Verfahrensgang
LG Erfurt (Entscheidung vom 01.11.2012; Aktenzeichen 1 Reha 143/10) |
Tenor
Die Beschwerde wird mit der klarstellenden Maßgabe verworfen, dass der weitergehende Rehabilitierungsantrag der Betroffenen - soweit er ihre Kinderheimunterbringung im Zeitraum vom 22.11. bis zum 06.12.1960 betrifft - als unbegründet zurückgewiesen wird.
Kosten des Verfahrens werden nicht erhoben. Die notwendigen Auslagen der Betroffenen fallen der Staatskasse zur Last.
Gründe
I.
Die Betroffene begehrt mit ihrem im Juli 2010 eingegangenen Antrag die Rehabilitierung wegen ihrer Unterbringung in Kinderheimen in E und N in der Zeit vom 14.01.1958 bis zum 06.12.1960.
Die seit dem 14.01.1958 in Untersuchungshaft befindlichen Eltern der Betroffenen, W und A H Sch, geb. Sch, waren durch seit diesem Tage rechtskräftiges Urteil des Bezirksgerichts E vom 14.05.1958 wegen Spionage zu Zuchthausstrafen von 5 Jahren und 6 Monaten bzw. 4 Jahren verurteilt worden. Am 21.11.1960 war die Mutter der Betroffenen aufgrund einer Amnestie aus der Strafhaft entlassen worden. Am 06.12.1960 war die Betroffene aus dem Kinderheim in die Obhut ihrer Mutter gelangt.
Mit dem angefochtenen Beschluss vom 01.11.2012 hat das Landgericht Erfurt die Betroffene wegen ihrer Unterbringung in einem Kinderheim im Zeitraum vom 14.01.1958 bis zum 21.11.1960, dem Tag der Entlassung der Mutter aus dem Strafvollzug, rehabilitiert - ohne ausdrücklich den weitergehenden Rehabilitierungsantrag zurückzuweisen.
Dieser Beschluss ist der Staatsanwaltschaft Erfurt am 13.11.2012 zugestellt worden, die hiergegen am 30.11.2012 beim Landgericht E Beschwerde eingelegt hat.
Mit Stellungnahme vom 08.03.2013 hat die Thüringer Generalstaatsanwaltschaft beim Senat beantragt, die Sache nach §§ 13 Abs. 4 StrRehaG, 121 GVG dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorzulegen.
Mit Beschluss vom 07.05.2013 hat der Senat das ebenfalls bei ihm anhängige Rehabilitierungssverfahren 1 Ws Reha 3/13 gemäß §§ 13 Abs. 4 StrRehaG, 121 Abs. 2 GVG dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung folgender Rechtsfrage vorgelegt:
Ist es in den Fällen der Einweisung in ein Kinderheim in der ehemaligen DDR für die Rehabilitierung des/der Betroffenen gemäß § 2 StrRehaG ausreichend, wenn die Heimunterbringung ausschließlich deshalb erfolgt, weil die Eltern ihrerseits Opfer politischer Verfolgung und deshalb inhaftiert wurden (sog. mittelbare politische Verfolgung) oder bedarf es der Feststellung einer darüber hinausgehenden (unmittelbaren) eigenen politischen Verfolgung des betroffenen Kindes/Jugendlichen bzw. weiterer sachfremder Erwägungen, die - über den haftbedingten Ausfall der bisherigen Erziehungsberechtigten hinaus - für die Heimunterbringung ursächlich gewesen sind?
Mit Rücksicht auf die Entscheidungserheblichkeit dieser Rechtsfrage auch für das vorliegende Verfahren hat der Senat dieses bis zur Entscheidung des Bundesgerichtshofs ausgesetzt und die Verfahrensbeteiligten hierüber unterrichtet.
Mit Beschluss vom 25.03.2015 hat der Bundesgerichtshof im Parallelverfahren 1 Ws Reha 3/13 unter dem Aktenzeichen 4 StR 525/13 nach Präzisierung der Vorlagefrage und nach Anhörung des Generalbundesanwalts beschlossen:
Die Anordnung der Unterbringung eines Betroffenen in einem Heim für Kinder oder Jugendliche hat nicht allein deshalb im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 2 StrRehaG der politischen Verfolgung gedient, weil sie aus Anlass des Umstandes erfolgte, dass die Eltern des Betroffenen infolge ihrer Inhaftierung als Opfer politischer Verfolgung an der Ausübung der elterlichen Sorge gehindert waren.
Der Bundesgerichtshof hat dabei ausgeführt, dass der bloße ursächliche Zusammenhang zwischen der politisch motivierten Inhaftierung der Eltern und der Heimunterbringung der Kinder infolge haftbedingten Ausfalls elterlicher Betreuung nicht ausreiche, um auch die Heimunterbringung als Akt der politischen Verfolgung zu qualifizieren. Erforderlich sei vielmehr, dass sie nach ihrer erkennbaren Zweckbestimmung zumindest auch darauf abzielte, eine politisch intendierte Benachteiligung herbeizuführen, wobei es genüge, dass sie zur politischen Disziplinierung von Eltern oder Verwandten angeordnet wurde.
Zu dieser Entscheidung ist der Betroffenen rechtliches Gehör gewährt worden. Zu den Gründen ihrer Heimeinweisung hat die Betroffene unter Anderem vorgetragen, dass ihre in Westdeutschland lebenden Großeltern sowie Verwandte in Thüringen bereit gewesen wären, sie während der Inhaftierung ihrer Eltern zu betreuen, dies aber seitens der DDR-Staatssicherheit abgelehnt worden sei. Hierzu hat sie eine schriftliche Bestätigung ihrer Mutter A H Sch. vom April 2012 vorgelegt, nach der die Eltern der Mutter die älteste Schwester der Betroffenen Weihnachten 1957 mit nach H, ihrem Wohnort, genommen hätten und diese deshalb nicht ins Heim musste. Auch hätten die Großeltern von dort aus - offenbar auch mit Hilfe von Rechtsanwälten - "alles unternommen" um die Betroffene "aus dem Heim zu bekommen", aber "nichts hat geholfen", da die Betroffene "ein Kind von Zuchthäusl...