Entscheidungsstichwort (Thema)
Private Pflegeversicherung. Beitragsforderung eines privaten Pflegeversicherungsunternehmens. Insolvenzverfahren. kein Entfallen der Schutzbedürftigkeit des Versicherungsnehmers bei gleichzeitiger Mitgliedschaft in der sozialen Pflegeversicherung. Ausschluss der Geltendmachung vorgerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren im Wege des Verzugsschadens
Leitsatz (amtlich)
1. a) Beitragsforderungen privater Pflegeversicherungsunternehmen unterliegen im Insolvenzverfahren über das Vermögen des Versicherten in entsprechender Anwendung des § 850b ZPO nicht dem Insolvenzbeschlag nach § 103 InsO (Anschluss an BGH vom 19.2.2014 - IV ZR 163/13).
b) Klagen des privaten Versicherungsunternehmens auf die Zahlung ausstehender Beiträge sind daher gegen den Gemeinschuldner, hier den Versicherungsnehmer, und nicht gegen den Insolvenzverwalter zu richten.
2. Die nach § 850b ZPO erforderliche Schutzbedürftigkeit des Gemeinschuldners, hier des Versicherungsnehmers, entfällt nicht bereits dadurch, dass er im streitigen Zeitraum gleichzeitig Mitglied in der sozialen Pflegeversicherung war.
3. § 193 Abs 4 SGG schließt auch die Geltendmachung vorgerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren im Wege des Verzugsschadens aus.
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Gotha vom 30. November 2012 abgeändert. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 256,74 € zu zahlen.
Im Übrigen werden die Berufung zurück- und die Klage abgewiesen.
Der Beklagte trägt fünf Sechstel der Gerichtskosten des Mahnverfahrens und die Klägerin ein Sechstel.
Außerdem hat die Klägerin dem Beklagten ein Sechstel dessen außergerichtlicher Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten auch im Berufungsverfahren über die Zahlung von Beiträgen zur privaten Pflegeversicherung für den Zeitraum von Mai 2009 bis 30. Juni 2010 sowie diverser Nebenforderungen der Klägerin.
Der Beklagte war Inhaber eines Bauunternehmens, dessen Geschäftsbetrieb zum 11. März 2009 eingestellt wurde. Am 13. Mai 2009 wurde ein Insolvenzverfahren über das geschäftliche und private Vermögen des Beklagten eröffnet und RA R. als Insolvenzverwalter bestellt. Seit dem 1. Januar 2006 war der Beklagte bei der Klägerin, einer privaten Versicherungsgesellschaft, (u.a.) gegen das Risiko der Pflegebedürftigkeit pflichtversichert. Ab 1. Januar 2009 betrug der monatliche Beitrag hierfür 18,80 € und ab dem 1. Januar 2010 18,56 €. Im Zeitraum vom 1. Mai 2009 bis zum 30. Juni 2010 zahlte der Beklagte seine Beiträge nicht. Nach Berechnung der Klägerin beträgt der Beitragsrückstand insgesamt 254,24 €.
Im November 2009 meldete die Klägerin die Forderungen u.a. betreffend die Beiträge zur Pflegepflichtversicherung des Beklagten für den Zeitraum vom 1. bis 12. Mai 2009 gegenüber dem Insolvenzverwalter zur Insolvenztabelle an. Dieser machte mit Schreiben vom 29. Juli 2010 von seinem Wahlrecht nach § 103 der Insolvenzordnung (InsO) Gebrauch und trat nicht in den Versicherungsvertrag ein. Bereits zuvor, nämlich mit Schreiben vom 5. Januar und 16. Februar 2010, mahnte die Klägerin die offenen Beiträge an, der Insolvenzverwalter leitete jedoch die Schreiben nicht an den Beklagten weiter. Mit weiterem, direkt an die Privatadresse des Beklagten gerichteten Schreiben vom 15. Juni 2010 mahnte die Klägerin die rückständigen Beträge für den Zeitraum von Mai 2009 bis Juni 2010, u.a. die Pflegepflichtversicherung betreffend, erneut an und teilte dem Beklagten mit, dass er zurzeit keinen Anspruch auf Leistungen habe, weil nach ihren Mahnungen keine ausreichenden Zahlungen eingegangen seien. Der Versicherungsschutz lebe wieder auf, wenn der Mahnbetrag in Höhe von 255,84 € gezahlt werde. Erst ab diesem Zeitpunkt habe der Beklagte wieder Versicherungsschutz für neu eingetretene Versicherungsfälle. Zudem werde umgehend um Mitteilung, ob eine Pflegepflichtversicherung bei einem anderen Unternehmen bestehe, und gegebenenfalls um Übersendung eines Nachweises gebeten.
Der Beklagte kündigte daraufhin mit gemeinsamem Schreiben seines Arbeitgebers vom 21. Juni 2010 das Versicherungsverhältnis, übersandte die Anmeldung bei der … (Rechtsvorgängerin der …) und wies darauf hin, dass er seit dem 1. Mai 2009 beim Bauunternehmen R. beschäftigt sei. Hierauf teilte ihm die Klägerin mit Schreiben vom 10. Juni 2010 mit, dass eine rückwirkende Kündigung nur innerhalb von drei Monaten nach Eintritt der Versicherungspflicht bei einem anderen Versicherungsunternehmen möglich sei, später sei die Kündigung frühestens zum Ende des jeweiligen Monats möglich. Dies sei im vorliegenden Fall der 30. Juni 2010. Mit weiterem Schreiben vom 4. August 2010 teilte die Klägerin dem Beklagten außerdem mit, dass er bis zum 1. Juli 2010 bei ihr versichert gewesen sei, und forderte ihn gleichzeitig auf, den Beitragsrückstand zu überweisen.
Nachdem keine Beitragszahlungen zu verzeichnen waren, beauftragte die Klägerin ihre Prozessbevollmächtigten mit der Prüfung und der vorgerichtlichen Geltendmach...