Verfahrensgang
SG Suhl (Aktenzeichen S-3/Kr-222/95) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
Das Urteil des Sozialgerichts Suhl wird dahingehend klargestellt, daß die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 7. Dezember 1994 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Februar 1995 verurteilt wird, die Klägerin mit einer Mikroportanlage (Sender und Empfänger) zu versorgen.
Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Klägerin auch für die 2. Instanz zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Versorgung mit einer Mikroportanlage (Sender und Empfanger) im Wert von ca. 4268,20 DM.
Bei der am 9. Januar 1986 geborenen Klägerin besteht eine hochgradige Schwerhörigkeit beiderseits mit verwertbaren Hörresten im Tieftonbereich. Die Klägerin trägt Hochleistungs-Hörgeräte, die optimal auf die vorliegende Schwerhörigkeit abgestimmt sind und die im Rahmen einer langwierigen Anpassung als bestmögliche Hörgeräte ausgewählt wurden. Diese Geräte bieten die Möglichkeit, externe Signale auf galvanischem Wege direkt einzuspeisen (Audio-Anschluß). Mit den Hörgeräten wird das Hörvermögen nachweislich erheblich verbessert Ohne Hörhilfen ist bei der Klägerin lediglich im Frequenzbereich bis 500 Hz bei Pegeln von 70 bis 90 dB eine Hörwahrnehmung zu ermitteln. Mit Hilfe der Hörgeräte gelingt es, die Hörkurven bis 3000 Hz auf Pegel von etwa 50 dB anzuheben. Davon ausgehend, daß der Hauptsprachbereich bei Frequenzen von ca. 500 bis 4000 Hz anzusiedeln ist, kann bei der Klägerin mit Hörgeräten das Verstehen von Sprache erwartet werden, wenn optimale akustische Bedingungen bestehen (ausreichende Lautstärke der Sprache, geringer Störschallpegel). Es ist jedoch prinzipiell auch mit der Nutzung von Hörgeräten kein Normalgehör erreichbar. Insbesondere beim Ansprechen über größere Entfernungen und beim Hören in geräuschvoller Umgebung bestehen weiterhin erhebliche Defizite. Trotz der Hörgeräte ist die Sprachentwicklung der Klägerin noch nicht ausreichend. Durch die Verwendung einer Mikroportanlage entsteht für die Klägerin eine Situation, als ob sie immer direkt und aus nächster Nähe angesprochen würde. Damit ist ein Verstehen auch beim Ansprechen über größere Distanzen gegeben, wobei die Verbesserung des Stör-Nutzschall-Verhältnisses beim Hören in geräuschvoller Umgebung noch wichtiger ist. Die Klägerin kann so auch in einer mit Störgeräuschen erfüllten Umgebung Sprache wesentlich klarer, deutlicher und ungestörter wahrnehmen. Für die Sprachentwicklung und für das Sprachverhalten ist dies ein erheblicher Vorteil.
Die Staatliche Förderschule für Gehörlose in … die die Klägerin besucht, bat die Beklagte unter dem 3. November 1994 die Kosten für eine Mikroportanlage für die Klägerin zu übernehmen. In der Klasse, die die Klägerin besuche, werde hörgerichtet gearbeitet, das heiße als Unterrichtsmittel werde die Sprache eingesetzt. Sieben von 14 Schülern der Klassenstufe würden eine Mikroportanlage besitzen. Bei diesen Schülern würde die Mikroportanlage mit gutem Erfolg ständig im Unterricht eingesetzt. Die Erfolge durch die permanente Ansprechbarkeit der Kinder, die eine Mikroportanlage über mehrere Jahre getragen hätten, sei nachvollziehbar. Gute Erfolge zeigten sich im Freizeitbereich durch die ständig mögliche Ansprechbarkeit auch auf größere Entfernungen im freien Raum (z.B. Aufmerksammachen auf Gefahren, Spielplatz, Fahrradtour). Der Antrag der Schule auf Gewährung von finanziellen Hilfen zum Erwerb von Mikroportanlagen bzw. Klassenverstärkeranlagen sei von den amtlichen Stellen abgelehnt worden, so daß die Schule keine Möglichkeit habe, dem Wunsch der Eltern und Lehrer nachzukommen, Michaela so gut mit hörtechnischen Geräten auszustatten, daß sie ihre vorhandenen Hörreste optimal für die Sprachentwicklung nutzen könne.
Bereits unter dem 17. Oktober 1994 hatte die Hörgeräte Möckel GmbH um Kostenübernahme einer Mikroportanlage im Wert von 4.268,20 DM unter Beifügung einer Verordnung der Dipl.-Med. … (Fachärztin für HNO-Krankheiten) gebeten. Die Mikroportanlage sei zum primären Spracherwerb und zur Verbesserung des Sprachverständnisses innerhalb der Fördereinrichtung empfohlen worden.
Die Beklagte lehnte den geltend gemachten Anspruch mit der Begründung ab, daß die Kostenübernahme für eine drahtlose Übertragungsanlage nur in Betracht komme, wenn mit dieser Anlage erreicht werde, daß ein hörgeschädigtes Kind eine Normal-Schule besuchen könne. Technische Hilfsmittel, wie die Mikroportanlage, gehörten aber im Falle einer Spezialschule für Gehörlose zu den Lehrmitteln dieser Schule (Bescheid vom 7. Dezember 1994).
Den hiergegen eingelegten Widerspruch begründete die Klägerin damit, daß sie die Mikroportanlage nicht nur in der Schule, sondern auch zu Hause zum Lernen benutze.
Die Beklagte wies den Widerspruch als unbegründet zurück (Widerspruchsbescheid vom 27. Februar 1995, der Klägerin am 2. März 1995 zu...