klage (Az.: S 18 U 1031/99) wurde zurückgenommen. Gleichzeitig wurde ein Antrag nach § 44 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) gestellt. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 10. Mai 2000 ab. Die Überprüfung der bestandskräftigen Verwaltungsakte habe ergeben, dass diese nicht rechtswidrig gewesen seien und eine Rücknahme daher nicht in Betracht komme. Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 15. Mai 2001).
Auf die erneute Klageerhebung hat das Sozialgericht ein Gutachten nach § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) von Dr. K. vom 20. Januar 2003 eingeholt. Durch die ganz speziellen biomechanischen Belastungsverhältnisse anlässlich einer speziellen Übung, die der Kläger anlässlich der Generalprobe am 8. Juni 1996 habe durchführen müssen, sei es zu einer ganz besonderen Belastung im Bereich der vorgeschädigten Lendenwirbelsäule gekommen, die zu einem akuten Ereignis im Sinne eines Unfalls geführt habe. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) betrage 20 v. H.
Nachdem die Beklagte eine dem widersprechende Stellungnahme von Dr. L. vom 1. März 2003 vorgelegt hatte, hat das Sozialgericht nach § 106 SGG ein Gutachten von Dr. Sp. vom 23. Juli 2003 eingeholt, der zu ...