Entscheidungsstichwort (Thema)
Erbrecht des nichtehelichen Kindes bei Erbfall in der ehemaligen DDR. Verjährungsfrist des erbrechtlichen Auskunftsanspruchs. Anspruch auf Erbauseinandersetzung gegenüber dem Miterben
Leitsatz (amtlich)
1. 30-jährige Verjährungfrist eines erbrechtlichen Auskunftsanspruches des nichtehelichen Kindes bei einem Erbfall 1970 im Beitrittsgebiet.
2. Der nach §§ 2042 Abs. 2, 758 BGB unverjährbare Erbauseinandersetzungsanspruch ist nicht mehr durchsetzbar, wenn ein Miterbe im Besitz der Erbschaft und der Erbschaftsanspruch gegen ihn verjährt ist.
Normenkette
BGB §§ 2, 195 a.F., §§ 242, 666, 681, 758, 2027, 2042 Abs. 2, § 2362 Abs. 2; EGBGB Art. 235 § 1 Abs. 1, Art. 231 § 6; EGFGB § 9 Abs. 1, § 10 Abs. 1; EGZGB §§ 8, 11; ZGB § 474 Abs. 1 Nr. 3
Verfahrensgang
LG Meiningen (Beschluss vom 06.08.2007; Aktenzeichen 1 O 702/07) |
Tenor
I. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin vom 22.8.2007 gegen den die Prozesskostenhilfe versagenden Beschluss des LG Meiningen vom 6.8.2007 wird zurückgewiesen.
II. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
A. Die am ... 1962 geborene Klägerin ist die uneheliche Tochter des am 7.5.1970 in M. verstorbenen Erblassers A.P.W. Der zunächst am 19.4.1983 ausgestellte Erbschein des Staatlichen Notariats der DDR in M., der die Ehefrau und seine beiden ehelichen Kinder, darunter den Antragsgegner, auswies, wurde mit Beschluss des AG M. vom 17.3.2006 wegen Unrichtigkeit eingezogen. Am 6.7.2006 erteilte das AG M. einen neuen gemeinschaftlichen Erbschein, der nunmehr die Ehefrau des Erblassers, seine beiden ehelichen Kinder und die Antragstellerin als Erben ausweist.
Unter dem 28.6.2007 hat die Antragstellerin einen Antrag auf Prozesskostenhilfe gestellt. Sie begehrt im Wege der Stufenklage vom Antragsgegner, der nach dem Erbfall den Nachlass des Erblassers in Besitz und alle zur Verwaltung des Nachlasses erforderlichen Maßnahmen alleine getroffen haben soll, Auskunft über den Bestand der Erbschaft und den Verbleib von Erbschaftsgegenständen. Der Antragsgegner soll nach Auskunftserteilung an die Antragstellerin noch zu bezeichnende Gegenstände herausgeben.
Das LG hat mit Beschluss vom 6.8.2007 den Antrag zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Antragstellerin als Miterbin ein Auskunftsanspruch weder nach §§ 666, 681, 2027, noch nach § 2362 Abs. 2 oder § 242 BGB zustehe. Der hiergegen gerichteten Beschwerde der Antragstellerin vom 22.8.2007 hat das LG mit Beschluss vom 19.9.2007 nicht abgeholfen.
B. Die als sofortige Beschwerde i.S.v. § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO auszulegende, fristgerecht eingelegte Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig aber unbegründet. Das LG hat den Prozesskostenhilfeantrag im Ergebnis zu Recht abgelehnt.
I. Es kann dahingestellt bleiben, ob der Antragstellerin erbrechtliche Auskunftsansprüche gegen den Antragsgegner zustehen, denn solche Ansprüche wären jedenfalls verjährt.
1. Der Erblasser ist 1970 im Beitrittsgebiet verstorben. Nach Art. 235 § 1 Abs. 1 EGBGB bleibt deshalb das Recht der DDR maßgebend. Zum Zeitpunkt des Erbfalls war das Erbrecht in der DDR im Wesentlichen im fortgeltenden BGB geregelt. Dieses kannte zur damaligen Zeit kein Erbrecht des unehelichen Kindes. Vom Erbrecht des BGB machte das 1966 in Kraft getretene Familiengesetzbuch der DDR (FGB) einschließlich seines Einführungsgesetzes (EGFGB) aber erhebliche Ausnahmen (ausführlich hierzu Lingelbach in Eckert/Hattenhauer, Das Zivilgesetzbuch der DDR vom 19.6.1975, S. 160 ff.). So erbte nach § 9 Abs. 1 EGFGB auch das uneheliche Kind wie ein eheliches, wenn es zum Zeitpunkt des Erbfalls minderjährig i.S.v. § 2 BGB in der Fassung der Änderung nach dem Gesetz über die Herabsetzung des Volljährigkeitsalters vom 17.5.1950 (GBl. 1950, S. 437) war (ausführlich hierzu Autorenkollektiv, Familiengesetzbuch der DDR - Kommentar, 4. Aufl. 1973, § 9 EGFGB, Ziff. 1 ff. m.w.N.). Da die 1962 geborene Antragstellerin z.Z. des Erbfalls minderjährig war, erbten sie und die ehelichen Kinder des Erblassers zu je ¼ neben der überlebenden Ehefrau, die nach § 10 Abs. 1 EGFGB ebenfalls zu ¼ erbte. Daran änderte auch das nach § 1 EGZGB am 1.1.1976 in Kraft getretene Zivilgesetzbuch der DDR nichts. Hinsichtlich des Erbrechts regelte § 8 EGZGB das Übergangsrecht. Danach bestimmten sich die Regelungen erbrechtlicher Verhältnisse nach dem vor Inkrafttreten des Zivilgesetzbuches geltenden Rechts, wenn der Erbfall vor diesem Zeitpunkt eingetreten ist. Der Erbschein des Staatlichen Notariats der DDR in M. vom 19.4.1983 war daher falsch und wurde deshalb zu Recht eingezogen.
2. Soweit danach Auskunftsansprüche der Antragstellerin gegen den Antragsgegner als Miterbe oder als vormaliger Besitzer eines unrichtigen Erbscheins nach §§ 242, 666, 681, 2027, 2362 Abs. 2 BGB überhaupt bestanden, lief bezüglich dieser Ansprüche seit dem Erball 1970 die 30jährige Verjährungsfrist nach § 195 BGB a.F. (BGH NJW 2007, 2174; Sarres, ZEV 1998, 298, 300; ZEV 2002, 96). Das ZGB brachte jedoch Änderungen hinsichtlich des V...