Verfahrensgang

AG Jena (Aktenzeichen 47 F 31/18)

 

Tenor

1. Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Jena vom 05.03.2018 wird als unzulässig verworfen.

2. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

3. Der Beschwerdewert wird auf 3.000 EUR festgesetzt.

4. Der Antragsgegnerin wird Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren verweigert.

 

Gründe

I. Die Beteiligten zu 1) und 2) sind die gemeinsam sorgeberechtigen Eltern des am 25.06.2012 in Bremen geborenen Kindes Y. G.. Am 19.08.2013 zogen die - zwischenzeitlich getrenntlebenden - Eltern zusammen mit ihrem Kind nach G., Österreich, zunächst in eine gemeinsame Wohnung.

Unter dem 08.08.2017 hat der Antragsteller beim Bezirksgericht G. - W. einen Antrag auf Neufestsetzung der hauptsächlichen Betreuung des Kindes bei gemeinsamer Obsorge angebracht.

Am 11.08.2017 verließ die Antragsgegnerin mit dem Kind ihren bisher gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich in der Absicht, nunmehr in Deutschland zu bleiben.

Der Antragsteller hat mit dem am 22.01.2018 beim Familiengericht eingegangenem Antrag die Rückführung des Kindes nach Österreich begehrt. Er trägt vor, mit dem Verbleib des Kindes in Deutschland nicht einverstanden zu sein.

Die Antragsgegnerin ist dem Antrag entgegengetreten. Sie behauptet, dass die Rückführung des Kindes nach Österreich dem Kindeswohl entgegenstehe.

Das Familiengericht hat nach Anhörung der Beteiligten mit Beschluss vom 05.03.2018 die Rückführung des Kindes nach Österreich angeordnet.

Gegen den ihr am 15.03.2018 zugestellten Beschluss hat die Antragsgegnerin am 29.03.2018 "sofortige Beschwerde" eingelegt und angekündigt diese spätestens bis zum 19.04.2018 zu begründen. Die Begründung ging sodann - nach Fristverlängerung durch den Vorsitzenden - am 26.04.2018 ein.

Der Antragsteller beantragt,

die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen.

Der Senat hat mit Schreiben vom 22.05.2018 die Antragsgegnerin auf die Unzulässigkeit der Beschwerde hingewiesen und die ihr eingeräumte Stellungnahmefrist bis einschließlich 25.06.2018 verlängert.

Mit Schriftsatz vom 25.06.2018 beantragte die Antragsgegnerin das Beschwerdeverfahren im Hinblick auf das in Österreich laufende Sorgerechtsverfahren ruhend zu stellen, hilfsweise ihr eine Frist zur abschließenden Stellungnahme einzuräumen.

II. 1) Die nach §§ 40 Abs. 2 IntFamRVG, 58 ff. FamFG statthafte Beschwerde ist unzulässig, da sie nicht fristgerecht begründet wurde.

Gemäß § 40 Abs. 2 Satz 2 IntFamRVG ist die Beschwerde innerhalb von zwei Wochen einzulegen und zu begründen. Die fristgerechte Begründung ist eine Zulässigkeitsvoraussetzung für die Beschwerde gegen eine Entscheidung nach dem HKÜ (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 21. September 2016 - 2 UF 157/16 -, juris; OLG Bamberg, FamRZ 2016, 835). Das IntFamRVG ist im Verhältnis zum FamFG die speziellere und damit vorrangig anzuwendende Regelung. In § 40 Abs. 1 Satz 1 IntFamRVG ist nicht auf § 65 Abs. 2 FamFG verwiesen. Damit kann das Beschwerdegericht in HKÜ-Verfahren dem Beschwerdeführer keine Frist zur Begründung der Beschwerde setzen. Dies ist auch nicht erforderlich, weil die Beschwerde nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut innerhalb der zweiwöchigen Einlegungsfrist zu begründen ist.

Die gesetzliche Beschwerdebegründungsfrist (§ 40 Abs. 2 Satz 2 IntFamRVG) endete danach - gerechnet ab der Zustellung des angefochtenen Beschlusses am 15.03.2018 - vorliegend am 29.03.2018, so dass die am 26.04.2018 eingegangene Beschwerdebegründung die Frist nicht hat wahren können.

Dass der Antragsgegnerin mit Verfügung vom 05.04.2018 eine Frist bis zum 19.04.2018 zur Begründung der Beschwerde gesetzt und diese Frist mit Verfügung vom 20.04.2018 bis 26.04.2018 verlängert worden ist, führt zu keiner anderen Beurteilung. Denn eine Verlängerung der o..g. Begründungsfrist ist gesetzlich nicht vorgesehen, sondern - wie § 40 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 IntFamRVG zeigt, der § 65 Abs. 2 FamFG für nicht anwendbar erklärt - vielmehr ausgeschlossen (so ausdrücklich auch BT-Drucks. 16/6308, S. 332; vgl. auch Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken, Beschluss vom 23. Juli 2015 - 6 UF 76/15 -, juris).

Die richterliche Verlängerung einer nicht verlängerbaren gesetzlichen Frist führt nicht dazu, dass die Frist abweichend von den gesetzlichen Vorschriften zu ihren Gunsten erstreckt ist. Ebenso wenig kommt unter diesem Aspekt - was der Senat von Amts wegen geprüft hat (§ 14 Nr. 2 IntFamRVG i.V.m. § 18 Abs. 3 S. 3 FamFG) - eine Wiedereinsetzung der Antragsgegnerin in die versäumte Beschwerdebegründungsfrist in Betracht, zumal die genannte Verfügung erst nach Ablauf dieser Frist veranlasst worden ist. Auch die unvollständige Rechtsbehelfsbelehrung des Familiengerichts rechtfertigt keine Wiedereinsetzung (§§ 17 Abs. 2, 39 S. 1 FamFG). Ein hierdurch hervorgerufener Rechtsirrtum des Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin wäre in Ansehung der hierzu höchstrichterlich aufgestellten Maßstäbe (siehe dazu grundlegend BGH FamRZ 2010, 1425) versch...

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