Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. Unfallversicherungsschutz gem § 2 Abs 1 Nr 10 Buchst a SGB 7. ehrenamtliche Tätigkeit. organisatorischer Verantwortungsbereich der Körperschaft des öffentlichen Rechts. Einwirkungsmöglichkeit der Kindergartenleitung. Wie-Beschäftigter. Werkvertragscharakter. Mitglied des Elternbeirats eines Kindergartens. Zusägen von Holzscheiben für den Weihnachtsbasar des Kindergartens
Leitsatz (amtlich)
1. Der Versicherungsschutz nach § 2 Abs 1 Nr 10 Buchst a SGB VII ist auf den qualifizierten Aufgaben- und organisatorischen Verantwortungsbereich der jeweiligen Körperschaft des öffentlichen Rechts beschränkt. Der Gesetzgeber ging nicht von einem umfassenden Versicherungsschutz ohne Rücksicht auf den organisatorischen Verantwortungsbereich der Körperschaft des öffentlichen Rechts aus.
2. Es besteht kein Versicherungsschutz als Wie - Beschäftigter, wenn eine Tätigkeit Werkvertragscharakter aufweist.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Gotha vom 15. Juni 2020 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Anerkennung eines Ereignisses vom 18. November 2017 als Arbeitsunfall.
Der 1987 geborene Kläger war seit August 2016 Mitglied des Elternbeirats des GM Kindergarten. Träger des Kindergartens war zum Unfallzeitpunkt die damals noch selbständige Gemeinde Sch. In einer Elternbeiratssitzung vom 27. September 2017 wurden über die Organisation des Weihnachtsmarktes am 24. November 2017 organisatorische Festlegungen getroffen. Verkauft werden sollten u. a. Baumscheiben mit eingeschlagenen Nägeln und Zwirn. Die Baumscheiben sollten vom Kläger organisiert und zurecht geschnitten werden. Bei einem Zurechtschneiden dieser Baumscheiben auf seinem Privatgrundstück erlitt der Kläger am Samstag, den 18. November 2017, einen Unfall, als er mit der linken Hand in die Kreissäge geriet. Ausweislich des Durchgangsarztberichts vom 1. Dezember 2017 erlitt er eine Amputationsverletzung D3 und D4 links. Eine stationäre Behandlung vom 18. November bis 7. Dezember 2017 in der Klinik für Handchirurgie im Klinikum B in H war erforderlich. Vorgenommen wurden eine Stumpfbildung im Bereich des 4. Fingers links sowie eine Replantation des 3. Mittelfingers links unter Verkürzung. Mit Schreiben vom 8. und 12. Januar 2018 teilte die Verwaltungsgemeinschaft R, Bereich Kindergarten, der Beklagten das Unfallereignis mit und führte aus, dass der Kläger entsprechend den Festlegungen im Protokoll des Elternbeirats vom 24. Oktober 2017 30 bis 50 Holzquader habe herstellen sollen. Der Erlös aus dem Weihnachtsbasar sei für spezielle Projekte des Kindergartens vorgesehen gewesen und habe am 24. November 2017 778,77 Euro betragen. Beigezogen wurde eine Zusammenfassung der Elternbeiratssitzung vom 24. Oktober 2017. Darin war erneut ausgeführt, dass der Kläger für die Anfertigung der Holzscheiben zuständig sein sollte.
Durch Bescheid vom 6. April 2018 lehnte die Beklagte die Anerkennung des Ereignisses als Arbeitsunfall ab. Nach § 2 Abs. 2 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) seien gegen Arbeitsunfall versichert, Personen, die als „Wie-Beschäftigte“ tätig werden. Da der technische Ablauf der Arbeiten allein durch den Kläger bestimmt worden sei und er bei der Ausführung völlig freie Hand gehabt habe, liege die hierfür erforderliche arbeitnehmerähnliche Tätigkeit nicht vor. Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 10 a SGB VII bestehe ebenfalls nicht. Als Mitglied des Elternbeirats erstrecke sich der Versicherungsschutz grundsätzlich auf die Teilnahme an den Sitzungen und Konferenzen des Beirats. Die Mithilfe bei Veranstaltungen der Einrichtung werde davon nicht erfasst. Die künftige Behandlung sei zu Lasten der Krankenkasse durchzuführen. Ein Widerspruch des Klägers wurde durch Widerspruchsbescheid vom 4. September 2018 zurückgewiesen. Die Ausrichtung eines Kindergartenfestes gehöre zwar nicht zu den grundlegenden Aufgaben einer solchen Einrichtung nach § 7 des Thüringer Kindergartengesetzes (ThürKigaG). Ein solches Fest könne aber in den Verantwortungsbereich des Kindergartens fallen, wenn es sich um eine Veranstaltung des Kindergartens handele und diese dem organisatorischen Verantwortungsbereich des Kindergartens zuzurechnen sei. Nach dem Gesamtbild der Veranstaltung sei davon auszugehen, dass es sich bei dem Weihnachtsmarkt nicht um eine organisatorisch von dem Kindergarten getragene Veranstaltung gehandelt habe. Eine solche Veranstaltung liege nur vor, wenn die Kindergartenleitung sie nicht nur genehmigt bzw. gebilligt, sondern ihre Organisation im wesentlichen Umfang durchgeführt habe. Dies sei nicht der Fall gewesen. Der Kläger sei auch nicht im Auftrag des Kindergartens tätig geworden. Der Elternbeirat habe eigeninitiativ und selbständig dieses Fest organisiert. Der Weihnachtsbasar könne auch nicht dem Ve...