Leitsatz (amtlich)
1. Auf die Frage, ob die Auflassung für den Erwerber ausschließlich rechtlich vorteilhaft ist (§ 107 BGB) kommt es hierfür nicht an, weil das Gesetz das Erfordernis einer familiengerichtliche Genehmigung davon nicht abhängig macht. Nach § 1643 Abs. 1 BGB bedürfen die Eltern zu Rechtsgeschäften für das Kind in den Fällen einer Genehmigung, in denen der Vormund nach den §§ 1821, 1822 Nr. 1, 3, 5, 8 bis 11 BGB einer solchen Genehmigung bedarf.
2. Für die weitere Behandlung des Eintragungsantrags weist der Senat darauf hin, dass die Frage, ob die Auflassung für den Beteiligten zu 3 lediglich rechtlich vorteilhaft ist, dafür von Belang ist, ob er die Auflassung selbst wirksam erklären konnte oder hierfür der Genehmigung seiner Eltern als gesetzlicher Vertreter nach § 107 BGB bzw., weil diese an der Vertretung nach den §§ 1629 Abs. 2 S. 1, 1795 Abs. 2, 181 BGB gehindert sind, eines nach § 1909 BGB zu bestellenden Ergänzungspflegers bedarf.
Normenkette
BGB §§ 107, 181, 1105, 1108, 1629, 1643, 1795, 1821-1822, 1909; GBO § 15
Verfahrensgang
AG Erfurt (Aktenzeichen EN-558-27) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Beteiligten wird die Zwischenverfügung des AG - Grundbuchamt - Erfurt vom 6.6.2011 aufgehoben.
Das Grundbuchamt wird angewiesen, den Eintragungsantrag nicht aus den Gründen dieser Zwischenverfügung zurückzuweisen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Mit notarieller Urkunde des verfahrensbevollmächtigten Notars vom 12.5.2011 übertrug der Beteiligte zu 1 seinen hälftigen Miteigentumsanteil an dem im Betreff bezeichneten Grundstück an den Beteiligten zu 3 im Wege der Schenkung. Der Beteiligte zu 3 ist der minderjährige Sohn der Beteiligten zu 1 und 2. Das Grundstück ist in Abteilung III mit Grundpfandrechten und in Abteilung II u.a. wie folgt belastet: "Die Verpflichtung zur Anlage eines Vorgartens und näherer Bestimmungen im Reverse vom 29.1.1884 für die Stadtgemeinde ... Eingetragen am 7.2.1884." Die Beteiligten haben die Übernahme der Belastung in Abt. II vereinbart und klargestellt, dass der Beteiligte zu 3 für die den Belastungen in Abt. III zugrunde liegenden Verbindlichkeiten nicht persönlich haftet.
Auf den Antrag des Urkundsnotars auf Eintragung des Eigentumswechsels im Grundbuch hat die Grundbuchrechtspflegerin am 6.6.2011 eine Zwischenverfügung erlassen, mit der sie die Vorlage einer familiengerichtlichen Genehmigung gefordert hat. Zur Behebung dieses Eintragungshindernisses hat sie eine Frist gesetzt und für den Fall des fruchtlosen Fristablaufs die Zurückweisung des Eintragungsantrags angekündigt. Dagegen richtet sich die vom Urkundsnotar für die Beteiligten eingelegte Beschwerde. Der Urkundsnotar macht geltend, es bedürfe keiner familiengerichtlichen Genehmigung, weil eine reine Schenkung vorliege und bestehende Belastungen durch den Erwerber nur dinglich übernommen würden ohne eine persönliche Haftung zu begründen. Die Grundbuchrechtspflegerin hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem OLG vorgelegt. Bei dem in Abt. II eingetragenen Recht handele es sich um eine Reallast, aus der sich Verpflichtungen für den Beteiligten zu 3 ergeben könnten, so dass der Erwerb nicht ausschließlich vorteilhaft sei.
II. Die Beschwerde ist nach den §§ 71 ff. GBO an sich statthaft und auch sonst zulässig. Die Berechtigung des Urkundsnotars zur Einlegung der Beschwerde ergibt sich aus § 15 Abs. 2 GBO. Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg, weil das vom Grundbuchamt angenommene Eintragungshindernis nicht vorliegt.
Die vorliegende Auflassung - nur deren Wirksamkeit, nicht diejenige des schuldrechtlichen Grundgeschäfts hat das Grundbuchamt zu prüfen - bedarf entgegen der Auffassung des Grundbuchamts keiner familiengerichtlichen Genehmigung. Auf die Frage, ob die Auflassung für den Erwerber ausschließlich rechtlich vorteilhaft ist (§ 107 BGB) kommt es hierfür nicht an, weil das Gesetz das Erfordernis einer familiengerichtliche Genehmigung davon nicht abhängig macht. Nach § 1643 Abs. 1 BGB bedürfen die Eltern zu Rechtsgeschäften für das Kind in den Fällen einer Genehmigung, in denen der Vormund nach den §§ 1821, 1822 Nr. 1, 3, 5, 8 bis 11 BGB einer solchen Genehmigung bedarf. Einer der Fälle des § 1822 BGB liegt ersichtlich nicht vor. § 1821 Abs. 1 Nr. 1 BGB ist nicht einschlägig, weil diese Vorschrift nur Verfügungen über Grundstücke und Grundstücksrechte des Mündels bzw. Kindes betrifft. § 1821 Abs. 1 Nr. 5 BGB ist für das Grundbuchverfahren von vornherein ohne Belang, weil die Vorschrift nur das schuldrechtliche Grundgeschäft, nicht aber die dingliche Einigung der Genehmigung unterwirft (BayObLG NJW-RR 1990, 87). Dementsprechend bedarf die Auflassung eines Grundstücks an ein minderjähriges Kind auch dann nicht der familiengerichtlichen Genehmigung, wenn sie für das Kind nicht nur rechtlich vorteilhaft ist (BGH, Beschl. v. 30.9.2010 - V ZB 206/10, zitiert nach juris, dort Rz. 17).
Für die weitere Behandlung des Eintragungsantrags weist der Senat darauf hin, dass die Frage, ob die Auflassung ...